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Sicherheitsunternehmen Geutebrück setzt auf Künstliche Intelligenz

Die 53-jährige Chefin hat das Sicherheitsunternehmen ganz neu ausgerichtet. Ihre KI-basierten Lösungen erfahren in Coronazeiten ungeahnte Popularität.

Das Bundeskanzleramt, der Weltraumbahnhof in Kourou, die russische Zentralbank – die Referenzliste von Geutebrück liest sich wie das Who’s who internationaler Bauten. Das Familienunternehmen aus dem rheinlandpfälzischen Windhagen hat weltweit öffentliche Gebäude, Museen und Industrieanlagen mit Sicherheitstechnik wie Kameras und zugehöriger Software ausgestattet.

Zuletzt hat sich der Mittelständler, der hier im Wettbewerb mit Größen wie Bosch und Siemens steht, auch in einem Bereich weiterentwickelt, dessen Anwendungen wegen der Coronakrise überraschende Popularität erfahren: Video-Erkennung kombiniert mit Methoden, die auf Künstlicher Intelligenz (KI) basieren.

Damit lässt sich etwa automatisiert prüfen, ob Arbeiter auf einer Baustelle Helme tragen – oder eben, ob Fahrgäste in Bus oder Straßenbahn Mund und Nase mit einer Maske bedeckt haben. Auch die Körpertemperatur lässt sich automatisch messen.

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An den Umsätzen – die zuletzt 30 Millionen Euro im Jahr betrugen, inklusive der konsolidierten 50 Millionen Euro Umsätze von Vertriebspartnern – lässt sich diese Nachfrage zwar noch nicht ablesen. Aber „namhafte Unternehmen aus den Bereichen Logistik und Industrie sind interessiert“, sagt Katharina Geutebrück. Sie gehe „davon aus, dass hieraus bald Aufträge entstehen“.

Die 53-jährige Chefin und Gesellschafterin ist verantwortlich dafür, dass die GmbH mit etwa 170 Mitarbeitern heute solche Lösungen anbietet. Die Wirtschaftsingenieurin, die einst als Jugendliche in der Produktion lötete und nach externen Karriereschritten in Italien und Frankreich 1997 die Marketingleitung des elterlichen Unternehmens übernahm, gehört seit 1999 der Geschäftsführung an.

Grundlegender Umbau

Ihr Vater Thomas Geutebrück hatte die Firma 1970 gegründet und Videokameras zur Gebäudeüberwachung angeboten – die seinerzeit rar und enorm teuer waren. Geutebrück stattete damit Bonner Regierungsbehörden aus und entwickelte einen – damals nahezu revolutionären – Videoumschalter, mit dem sich auf einem Monitor Bilder von bis zu vier Kameras anzeigen ließen.

Nach Katharina Geutebrücks Einstieg ins Unternehmen übergab der Gründer dann bis 2012 sukzessive die volle Verantwortung und Stimmrechte an die Tochter. „Mein Vater hatte Schwierigkeiten, sich komplett zurückzuziehen. Irgendwann aber kam der Punkt, an dem ich gesagt habe: Bei aller Liebe, ich übernehme die volle Verantwortung – und möchte auch die volle Entscheidungsmacht“, erinnert sich die Chefin.

Sie selbst hat zwei erwachsene Kinder – plus zwei Kinder aus dem Patchwork mit ihrem heutigen Ehemann Christoph Hoffmann, der mittlerweile ihr CO-CEO und am Unternehmen beteiligt ist. Während sie eher die technologischen Aspekte und Finanzen betreut, ist er vor allem vertrieblich unterwegs.

Die beiden unterstützt ein vierköpfiges Managementteam, das seit Anfang Februar komplett aufgestellt ist. Das war der letzte Schritt eines strategischen Umbaus, den die CEOs 2016 anstießen. Damals stand Katharina Geutebrück vor der Entscheidung: „verkaufen – oder umsteuern?“ Zwar wuchs das Bedürfnis nach Sicherheitstechnik und damit auch der Markt. Doch die einfachen Hardwareprodukte, mit denen sich jahrelang gutes Geld verdienen ließ, gerieten unter immer stärkeren Preisdruck durch asiatische Konkurrenten. Der Umsatz stagnierte – bei steigenden Kosten.

Katharina Geutebrück gab die Lösung vor: „Lösungen anbieten statt Komponenten“, also individualisierte und kundenspezifische Anwendungen, bei denen Service und Wartung zum Angebot gehören. Sie investierte in KI-basierte Technik und Fachkräfte wie Softwareentwickler, verbreiterte das Angebot um Lösungen zur Optimierung von Lieferketten oder Produktionsprozessen.

Wandel nach 50 Jahren

Dazu gehört etwa eine Anwendung für einen Getränkeverlag aus der Schweiz, der gerade sein Leergutmanagement umgestellt hat: Holt ein Laster die Getränkegebinde beim Supermarkt ab, scannt der Fahrer die Palette, und automatisch wird erfasst, wie viele Kästen welcher Marke darauf stehen. Auf dem Firmengelände wird die Ladung gegengecheckt; die Mitarbeiter können das alles mit einer entsprechend konfigurierten App abwickeln.

So hat sich das für Videolösungen bekannte Unternehmen, an dem neben den CEOs noch Katharina Geutebrücks Mutter und die zwei Geschwister Anteile halten, pünktlich zum 50. Jahr des Bestehens gewandelt – und eine Nische am Markt besetzt.

Florian Haacke, Leiter der Unternehmenssicherheit bei Porsche, kennt die Chefin aus mehr als zehn Jahren gemeinsamer ehrenamtlicher Tätigkeit im Vorstand der Allianz für Sicherheit und Wirtschaft. Er sagt, Geutebrück stehe für eine „weltweite Erfolgsstory in Sachen Videolösungen made in Germany“. Das Bemerkenswerte sei, wie „Katharina Geutebrück bei allem Erfolg bodenständig geblieben“ sei.