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Schulz wechselt in den Angriffsmodus

Eine Woche vor dem TV-Duell geben die Kanzlerkandidaten in der ARD und im ZDF Sommerinterviews: Während Schulz es erstmals mit einen Frontalangriff probiert, nimmt Merkel schon das Ende des Jahrhunderts in den Blick.

Am kommenden Sonntag steigt mit dem auf vier Sendern übertragenen TV-Duell der Höhepunkt des Fernsehwahlkampfs. Am Sonntag davor sendeten ARD und ZDF zwei Solo-Sommerinterviews der Kontrahenten innerhalb von nur einer Stunde. Aufschlussreich war's: Martin Schulz erhob mehr als nur eine Handvoll zusehends härterer Vorwürfe gegen Angela Merkel, die ihrerseits bloß freundlich bestätigte, Aussagen aller „Mitbewerber“ ernst zu nehmen. Nur auf Nachfrage fügte sie hinzu, dass sie mit Schulz im besonderen Wettbewerb steht.

„Fast jeden Tag zündet er eine neue Forderung“, leitete ARD-Hauptstadtstudioleiterin Tina Hassel das Schulz-Interview ein. Anschließend hakte sie mit Kollege Thomas Baumann genau die Themen ab, mit denen das ZDF den SPD-Chef vor zwei Wochen auch konfrontiert hatte: Türkei, Diesel, Umfragewerte und mögliche Koalitionen.

Sogar Versuche, den Kanzlerkandidaten und seinen Vorgänger Sigmar Gabriel gegeneinander auszuspielen, unternahmen die Moderatoren nochmal – vergebens. Sagt Schulz nicht manchmal „Siggi, jetzt reicht's?“. „Nein“, entgegnete Schulz. Er stimme sich täglich mit Gabriel ab, anders als Angela Merkel und Horst Seehofer, die sich laufend sogar „unterschiedliche Parteiprogramme vor die Füße werfen“ würden.

Gegenüber der Erdogan-Türkei habe die Kanzlerin „aus taktischen Erwägungen“ Prinzipien aufgegeben, und in der Diesel-Frage weiche sie der Debatte aus, sei „jetzt wieder umgefallen“ und habe ohnehin „keinen Plan“. Merkel sei „abgehoben“ und „entrückt“. Schließlich prophezeite Schulz gar noch eine „politische Agonie“ in Analogie zu den letzten vier Jahren der Helmut-Kohl-Ära, falls Merkel Kanzlerin bleibe.

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Konkret äußerte sich Schulz zur zwölf Milliarden Euro schweren „gemeinschaftlichen Bildungsoffensive in Deutschland“, die unter seiner Kanzlerschaft begonnen werden soll und am Montag von der SPD detaillierter präsentiert wird. Beim Thema Türkei blieb er umso unschärfer. Es gehe nicht an, „dass Herr Erdogan uns an der Nase herumführt“, rief er aus. Wenn sich das nicht ändere, werde man „über sehr harte Maßnahmen gegen die Türkei nachdenken müssen“. Um wen genau es sich bei diesem „Man“ in Schulz' ”Man muss“-Konstruktionen handelt, blieb allerdings unklar.

Auch auf die konkrete Nachfrage, ob er für solche harten Positionen gegenüber der Türkei Mehrheiten innerhalb der EU sieht (die sich anlässlich der Verhaftung Dogan Akhanlis in Spanien ja tatsächlich stellt), verharrte der als Europapolitiker erfahrene SPD-Kandidat bei hart klingenden, doch in der Sache wachsweichen Formulierungen.


Merkel redet über Flüchtlingspolitik

Während Schulz und seine Interviewer in Berlin draußen an der Spree beim Reichstag auf roten Sesseln saßen, kam Angela Merkel zum Interview ins ZDF-Hauptstadtstudio, wo sie dann mit Studioleiterin Bettina Schausten an einem Tisch im leeren Foyer Platz nahm.

Am Anfang und Ende lieferte die Interviewerin ein paar freundliche Steilvorlagen. Am Ende ging es, wegen des europäisch-afrikanischen Spitzentreffens am Montag, um Flüchtlingspolitik. Merkel umriss ihre Pläne für nordafrikanische Staaten und ließ gerne mitschwingen, dass langfristige Maßnahmen ihre fortgesetzte Kanzlerschaft voraussetzen.

Zwischendurch fielen ein paar Nachfragen etwas zupackender aus, als Merkel das im ZDF gewohnt ist, zum Beispiel zum – von Schulz im ARD-Interview erhobenen – Vorwurf, das Kanzleramt blockiere Verbraucher-Sammelklagen gegen Autokonzerne. Der vom Bundesjustizminister, also SPD-Mann Heiko Maas vorgelegte Entwurf müsse noch weiter beraten werden, antwortete die Kanzlerin.

Mit der Frage „Waren Sie am Ende zu freundlich mit der Automobilindustrie?“, leitete Schausten das Thema Diesel eingeleitet, bei dem die Kanzlerin im Verlauf ihrer Argumentation immer noch weiter vorausblickte: Zwar seien Verbrennungsmotoren eine Brückentechnologie, doch eine, die die Gesellschaft noch Jahrzehnte brauchte. Die Ziele für CO2-Emissionen würden schließlich fürs Ende dieses Jahrhunderts gelten.

Den Eindruck, dass Angela Merkel auch weiterhin freundlich zur Automobilindustrie sein wird, konnten Zuschauer also mitnehmen – ebenso den, dass sie in punkto Bildungsoffensive ungefähr dieselben Forderungen erhebt wie schon anno 2008 und in der Zwischenzeit, in der sie durchgehend regierte, offenbar noch nicht sehr viel durchgesetzt hat.

Doch wurde das komplexe Thema Bildungs-Föderalismus im ZDF wie zuvor in der ARD nur an-, aber nicht ausdiskutiert. Was zeigte: Über viele Themen wäre es interessant, mit Spitzenkandidaten ausgiebiger als immer nur ein paar Minuten lang zu diskutieren, wie es im schnell und kurz getakteten Fernsehjournalismus längst üblich ist.

Ob das beim TV-Duell ansatzweise möglich sein wird oder die vom Bundeskanzleramt gesetzten „Regeln“ genau das verhindern werden, wird am nächsten Sonntag zu beobachten sein. Diese Regelsetzung war jedenfalls gleich noch etwas, was Schulz Merkel schon mal vorwarf.