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Auf Sand gebaut: Saudi-Arabien kämpft mit wirtschaftlichen Problemen

Der G20-Gipfel an diesem Wochenende sollte für Riads Königshaus ein Triumph werden, doch Corona durchkreuzt die Pläne. Auch bei anderen Prestigeprojekten hakt es.

Immerhin, der Umzug ist geschafft: Das Hauptquartier des Gigaprojekts Neom wurde gerade aus der Hauptstadt Riad ans Rote Meer im Nordwesten Saudi-Arabiens verlegt. Dort soll die Hightech-Stadt Neom auf einem Terrain von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns entstehen. Der Umzug soll demonstrieren, dass es bei dem 500-Milliarden-Dollar-Zukunftsprojekt vorangeht.

Doch die Realität wirkt dagegen trist wie die Wüste: Wo in einigen Jahren mehr Roboter für Wohlstand sorgen sollen, liegt größtenteils noch Sand. Das Projekt kommt kaum voran. Nicht nur beim Bau der Megacity hakt es. An diesem Wochenende wollte Saudi-Arabien eigentlich den Gipfel der Staats- und Regierungschefs beherbergen – zum ersten Mal in der Geschichte der G20. Doch die Corona-Pandemie sorgt dafür, dass Angela Merkel und die meisten anderen Staatschefs nur per Video teilnehmen.

Statt Shakehands-Bildern vor den modernen Hochhäusern Riads dürften nun allenfalls Screenshots um die Welt gehen. Immerhin: Der abgewählte US-Präsident Donald Trump schickt Außenminister Mike Pompeo nach Riad an die Seite von König Salman und Kronprinz Mohammed bin Salman.
Der Kronprinz, der oft nur MbS genannt wird, steht spätestens seit der brutalen Ermordung und Zerstückelung des oppositionellen Bloggers Jamal Kashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul unter Druck. Für den Mordauftrag macht der Uno-Menschenrechtsrat den Adeligen verantwortlich. Der pompöse G20-Gipfel in Riad sollte ihn wieder in die Reihen der mächtigsten Staatenlenker bringen.

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Nicht nur beim Gipfel und dem Gigaprojekt Neom hakt es. Die im April 2016 verkündete „Vision 2030“ des Kronprinzen ist ins Stocken geraten. Die Pläne sollten die bisher vom Öl abhängige saudische Wirtschaft vom Reichtum unter dem Wüstensand unabhängig machen.

Stattdessen häuft das Land angesichts des Ölpreisverfalls immer größere Miesen an. Auf zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert das Finanzministerium in Riad das Defizit bis Jahresende.

Ohne die Dividenden von Saudi-Aramco wäre die Lage noch schlimmer

Dass es nicht noch schlimmer kommt, liegt an zwei Dingen: Erstens schüttet der sich mehrheitlich in Staatsbesitz befindliche Ölkonzern Saudi Aramco mehr Dividende aus, als er an Gewinnen einfährt. Der zweite Grund ist laut den Analysten von Riads Bank Jadwa Investment die erst 2018 eingeführte Mehrwertsteuer, die im Sommer auf 15 Prozent verdreifacht wurde. Das aber, sagt die Chefökonomin der Abu Dhabi Commercial Bank, Monika Malik, würge die wirtschaftliche Erholung ab.

Die Steuer trifft vor allem die jungen Saudis hart: Zwei Drittel der Bevölkerung sind jünger als 30 Jahre, ein Drittel davon hat keinen Job. Auch die Millionen ausländischen Gastarbeiter leiden – sie leben in engen Wohnheimen und werden von der Corona-Pandemie besonders getroffen.

Dabei hatte die Wirtschaft des Landes bereits vor der Pandemie gelitten: Seit fünf Quartalen geht es bergab. Im dritten Quartal fiel das Minus mit 4,2 Prozent wenigstens etwas geringer aus als in den drei Monaten davor. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für das Gesamtjahr ein Minus von 5,4 Prozent und erwartet eine deutlich schleppendere Erholung.

Als Hauptgrund für die Probleme gilt der abgestürzte Ölpreis. Um ihn zu stabilisieren, hat MbS sogar einen Ölpreiskrieg gegen Russlands Präsidenten und G20-Gast Wladimir Putin angezettelt. In der Folge zogen die Öleinnahmen wieder etwas an. Dennoch hat die Ratingagentur Fitch gerade den Ausblick für die saudische Kreditwürdigkeit auf negativ herabgestuft.

Planungssicherheit? Fehlanzeige!

Dies „spiegelt die anhaltende Schwächung der Haushalts- und Außenhandelsbilanz wider“, schreiben die Fitch-Analysten. Sie sei durch die Corona-Pandemie und den niedrigeren Ölpreis noch beschleunigt worden. Und das „trotz des starken Engagements der Regierung für die Haushaltskonsolidierung“.

So hat der Kronprinz inzwischen viele Milliardenprojekte aufgegeben oder eingedampft. Mitunter sorgt das Vorgehen für Irritationen. So wollte der erst 34-Jährige mit Milliarden Petrodollar für den Staatsfonds PIF erst eine Unterhaltungs-, Sport- und Tourismus-Industrie aufbauen. Doch wochenweise werden einige der Projekte gestoppt oder wieder gepusht, klagen Manager in Riad. Planungssicherheit sei zum Fremdwort geworden.

Auch politisch fährt der Kronprinz eine Doppelstrategie: Reformen wie die Eröffnung von Kinos oder die Fahrerlaubnis für Frauen sorgen weltweit für Schlagzeilen – doch Kritiker werden weiter inhaftiert.