Werbung
Deutsche Märkte schließen in 7 Stunden 15 Minuten
  • DAX

    18.028,48
    +111,20 (+0,62%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.970,01
    +31,00 (+0,63%)
     
  • Dow Jones 30

    38.085,80
    -375,12 (-0,98%)
     
  • Gold

    2.358,60
    +16,10 (+0,69%)
     
  • EUR/USD

    1,0743
    +0,0010 (+0,10%)
     
  • Bitcoin EUR

    59.953,60
    +311,52 (+0,52%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.387,77
    -8,76 (-0,63%)
     
  • Öl (Brent)

    84,06
    +0,49 (+0,59%)
     
  • MDAX

    26.243,71
    +200,53 (+0,77%)
     
  • TecDAX

    3.302,70
    +35,94 (+1,10%)
     
  • SDAX

    14.263,19
    +267,42 (+1,91%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.120,32
    +41,46 (+0,51%)
     
  • CAC 40

    8.039,14
    +22,49 (+0,28%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.611,76
    -100,99 (-0,64%)
     

Russland droht Europa im Streit um Nord Stream 2

Mehrere EU-Staaten fordern Gaslieferungen durch die Ukraine. Russland kritisiert das und droht mit der Umgehung des strategisch wichtigen Landes.

Russland mischt sich in den EU-internen Streit um die Ostseepipeline Nord Stream 2 ein. Vizeaußenminister Alexander Pankin droht damit, künftig kein Gas mehr durch die Ukraine zu leiten: „Wenn sie für dieses Projekt weitere Hürden bauen, um Russland zu zwingen, Gas zu ihren Bedingungen, zu ihren Tarifen und ohne Rechtssicherheit durch die Ukraine zu pumpen, dann wird diese Nummer nicht durchkommen.“

Russland sei bereit, weiter Gas durch die Ukraine nach Europa zu pumpen, auch nach Fertigstellung der zweiten Ostseeröhre – „aber nur zu unseren Bedingungen“, unterstrich der Vizeaußenminister.

Hintergrund ist die Suche der EU-Staaten nach einem Kompromiss über Nord Stream 2. Viele Staaten wollen Auflagen für die Pipeline machen, die sicherstellen, dass weiterhin Gas durch die Ukraine geleitet wird.

Erst Ende voriger Woche hatten sich die Botschafter der EU-Staaten auf einen vorläufigen, von Deutschland und Frankreich eingebrachten Kompromiss geeinigt. Dieser sieht vor, dass Pipelines aus Drittstaaten wie Russland zwar prinzipiell auch der europäischen Gasrichtlinie unterliegen, aber der Staat, in dem die Röhre in der EU ankommt, die regulatorische Aufsicht habe.

WERBUNG

Widerstand im Europaparlament angekündigt

Dieser Kompromiss muss aber noch durch das Europaparlament, das wie die EU-Kommission mehrheitlich Nord Stream 2 ablehnt. Die Pipeline gefährde die Energiesicherheit durch zu starke Abhängigkeit von Russland, heißt es zur Begründung.

Und im Europaparlament sind nicht nur die Osteuropäer klare Nord-Stream-2-Gegner. Auch die Abgeordnete der Grünen, Rebecca Harms, wirft der Bundesregierung einen „energiepolitischen Alleingang“ vor.

Würde Berlin „mit dem Segen aus Paris auf die Sorgen der mittel- und osteuropäischen Staaten pfeifen, US-Sanktionen riskieren und die gemeinsamen EU-Sicherheitsinteressen hintanstellen“, wäre das „eine erschreckende Demonstration des spaltenden Einflusses von Wladimir Putin auf europäische Politik“, so die frühere Grünen-Fraktionschefin.

Und sie kündigte an: Das Europaparlament werde eine „gemeinsame europäische Energiepolitik und europäische Regeln auch für Drittländer“ durchsetzen.

Druck kommt auch aus den USA, die mit Sanktionen gegen die Nord Stream 2 mitfinanzierenden europäischen Konzerne drohen: Die BASF-Tochter Wintershall, Uniper, OMV aus Österreich, Engie aus Frankreich und Multi Royal Dutch / Shell tragen jeweils 950 Millionen Euro für die insgesamt 9,5 Milliarden Euro teure Rohrleitung.

Es könne nicht sein, dass die USA Europa mit amerikanischem Geld vor russischer Bedrohung schützten und die Europäer für Milliarden Gas aus Russland kauften, droht US-Präsident Donald Trump den beteiligten Firmen Strafmaßnahmen an.

Dagegen wehren sich deutsche Politiker und Unternehmensvertreter: „Fragen der europäischen Energiepolitik müssen in Europa entschieden werden, nicht in den USA“, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD).

Und der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft (Oaoev), Wolfgang Büchele, sagt, dass es bei Nord Stream 2 „um unsere Selbstachtung und Souveränität geht“.

Ukraine könnte ihrerseits Leitungen abschalten

Derweil kommen aus der Ukraine neue Warnungen für den Fall eines Stopps des Gastransits durch das Land: Europas Versorgungssicherheit sei im Falle harter Winter oder technischer Probleme bei den Ostseeröhren nicht mehr gewährleistet.

Denn wenn die russischen Transitgebühren wegfielen, heißt es in der EU-Kommission vorgelegten internen Dokumenten, die das Handelsblatt einsehen konnte, könne das bisherige Transitnetz nicht weiter aufrechterhalten werden. Reparaturkosten von jährlich 100 bis 300 Millionen Dollar seien zum Unterhalt nötig, und entsprechend hoch müsse Gazproms Transitmenge sein.

„Wenn es keinen Mindesttransit durch die Ukraine gibt und entsprechende Einnahmen, werden wir das Transitnetz abschalten müssen“, sagte eine Sprecherin des ukrainischen Gaskonzerns Naftogaz dem Handelsblatt.

Die Leitungen durch die Ukraine werden wohl noch lange zumindest als Ausweichroute bedeutend bleiben – wenn etwa einmal pro Jahr der Kompressor für Nord Stream 1 und 2 gewartet werden muss oder Norwegen Lieferprobleme hat.

Durch die Ukraine können jährlich 146 Milliarden Kubikmeter Gas gepumpt werden. Nord Stream 1 und 2 schaffen jeweils bis zu 55 Milliarden Kubikmeter. Die beiden Ostseepipelines werden mit jeweils nur einem Hauptkompressor betrieben, was im Falle eines Ausfalls die gesamten Lieferungen gefährdet.

Die Moskauer Gazprom-Zentrale melde nur 24 Stunden im Voraus, wie viel Erdgas durch die Ukraine geleitet werden soll. Entsprechend flexibel und in gutem technischen Zustand müsse das oft von Russland als altersschwach kritisierte ukrainische Transitleitungsnetz sein, heißt es bei Naftogaz.

Laut Kritikern wird Nord Stream 2 auch nicht zur Versorgungssicherheit Deutschlands beitragen. Das im deutschen Lubmin ankommende Gas soll nämlich direkt zum österreichischen Verteilpunkt Baumgarten weitergeleitet werden, wo auch die Leitungen aus der Ukraine ankommen.

Von den 1.200 Kilometern der Nord-Stream-2-Pipeline ist die Hälfte bereits fertig, die letzte Genehmigung durch Dänemark für die Umgehung Bornholms steht aber noch aus. Und Polen warnt inzwischen, dass Nord Stream 2 die von Dänemark nach Polen geplante Baltic-Pipe-Gasröhre kreuzen würde. Der am Freitag geschlossene Nord-Stream-Kompromiss scheint also bislang keinesfalls endgültig in trockenen Tüchern zu sein.