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Rumänen hoffen mit konservativem Präsidenten auf eine bessere Zukunft

Korruption und Emigration der Jugend lähmen Rumänien. Die Stichwahl am Sonntag könnte ein konservatives Duo an die Spitze von Regierung und Staat bringen.

In einem ehemaligen Stadtpalast umgeben von einem großzügigen Park in Bukarest residiert die konservative Nationalliberale Partei (PNL) Rumäniens. Vor dem Eingang parkt ein azurblauer Bus mit dem Konterfei des Präsidentschaftskandidaten Klaus Johannis, der am Sonntag zur Wiederwahl antritt. In großen Buchstaben steht in weißer Schrift daneben: „Pentru o Romanie normala“ – „Für ein normales Rumänien“.

Der Wahlslogan verspricht, was sich viele Rumänen sich wünschen. 30 Jahre nach dem Ende des sozialistischen Regimes regiert in dem knapp 20-Millionen-Einwohner-Staat immer noch die Korruption. Bildung und Infrastruktur sind in einem miserablen Zustand, die Eliten bereichern sich an den Steuergeldern. Der Frust der Rumänen über den ausbleibenden Fortschritt führt dazu, dass viele das Land verlassen. Nach Schätzungen leben bereits 3,5 bis vier Millionen in Westeuropa, das sind fast ein Fünftel der Bevölkerung.

Für den Stillstand war die jahrelange politische Blockade zwischen dem konservativen Präsidenten Klaus Johannis und der ehemaligen linkspopulistischen Regierung unter Viorica Dancila von der Partidul Social Democrat (PSD) mitverantwortlich.

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Doch nun hoffen die Rumänen auf eine Zeitenwende: Wenn Johannis wie erwartet bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag wiedergewählt wird, hätte das Land mit dem ebenfalls frisch vereidigten konservativen Ministerpräsidenten und PNL-Chef Ludovic Orban eine konservative Doppelspitze. Bereits die erste Runde der Präsidentschaftswahlen hat Johannis mit 37,8 Prozent klar für sich entschieden. Die ehemalige Ministerpräsidentin Dancila kam nur auf 22,2 Prozent.

Johannis und sein neuer Premier Ludovic Orban sind das osteuropäische Gegenmodell zum autokratischen, nationalistischen System in Ungarn unter dem Rechtspopulisten Viktor Orbán. Das wirtschaftsliberale Tandem will nach dem Machtwechsel die Wende zu mehr Transparenz, Fairness und Rechtssicherheit schaffen. Doch der Wandel kann nur gelingen, wenn sie schleunigst den Brain-Drain stoppen.

Große Abwanderung von Talenten

Seit Rumänien vor zwölf Jahren der EU beigetreten ist, hat die Abwanderung immer bedrohlichere Ausmaße genommen. Restaurants in Bukarest finden keine Kellner, Automobilzulieferer auf dem Land suchen händeringend nach Fachkräften.

Die Jungen und Talentierte suchen lieber ihre Zukunft in Deutschland, Österreich, Großbritannien oder Spanien. Sie haben es satt, Teil des korrupten Systems zu werden, in dem in vielen Fällen Geld und Beziehungen mehr zählen, als Ausbildung und Kompetenz. „Der Brain Drain ist einer der größten Probleme Rumäniens“, sagt PNL-Vizechef Vlad Nistor.

Die wirtschaftliche Bilanz Rumäniens sieht auf den ersten Blick zwar exzellent aus. Trotz nachlassender Weltkonjunktur holt Rumänien seit Jahren ökonomisch auf. Das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche prognostiziert für dieses Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 4,2 Prozent – für 2020 von 3,3 Prozent und 2021 von drei Prozent.

Doch die Zahlen täuschen. „Die Wirtschaft ist auf Sand gebaut“, sagt ein Insider in Bukarest. Denn das Wachstum wird vom aufgeblähten Binnenkonsum getrieben. Mit der Erhöhung der Beamtengehälter und der Renten befeuerte die linkspopulistische Vorgängerregierung die privaten Ausgaben. Sie investierte hingegen kaum in die nachhaltige Entwicklung des Landes. Selbst EU-Fördergelder sind auf Grund der Unfähigkeit von Teilen der Beamtenschaft nicht abgerufen worden.

Wichtige Investitionen in die Infrastruktur und die Bildung blieben aus. Das Autobahnnetz im Land ist selbst für südosteuropäische Verhältnisse völlig unterentwickelt. Das Gesundheitssystem ist marode und unterfinanziert. Mittlerweile gibt es überall im Land gegen Bezahlung Vermittler, die eine Behandlung im Westen organisieren.

Hoffnung auf konservative Wende

Unternehmer klagen über die miserable Ausbildung in Schulen und Universitäten. „Selbst zu Ceausescus Zeiten besaß die Ingenieursausbildung einen höheren Standard als heute“, schimpft ein Industrieller aus Kronstadt, der große Hoffnung in den politischen Wechsel durch die PNL setzt.

Die Rumänen hoffen, dass Johannis im Doppelpack mit seinem politischen Zögling Orban die konservative Wende in Rumänien einleiten kann. Beide haben sich mehr private Initiative, weniger Vetternwirtschaft und mehr Effizienz in der Verwaltung zum Ziel gesetzt. „Es ist eine Zeitenwende in Rumänien“, sagt ein langjähriger Botschafter eines EU-Landes in Bukarest. „Das System ist aufgebrochen.“

Johannis hat Orban mit seinem politischen Talent des Machbaren bereits vor Jahren entdeckt. Der 56-Jährige ist mit seiner Unterstützung 2017 Parteichef der PNL geworden. Zwar ist die Macht des neuen Duos begrenzt: Die PNL stellt eine Minderheitsregierung, die nur auf 20 Prozent der Sitze im Parlament kommt und wechselte Mehrheiten suchen muss. Sie wird zudem nur bis zu den regulären Wahlen im November 2020 im Amt sein.

Dennoch war die Hoffnung auf ein besseres Land in Rumänien noch nie so groß. „Orban erzählt keinen Blödsinn. Er ist verlässlich, ehrlich, transatlantisch und proeuropäisch“, sagt ein deutscher Politikanalyst in Bukarest. „Auch wenn es keine volle Amtszeit von vier Jahren sein wird, wird es zur Entschädigung eine härtere Amtszeit sein“, sagte Johannis mit Sinn für Ironie bei der Vereidigung von Orban.

Auch in der EU wächst die Hoffnung, dass sich das Blatt in dem Karpatenland zum Guten wendet. Die designierte Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hatte lang sehnsüchtig auf den Vorschlag für einen EU-Kommissar aus Bukarest gewartet.

Mit der Europa-Abgeordneten und PNL-Politikerin Adina Valean hat Johannis gleich nach der Wahl von Orban nun eine akzeptable Kandidatin für Brüssel präsentiert. Das Europäische Parlament winkte die 51-jährige Mathematiklehrerin auf Anhieb durch.

Kampf gegen Korruption stärken

Das Programm für die Wende hat die PNL bereits in der Schublade liegen. „Wir wollen die privative Initiative fördern und die Bürokratie im Staat reduzieren, um keine ausländischen Investments zu verhindern“, verspricht Vize-Parteichef Nistor. „Wir haben zwar versprochen, die Renten zu erhöhen, aber nur im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung.“ Zudem will er die unabhängige Justiz und den Kampf gegen Korruption stärken.
Die Parlamentsabgeordnete Cosette Chichirau von der konservativ-liberalen Union Rettet Rumänien (USR) redet nicht um den heißen Brei herum. „Wir sind keine Demokratie, die gut funktioniert“, sagt die 41-jährige Ex-Finanzmanagerin auf dem Weg in den Plenarsaal.

Die Volksvertretung residiert in dem monströsen Palast aus der Zeit des kommunistischen Diktators Nicolae Ceausescu. Auch ihre Hoffnungen ruhen nun auf der neuen Regierung unter Orban im Tandem mit Johannis. „Orban bringt kompetente Leute ins Kabinett. Wir brauchen endlich Menschen ohne Probleme mit den Gesetzen“, sagt die Vertreterin der Anti-Establishment-Partei USR und blickt mit zuversichtlicher Miene auf die sonnige Hauptstadt.