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ROUNDUP 2/Scholz: Haushaltskrise nicht unlösbar - Kein Abbau des Sozialstaats

(aktualisiert, Schwerpunkt Haushaltskrise)

BERLIN (dpa-AFX) - Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich zuversichtlich geäußert, die Haushaltskrise der Ampel-Koalition lösen zu können - und schließt einen Kahlschlag bei Sozialleistungen aus. "Wir stehen nicht vor einer unlösbaren Aufgabe. Es müssen sich jetzt nur alle verständigen", sagte er am Samstag beim SPD-Parteitag in Berlin. "Es wird in einer solchen Situation keinen Abbau des Sozialstaats in Deutschland geben", betonte der Kanzler. Nach tagelangem Ringen der Koalitionsspitzen um den Bundeshaushalt 2024 geht die Debatte über Einsparungen und ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse weiter.

Scholz sagte, der Sozialstaat sei eine der größten Errungenschaften. Es gehöre zum Selbstverständnis des Landes, dass niemand aufgegeben werde. Der Kanzler verteidigte ausdrücklich die beschlossene Erhöhung des Bürgergelds um rund zwölf Prozent Anfang 2024, die auch aus der mitregierenden FDP infrage gestellt worden ist. Die deutliche Steigerung "nutzen diejenigen, die sowieso eigentlich finden, es ist immer zu viel, was denjenigen, die gerade keine Arbeit haben, gezahlt wird", sagte Scholz. "Ich finde aber, da muss man widerstehen."

Sozialminister Hubertus Heil (SPD) sagte im TV-Sender Phoenix, alle müssten sich in den Verhandlungen bewegen und am Ende Kompromisse machen. Der Kanzler habe die Leitplanken der SPD genannt. "Wir werden auch über die Zielgenauigkeit von Sozialstaat reden müssen, aber eben nicht um Sozialabbau", sagte Heil. "Das heißt, dass wir zum Beispiel nicht die Rentenversicherung kaputt machen, dass wir nicht die soziale Sicherheit für Bedürftige gefährden." Bei der Rente werde unter anderem Stabilität auch für künftige Generationen gebraucht.

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Der SPD-Parteitag machte sich indirekt für ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse 2024 stark. "Verfassungsrechtlich vorgegebene Spielräume für den Haushalt" müssten im Sinne der Bevölkerung genutzt werden, beschlossen die Delegierten einstimmig. Politisch sei mit dem Ukraine-Krieg die Voraussetzung für eine Notlage gegeben, die eine erweiterte Kreditaufnahme ermögliche. Die Formulierung könnte aber Interpretationsspielraum zulassen. Parteichefin Saskia Esken sagte: "Wir können nicht Krisenbewältigung aus dem Normalhaushalt stemmen." Die Ausnahmeregel der Schuldenbremse müsse nochmals gezogen werden.

Mit dem Parteitagsbeschluss geht Scholz nun in weitere Verhandlungen mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner. Der FDP-Chef hat wiederholt klar gemacht, Argumente für ein Aussetzen der Schuldenbremse überzeugten ihn aktuell noch nicht. Die drei Ampel-Spitzen ringen darum, ein 17 Milliarden Euro großes Loch im Etat 2024 zu stopfen sowie in den nächsten Jahren Investitionen für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft zu ermöglichen. Scholz räumte ein, die Situation sei sehr schwierig, "insbesondere, wenn man das nicht nur so machen kann, wie man das selber richtig findet, sondern sich auch noch mit anderen einigen muss".

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verwies erneut auf großes Sparpotenzial beim Bürgergeld. "Wenn beispielsweise eine Million mehr Bürgergeldempfänger arbeiten würden, könnten pro Jahr 30 Milliarden Euro gespart werden. Für Maßnahmen, die dazu führen, stehen wir bereit, aber nicht dafür, die Schuldenbremse aufzuweichen", sagte der CDU-Politiker der "Welt am Sonntag".

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach sich für eine Aussetzung der Schuldenbremse 2024 aus. Zukunftsprojekte etwa im Gebäudebereich und bei der Finanzierung der erneuerbaren Energien dürften nicht gefährdet werden, sagte der Vorsitzende Olaf Bandt der Deutschen Presse-Agentur. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, sagte der dpa: "Die Ampel und die vorherigen Regierungen haben verschlafen, das Land auf die Zukunft vorzubereiten, und sie haben konstruktive Diskurse über mögliche und sinnvolle Reformen der Schuldenbremse unterbunden."

Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sagte der "Rheinischen Post" (Samstag), es müsse sorgfältig überlegt werden, ob die Schuldenbremse 2024 noch einmal ausgesetzt werden könne. Sie sprach sich zudem dafür aus, "die klimaschädliche Dieselförderung", also den Steuervorteil beim Diesel, zu streichen.