Regierungsbildung in Spanien: König Felipe unter Zugzwang

MADRID (dpa-AFX) -König Felipe VI. hat in Spanien seine Konsultationen mit verschiedenen Parteichefs zur Bildung einer neuen Regierung abgeschlossen. Es wird erwartet, dass er den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez von der Sozialistischen Partei PSOE oder Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo von der konservativen Volkspartei PP mit der Regierungsbildung beauftragt - ob und wann das passieren wird, war am Dienstagabend jedoch noch völlig unklar. Der Monarch hatte die beiden Politiker zum Abschluss der zweitägigen Gespräche in seiner Residenz im Zarzuela-Palast in Madrid empfangen.

Rund einen Monat nach der vorgezogenen Parlamentswahl haben weder Sánchez noch Feijóo - so weit bekannt - genug Unterstützung anderer Parteien. Bei der Abstimmung im Unterhaus benötigt der vom Staatsoberhaupt ernannte Kandidat in Spanien in der ersten Runde eine absolute Mehrheit von mindestens 176 Stimmen. Im zweiten Wahlgang reicht eine einfache Mehrheit aus.

Die PP von Feijóo hatte die Wahl am 23. Juli zwar klar gewonnen, war mit 137 Sitzen aber hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Sein möglicher Koalitionspartner, die rechtspopulistische Vox, hatte zudem 19 Sitze eingebüßt und kommt nur noch auf 33. Nach Einschätzung von Medien hätte deshalb ein Kandidat Feijóo bei der Abstimmung im Unterhaus kaum Chancen. Es könnte aber sein, dass Felipe ihn wegen des Wahlsieges trotzdem zum Kandidaten ernennt.

Sánchez werden mehr Chancen als seinem Rivalen eingeräumt. Neben der Unterstützung des Linksbündnisses Sumar und mehrerer kleinerer Regionalparteien bräuchte der Sozialist allerdings auch ein Abkommen mit der Partei Junts des im Exil lebenden katalanischen Separatisten-Führers Carles Puigdemont. Junts aber fordert bisher ein Unabhängigkeitsreferendum, was Sánchez ablehnen dürfte.

Gemäß Verfassung ist es in Spanien der König, der einen Kandidaten ernennen muss. Er hat dabei keine Vorgaben, auch keine zeitlichen. Nachdem der Monarch einen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragt hat, muss dieser zunächst mitteilen, ob er den Auftrag annimmt. Das ist nicht immer der Fall. 2016 lehnte der damalige geschäftsführende konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy es zum Beispiel ab, sich der Abstimmung im Madrider Congreso de los Diputados zu stellen, weil er nicht genug Unterstützung hatte.

Nach einer ersten vom Unterhaus abgelehnten Kandidatur würde die Uhr zu ticken beginnen: Hat das Land zwei Monate danach immer noch keine Regierung, muss eine Neuwahl ausgerufen werden. Diese müsste innerhalb der nächsten 47 Tage stattfinden. In diesem Fall wäre es wohl um die Jahreswende. Nicht wenige befürchten in der viertgrößten Volkswirtschaft der Europäischen Union, die derzeit den EU-Ratsvorsitz innehat, eine lange politische Hängepartie.