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Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer: Krise trifft Beraterbranche hart

Viele Kanzleien haben durch die Coronakrise mit enormen wirtschaftlichen Einbußen zu kämpfen. Foto: dpa

Die Stimmung in der Beraterbranche verzeichnet einen historischen Tiefpunkt. Es gibt allerdings erste Anzeichen einer Erholung.

In den vergangenen Jahren kannte die Umsatzentwicklung bei den meisten Wirtschaftsberatern nur eine Richtung: nach oben. Selbst in Rezessionsjahren wie 2009 überwog bei der Mehrzahl der Rechts- und Steuerberater und Wirtschaftsprüfer der Optimismus. Doch die Coronakrise und der bundesweite Lockdown drückten auch in dieser Branche die Stimmung auf nie da gewesene Tiefpunkte.

So rutschte das vom Münchener Ifo-Institut für das Handelsblatt erhobene Beraterklima im April auf ein Allzeittief. Mehr als 55 Prozent der befragten Berater erwarteten eine Verschlechterung ihrer Geschäftslage – erstmals überwog die Anzahl der pessimistischen Stimmen in der Branche die der optimistischen. Aber immerhin: Fast ein Drittel der Berater waren selbst im April mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden.

In den vergangenen zwei Monaten hat sich die Stimmung in der Branche deutlich erholt. „Der Bereich der Rechts- und Steuerberatung sowie Wirtschaftsprüfung scheint mit einem blauen Auge durch die Coronakrise zu kommen“, sagt Ifo-Experte Klaus Wohlrabe, der die repräsentative Umfrage betreut. Immerhin 38 Prozent der Berater sind gegenwärtig mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden, 29 Prozent haben einen verhältnismäßig großen Auftragsbestand, und ein gutes Viertel meldet höhere Umsätze als im Vorjahr.

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Doch obwohl diese Umfragewerte weit besser als in den meisten anderen Branchen sind, sind die Daten nach wie vor historisch schlecht: „Solche Werte konnte man vorher jahrelang nicht beobachten“, betont Wohlrabe.

Das saisonbereinigte Geschäftsklima für die Branche notiert zur Jahresmitte nun bei 9,8 Punkten, nach 1,3 Zählern im Mai und –15,8 Punkten im April. Zum Vergleich: Die bisherigen Allzeittiefs für die Branche stammen aus dem Sommer 2006, als der Index auf 12,2 Punkte absackte. Der Tiefstand während der Rezession 2009 betrug 14,9 Zähler.

Rückläufige Auftragslage

„Die Coronakrise hat die Anwaltschaft vor nie da gewesene Herausforderungen gestellt“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Sylvia Ruge, dem Handelsblatt. Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen hätten viele Mandanten verunsichert und davon abgehalten, Anwaltskanzleien aufzusuchen. Viele Kanzleien hätten nun mit enormen wirtschaftlichen Einbußen zu kämpfen.

Ruge verweist auf eine aktuelle Umfrage der Bundesrechtsanwaltskammer, aus der hervorgeht, dass je rund 17 Prozent der Befragten einen Rückgang bei Neumandaten von bis zu 50 beziehungsweise bis zu 75 Prozent beklagen. Insgesamt verzeichneten 70 Prozent der Umfrageteilnehmer ab Beginn der Krise demnach weniger Neumandate als in den sechs Monaten zuvor. Bis die Krise und ihre Auswirkungen überwunden seien, könne es für manche Kanzleien bis zu zwei Jahre dauern.

Die rückläufige Auftragslage macht sich auch bei der Preisgestaltung bemerkbar: Nur etwa jedes achte Unternehmen will laut Ifo in der nahen Zukunft seine Preise erhöhen. Noch zum Jahresbeginn wollte fast jeder zweite Berater in den kommenden Monaten an der Preisschraube drehen. Nunmehr kalkuliert die große Mehrheit mit stabilen Preisen.

Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer war nach eigenen Angaben dank einer „guten technologischen Aufstellung“ in der Coronakrise „in weiten Teilen“ in der Lage, die bestehenden Aufträge durchzuführen, insbesondere die Abschlussprüfungen.

„Im Projektgeschäft, also vor allem bei Beratungsaufträgen, ist teilweise ein Rückgang zu verzeichnen, der allerdings bislang durch neuen Beratungsbedarf, wie etwa beim Umgang mit den staatlichen Hilfspaketen, kompensiert werden konnte“, berichtet Melanie Sack, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW). „Entscheidend wird die Entwicklung im vierten Quartal sein – insbesondere ob eine zweite Welle kommt und wann ein Impfstoff verfügbar sein wird“, meint Sack.

Krisenberatung notwendig

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) verzeichnet durch die staatlichen Hilfspakete ebenfalls mehr Beratungstätigkeit: Das Tagesgeschäft, wie Steuerberater es lange gewohnt waren, gebe es derzeit nicht. Es kämen fortlaufend neue Aufgaben hinzu, so etwa die Beratung für Anträge auf Kurzarbeitergeld oder die Unterstützung bei Anträgen für KfW-Kredite.

„Maßnahmen, wie erleichterte Verfahren zur Steuerstundung, zur Herabsetzung geleisteter Vorauszahlungen oder pauschalierte Verlustverrechnungsmöglichkeiten ließen nicht lange auf sich warten“, sagte Steuerberaterpräsident Harald Elster dem Handelsblatt. „Da galt es, unsere Mandanten möglichst zeitnah über die Maßnahmen zu informieren – und natürlich auch zu beraten und notwendige Maßnahmen einzuleiten.“ Außerdem hätten die Unternehmen betriebswirtschaftlich „an die Hand genommen“ und Einsparmaßnahmen veranlasst werden müssen.

Der Steuerberaterverband sieht die Gefahr, dass nicht alle Unternehmen die Krise wohlbehalten überstehen werden, je länger die Pandemie andauert. Deshalb sei nun eine Krisenberatung nötig, um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Betriebe nachhaltig zu sichern.

Aktuell stelle die temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer Unternehmer und ihre Berater vor große Herausforderungen. „Hier scheinen im Eifer des Aktionismus die immensen Folgewirkungen aus dem Blick geraten zu sein“, meint Elster. Trotz aller Bemühungen, möglichst unbürokratische Lösungen zu finden, blieben in der Praxis ungelöste Fragen. Dies schaffe Rechtsunsicherheiten. „Das ist gerade in einer angespannten Lage wie der jetzigen denkbar ungünstig“, kritisiert der Steuerberaterpräsident.

Die Coronakrise hat auch bei den Personalplanungen ihre Spuren hinterlassen. Die Einstellungsbereitschaft war laut den Ifo-Daten im Frühjahr spürbar gesunken. Mittlerweile rechnet schon jedes fünfte Beratungsunternehmen damit, sein Personal in den kommenden Monaten aufzustocken. Nur vereinzelt planen Unternehmen Personalabbau, die große Mehrheit rechnet mit konstanter Mitarbeiterzahl.

„Wer finanzielle Einbußen verkraften muss, dürfte sich mit Investitionen in dieser Zeit eher zurückhalten“, meint DAV-Hauptgeschäftsführerin Ruge. Sie kann indes auch den Corona-Zeiten etwas Gutes abgewinnen: „Die Krise hat die Anwaltschaft mit Blick auf die Digitalisierung nach vorne katapultiert.“

Mehr: Beratung im Krisenmodus – Viel Arbeit für Arbeitsrechtler