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Ratingagentur S & P stuft Kreditwürdigkeit der Türkei überraschend herab

Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die Bonitätsnote für die Türkei überraschend gesenkt. Nicht jeder Analyst kann das nachvollziehen.

Aus Sorge über die Inflation in der Türkei hat die Ratingagentur Standard & Poor's ihre Bonitätsnote für das Land überraschend gesenkt. Sie werde auf BB-/B von zuvor BB/B nach unten korrigiert, teilte das US-Unternehmen am Dienstag mit. Das Rating für die türkische Lira verschlechterte sich demnach auf BB/B von BB+/B. Die Änderung erfolgte nicht im Rahmen einer turnusmäßigen Überprüfung, sondern ist Ausdruck wachsender Sorgen.

Die Türkei werde schlechter bewertet, weil die Experten von S & P „steigende ökonomische Ungleichgewichte“ beobachten. Sie warnen vor einer unausgewogenen und kreditgetriebenen Wirtschaftsentwicklung mit Überhitzungstendenzen.

Mit dem Verfall der stark schwankenden Landeswährung Lira werde es für Unternehmen schwieriger, in Fremdwährungen aufgenommene Schulden zurückzuzahlen, argumentieren sie. Dies wirke sich auch auf die Staatsschulden negativ aus, von denen 40 Prozent in anderen Währungen aufgenommen worden seien.

Außerdem kritisiert die US-amerikanische Agentur das angestrebte Präsidialsystem des Landes. Dadurch könne der Präsident quasi per Dekret regieren.

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Zudem sei die Zentralbank der Türkei zunehmendem Druck der Politik ausgesetzt – obwohl die Währungshüter kürzlich entgegen den Wünschen der Führung des Landes die Leitzinsen deutlich angehoben hatten. Die Währungshüter erwarten nach eigenen Angaben in diesem Jahr eine Teuerungsrate von 8,4 Prozent. Mittelfristig liegt das Ziel bei fünf Prozent.

Die Türkei liegt mit einigen Ratingagenturen und mit S & P im Besonderen schon seit Längerem über Kreuz. Bereits kurz nach dem vereitelten Putschversuch von Erdogan-Gegnern im Juli 2016 senkte S & P außer der Reihe die Bonitätsnote des Landes.

Daraufhin und nach einigen anderen Abstufungen beschwerte sich Staatschef Recep Tayyip Erdogan über „türkenfeindliche“ Analysten bei den Agenturen. Vizepremier Mehmet Simsek kündigte an, gegen die Agenturen vorgehen zu wollen. Es gebe seiner Meinung nach keinen Grund, die Bonität der Türkei wegen des Putschversuchs schlechter einzustufen. In der Folge erklärte S & P die Türkei wenige Tage später zum „Hochrisikoland“.

Den jüngsten Ratingschritt kommentierte bislang kein türkisches Regierungsmitglied. Marktteilnehmer reagierten offenbar gelassen. Der Wechselkurs zum US-Dollar veränderte sich kaum, der Index der Istanbuler Börse BIST100 startete mit einem Plus von 0,5 Prozent in den Handelstag.

S & P hatte türkische Staatsanleihen schon bisher als „Ramsch“ eingestuft. Damit fallen sie für viele Investoren wie für bestimmte Fonds als Anlage aus. Eine Herabstufung der Bonitätsnote könnte nun die Zinskosten für die Regierung weiter verteuern.

Einschätzungen der Ratingagenturen haben meist Einfluss auf die Konditionen, zu denen sich Staaten an den internationalen Finanzmärkten Geld leihen. Je schlechter die Bonität, desto höher ist in der Regel der Zins, der gezahlt werden muss.

Den Ausblick für das Land hält S & P weiterhin „stabil“. Einerseits sei die Wirtschaft des Landes überhitzt. In diesem Zusammenhang kritisieren die Analysten der Ratingagentur die vielen „öffentlichen und quasi-öffentlichen Konjunkturprogramme“. Andererseits bilde die immer noch niedrige Staatsverschuldung einen Puffer.

Sorge um hohe Verschuldung türkischer Firmen

In ihrer finalen Begründung für die plötzliche Herabstufung des Landes warnt S & P vor einer „harten Landung für die mit Krediten aufgepumpte türkische Wirtschaft“. Als Beispiel nennen die Analysten den 60 Milliarden US-Dollar schweren Kreditgarantiefond (KGF), mit dem der Staat geliehenes Kapital absicherte. Der KGF entfaltete eine erstaunliche Wirtschaftsdynamik im Land.

Türkische Banken hätten mit der Rückendeckung des KGF munter Kredite vergeben. Doch einige der Darlehen seien lediglich dazu genutzt worden, um alte Firmenkredite abzulösen, die ansonsten womöglich zum Zahlungsausfall geführt hätten. „Wir sehen zunehmende Anzeichen von Zahlungsschwierigkeiten, etwa bei großen türkischen Konzernen, die sich an Gläubiger wenden, um ihre Kredite zu restrukturieren“, heißt es in der Ratingbegründung.

Die S & P-Experten glauben, dass sich dieser Trend im schwachen Währungsumfeld weiter beschleunigen könnte. Dann könne es zu einem gefährlichen Liquiditätsengpass kommen, bei dem es den Banken immer schwerer fällt, neue Kredite an zahlungskräftige Schuldner zu vergeben.

Der bekannte Londoner Türkei-Analyst Timothy Ash kann die Begründung von S & P für die neuerliche Abstufung jedoch nicht nachvollziehen. Man könne „über die künftige Ausrichtung (der türkischen Wirtschaftspolitik, Anm. d. Red.) diskutieren“, kommentierte Ash am Mittwoch auf Twitter. „Aber für sich genommen befinden sich die Staatsfinanzen, verglichen mit anderen Ländern in der BB-oder sogar in der besseren BBB-Kategorie, in besserer Verfassung.“ Der Wille und die Fähigkeit, Schulden zurückzuzahlen, sei immer noch sehr hoch, argumentierte Ash.