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Wie Pro Glove mit digitalen Handschuhen gegen Corona kämpft

Bild: Pro Glove
Bild: Pro Glove

Das Start-up hat den Arbeitshandschuh digitalisiert. Nun will die Firma auch dabei helfen, Werksarbeiter vor einer Corona-Infektion zu schützen.

Die Idee für sein Geschäft kam Thomas Kirchner bei einem Wettbewerb. Ende 2014 bewarb sich der studierte Maschinenbauer bei einer Ausschreibung des US-Chipherstellers Intel. Der hatte nach neuen Ideen für sogenannte Wearables gesucht, also digital aufgemotzte Accessoires oder Kleidungsstücke, die den Trägern den Alltag erleichtern.

Bild: Pro Glove
Bild: Pro Glove

Doch statt einer neuen Uhr für Fitness-Enthusiasten oder einer Sonnenbrille, die auch Musik abspielen kann, entschied sich Kirchner mit seinen Mitstreitern für die Entwicklung eines neuartigen Arbeitshandschuhs mit einem integrierten Barcode-Scanner für die Industrie – und belegte bei dem Wettstreit damit den dritten Platz.

Bild: Pro Glove
Bild: Pro Glove

Mit dem Preisgeld von 150.000 US-Dollar gründete das Team schließlich eine eigene Firma. Heute zählt Pro Glove nach eigenen Angaben zu den führenden Produzenten von Wearables für die Industrie. Die Mission des Start-ups formuliert Gründer Kirchner in nur einem Satz: „Wir machen den Werker in der Fabrik effizienter“, sagte der 34-Jährige dem Handelsblatt. „Im Kern geht es darum, Zeit bei jedem Handgriff zu sparen.“

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Eingespart werden dabei oft zwar oft nur wenige Sekunden, in denen der Fabrikarbeiter die Scan-Pistole in die Hand nehmen und nach dem Scan-Vorgang wieder ablegen muss. Doch addiert kommen dabei schnell hohe Summen zustande. So verspricht Pro Glove seinen Nutzern, dass sich das Investment in die Technologie in weniger als zwölf Monaten rechnet. Das hat mittlerweile auch viele Traditionsunternehmen überzeugt, darunter illustre Namen wie Bosch, Volkswagen, DHL und Lufthansa Technik.

Dabei setzt sich Kirchner, der seinen Posten als Vorstandschef gegen einen Sitz im Aufsichtsrat getauscht hat, weiterhin ambitionierte Ziele. „Eines unserer Unternehmensziele ist es, in den nächsten Jahren mindestens 500 Großkunden zu generieren“, so der Gründer. Das soll auch auf dem globalen Markt passieren: Seit August ist Pro Glove auch mit einem Büro in Chicago vertreten, um von dort aus die USA und Kanada zu bedienen.

Auszeichnung des Weltwirtschaftsforums

Die Chancen, dass Kirchner und sein Team die Ziele erreichen, stehen nicht schlecht. So schätzt etwa die IT-Beratung Gartner, dass der globale Umsatz für Wearables allein 2020 um 27 Prozent auf 52 Milliarden Euro wachsen wird. Dabei eingerechnet sind allerdings auch maßgeblich Produkte für Privatanwender, wie sie beispielsweise Apple oder Samsung anbieten.

Welche Sonderstellung demgegenüber Pro Glove mit seiner Ausrichtung auf Industriekunden einnimmt, zeigt eine Auszeichnung des Weltwirtschaftsforums, die das junge Unternehmen vor wenigen Tagen erhielt: Die Organisation, die auch das jährliche Treffen der globalen Wirtschaftselite im schweizerischen Davos ausrichtet, ernannte Pro Glove zu einer der 100 vielversprechendsten Tech-Firmen des Jahres.

„Wir freuen uns, Pro Glove in unserer 20. Kohorte der Tech-Pioneers willkommen zu heißen“, sagte Susan Nesbitt, Leiterin der Global Innovators Community des Weltwirtschaftsforums (WEF), am Dienstag. „Pro Glove und die anderen Tech-Pioneers entwickeln weltweit Spitzentechnologien. Über ihre Innovationen hinaus tragen diese Firmen in hohem Maße zur Verbesserung des Weltgeschehens bei.“

Dabei gilt das Lob des WEF nicht nur der Hardware an sich. Denn neben dem Handschuh und dem Barcode-Scanner selbst entwickelt das Start-up zudem die dazugehörige Software. Auch unternehmensfremde Entwickler sind eingeladen, eigene Apps für die Hardwareplattform zu entwickeln. Das gilt insbesondere für die IT-Partner der Industriekunden, die den Handschuh teilweise schon jetzt um eigene Anwendungen erweitern.

Dabei zeigt sich: Die Produktivität ist nicht die einzige Kennzahl, die sich mit Wearables steigern lässt. Erst vor wenigen Wochen stellte Pro Glove für eine seiner Apps eine neue Funktion vor, die mithilfe von Bluetooth-Technologie dabei helfen soll, Fabrikarbeiter am Arbeitsplatz vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen.

Bild: Pro Glove
Bild: Pro Glove

Dabei misst die „Proximity“ („Nähe“) genannte App den Abstand zwischen zwei Arbeitern über das Bluetooth-Modul eines angeschlossenen Smartphones – ganz ähnlich wie bei der Corona-Warn-App, die am Dienstag von den Entwicklungspartnern Robert Koch-Institut, Telekom und SAP vorgestellt wurde.

Schnell testen, schnell ausrollen

Der Unterschied: Statt Begegnungen zwischen zwei Nutzern für die Nachverfolgung aufzuzeichnen, warnt der Handschuh seinen Träger einfach davor, ausreichend Abstand zu bewahren. Theoretisch lässt sich die App auch ohne dazugehörigen Handschuh nutzen – allerdings entfällt dann die auffällige Warnung, die den Handschuh bei einem zu geringen Abstand nicht nur aufleuchten, sondern auch vibrieren lässt.

Mit der App hat Pro Glove kurzfristig auf zahlreiche Anfragen seiner Kunden reagiert. Gründer und Aufsichtsrat Kirchner hebt in dem Zusammenhang die „stark entwicklungsgetriebene Kultur“ des Start-ups hervor. „Wenn jemand eine neue Idee hat, entwickeln wir typischerweise sofort einen Prototypen.“ So war es auch bei der Proximity-App: Der erste Testanwender war die Produktionsabteilung von Pro Glove selbst.

Bei der Weiterentwicklung der Produkte nimmt Kirchner immer noch eine starke Rolle ein, nachdem er die Führung des Unternehmens Ende 2018 an den früheren Chef des Fernzugriffs-Software-Unternehmens Teamviewer, Andreas König, abgegeben hatte. Dabei ist Pro Glove nicht das erste Unternehmen, das Kirchner gegründet hat: Zuvor hatte er mit einem Freund auch die Idee verfolgt, Computerzubehör aus Holz zu produzieren – nach mangelndem Erfolg aber weitgehend verworfen.

„Als das Unternehmen größer wurde, haben wir unser Management professionalisiert“, begründet Kirchner die Entscheidung rückblickend. „Deshalb habe ich mich als CEO zurückgezogen und arbeite neben meinem Amt im Aufsichtsrat wieder vornehmlich in der technischen Entwicklung. Mittlerweile schreiben wir sogar Urlaubstage auf – das haben wir anfangs eher unbürokratisch geregelt.“

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Diese zunehmende Professionalität dürften sicherlich auch die Investoren des Jungunternehmens schätzen. Neben dem Chiphersteller Intel, aus dessen Wettbewerb die Idee einst hervorging, hatten in einer ersten Finanzierungsrunde auch die Venture-Capital-Firma der US-Milliardärsfamilie Getty, Gettylab, sowie die VC-Tochter der staatlichen bayerischen Förderbank, Bayern Kapital, bei Pro Glove investiert. Mittlerweile hat das Start-up so rund 50 Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt, darunter auch von der Deutschen Invest Capital Partners.

Trotz der bislang hervorragenden Bilanz will Kirchner allerdings nicht ausschließen, dass er irgendwann noch einmal ein neues Unternehmen gründen wird. „Im Moment bereitet mir die Arbeit an Pro Glove aber immer noch sehr viel Freude“, so der Gründer.

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