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Die Pharmabranche teilt sich in zwei Welten auf

Innovative Medikamente bescheren „Big Pharma“ kräftiges Wachstum. Viele Generikahersteller kämpfen dagegen mit Umsatz- und Ertragseinbußen.

Verhaltene Prognosen, starke Zahlen: Die Pharmabranche liefert in diesen Tagen ein Kontrastprogramm zu vielen Industrieunternehmen, deren Aussichten sich im ersten Halbjahr 2019 spürbar eintrübten. Im Arzneimittelgeschäft läuft es dagegen besser als erwartet – wenn auch nicht in allen Teilsegmenten.

Dabei waren die meisten großen Pharmahersteller mit ausgesprochen vorsichtigen Prognosen ins Jahr gestartet. Die Mehrzahl der Firmen rechnete für 2019 mit schwächerem Umsatzwachstum als im Vorjahr. Allein die zehn weltgrößten Pharmakonzerne gingen von einem Umsatzplus von durchschnittlich gerade einmal zwei Prozent aus. Vor allem eine Reihe größerer Patentabläufe und die Debatten um mögliche Preisgrenzen in den USA waren Mahnung zur Vorsicht.

Doch die inzwischen vorliegenden Halbjahreszahlen aus der Branche zeigen ein ganz anderes Bild: Die 15 größten Arzneimittelhersteller meldeten für das erste Halbjahr ein aggregiertes Wachstum ihrer Pharmaerlöse um vier Prozent auf zusammen gut 240 Milliarden Dollar. Und dies trotz der Aufwertung des Dollars. Währungsbereinigt dürften die Erlöse von „Big Pharma“ im Schnitt um mehr als sieben Prozent gestiegen sein. Das läuft auf die stärkste Wachstumsrate für die Branche seit über zehn Jahren hinaus.

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Auch in den Ertragszahlen schlägt sich das positiv nieder. Gemessen an den bisher vorliegenden Quartalsberichten legten die ausgewiesenen Betriebsgewinne der Pharma-Großkonzerne in der Summe um 14 Prozent zu.

Die jüngsten Zahlen bestätigen damit einen Trend, der sich bereits zum ersten Quartal andeutete. Insgesamt hat sich das Geschäft seither sogar noch etwas beschleunigt. Neun der zehn führenden Hersteller haben ihre Umsatz- oder Gewinnprognosen zur Jahresmitte angehoben, ebenso wie einige Akteure aus dem Mittelfeld der Branche.

Für die Mehrzahl der Firmen war es in diesem Jahr sogar schon die zweite Prognosekorrektur nach oben. Lediglich der US-Konzern Pfizer musste seinen Ausblick geringfügig nach unten revidieren.

Onkologie-Boom treibt Umsätze

Der insgesamt positive Trend spricht dafür, dass sich die höhere Innovationskraft der Branche inzwischen operativ auszahlt. Etliche Neuzulassungen der letzten Jahre – darunter vor allem Medikamente gegen Krebs und Autoimmunerkrankungen – liefern höhere Umsätze als von vielen erwartet. Gleichzeitig schlagen einige Patentabläufe bisher weniger stark durch als befürchtet.

Typisches Beispiel für den Trend ist der Schweizer Roche-Konzern, der momentan zweitgrößte Arzneimittelanbieter der Welt. Roche hat im letzten Jahr den Patentschutz für zwei seiner drei umsatzstärksten Präparate, die Krebsmittel Herceptin und Rituxan, verloren.

Während Roche-Chef Severin Schwan trotzdem wenigstens noch ein niedrig einstelliges Plus prognostizierte, hatten etliche Analysten Zweifel, ob der Konzern 2019 überhaupt noch zulegen kann. Nachdem jedoch im ersten Halbjahr die Pharmaumsätze um rund ein Zehntel zulegten, hat der Konzern seine Prognose zum zweiten Mal in Folge angehoben und stellt nun ein Wachstum um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz in Aussicht.

Grundlage dafür sind vor allem hohe Verkaufszahlen für Neuentwicklungen wie das Krebsmittel Tecentriq, dessen Umsatz sich mehr als verdoppelte, und das Multiple-Sklerose-Medikament Ocrevus, das um 63 Prozent zulegte. Solche Zahlen stärken inzwischen auch den Optimismus über 2019 hinaus: „Wir werden auch 2020 und darüber hinaus wachsen, wenn die Biosimilar-Konkurrenz auf dem US-Markt antritt“, versicherte Schwan im Konferenz-Call mit Analysten.

Beim US-Konzern Merck & Co hat unterdessen das Krebsmittel Keytruda mit knapp 60 Prozent Umsatzwachstum Einbußen bei älteren Diabetes- und Herz-Kreislauf-Medikamenten weit überkompensiert. Das Krebsimmunmedikament steuert inzwischen auf über zehn Milliarden Dollar Jahresumsatz zu und könnte in einigen Jahren zum umsatzstärksten Einzelprodukt der Branche werden.

Im ersten Halbjahr verbuchte der US-Konzern dank Keytruda knapp 15 Prozent währungsbereinigtes Umsatzwachstum für das erste Halbjahr. Entsprechend zuversichtlich gibt sich auch Merck-Chef Kenneth Frazier: „Unsere innovativen Produkte und unsere beachtliche Pipeline werden weiter starke Resultate liefern“, versicherte er bei Vorlage der jüngsten Quartalszahlen. Noch zu Jahresbeginn hatte er für 2019 lediglich ein Plus von vier Prozent prognostiziert.

Ähnlich ist die Konstellation bei Bristol-Myers Squibb (BMS) und der britischen Astra-Zeneca, die beide ein einstelliges Wachstum vorhergesagt hatten, nun aber für das erste Halbjahr Steigerungsraten von währungsbereinigt 16 und 17 Prozent ausgewiesen haben. Auch hier waren es vor allem Krebsmedikamente, die das Wachstum trieben.


Generikafirmen unter Druck

Trotz der insgesamt starken Halbjahresbilanz vertieft sich die Spaltung auf dem Pharmamarkt. Denn während die Innovationen der letzten Jahre zum Teil höhere Erlöse lieferten als erwartet, steht das Geschäft mit älteren, patentfreien Produkten weiter stark unter Druck – insbesondere auf dem wichtigen US-Markt, der in der Vergangenheit auch für diese Produktkategorie noch relativ hohe Margen erlaubt hatte.

Etliche Generikahersteller kämpfen daher weiter mit Umsatz- und Ertragseinbußen. Für den israelischen Pharmahersteller Teva, der seine Zahlen erst Ende der Woche veröffentlicht, erwarten Analysten rund zwölf Prozent Umsatzrückgang im Halbjahr, die Novartis-Tochter Sandoz schrumpfte um vier Prozent, der US-Konzern Mylan um zwei Prozent.

Auch kleinere Hersteller werden von dieser Entwicklung massiv gebremst. Der US-Generikahersteller Akorn, den Fresenius ursprünglich einmal für mehr als vier Milliarden Dollar übernehmen wollte, verbuchte im ersten Halbjahr 2019 einen weiteren Umsatzrückgang von acht Prozent und wird an der Börse inzwischen nur noch mit 430 Millionen Dollar bewertet.

Auslöser ist vor allem ein Wandel auf dem US-Markt. Hier hat die Zulassungsbehörde FDA in den vergangenen beiden Jahren die Zulassung von Nachahmerprodukten (Generika) deutlich beschleunigt, sodass sich der Konkurrenzkampf intensivierte.

Zugleich hat sich die Marktmacht der Versicherer und der Pharmacy Benefit Manager (PBM) erhöht, die im Auftrag der Versicherer Medikamentenpreise aushandeln. Sie können den Pharmaherstellern daher höhere Rabatte, insbesondere bei patentfreien Medikamenten abringen.

Die Zweiteilung der Pharmawelt spiegelt sich letztlich auch in den Zahlen der Großkonzerne. Branchenführer Pfizer etwa verbuchte mit seiner Sparte Upjohn, die das Geschäft mit älteren, patentfreien Arzneien wie dem Cholesterinsenker Lipitor und dem Potenzmittel Viagra umfasst, im ersten Halbjahr ein Umsatzminus von sechs Prozent. Bei Sanofi schrumpfte das Geschäft mit „etablierten Produkten“ im Halbjahr um zehn Prozent und das Diabetesgeschäft um sieben Prozent.

Der Trend geht zur Trennung

Teilweise können die Pharmakonzerne die Umsatzverluste bei Altprodukten zwar noch durch ein weiterhin starkes Chinageschäft abfedern. Aber auch dort zeichnet sich stärkerer Preisdruck bei Altprodukten ab.

Insgesamt jedoch wächst der Reiz, das Geschäft mit den etablierten Arzneien stärker von den wachstumsträchtigeren und hochpreisigen Pharmainnovationen zu separieren – nicht zuletzt, um so dem Kapitalmarkt eine bessere Wachstumsstory bieten zu können.

Den radikalsten Schritt in diese Richtung geht nun der US-Konzern Pfizer mit dem Plan, seine Sparte Upjohn abzuspalten und mit dem Generikahersteller Mylan zu einem neuen, 20 Milliarden Dollar großen Pharmahersteller für patentfreie Medikamente zu fusionieren.

Der US-Pharmariese gibt damit etwa ein Viertel seines Umsatzes ab und schrumpft sich auf den wachstumsstärkeren Kern seiner Aktivitäten zurück. In eine ähnliche Richtung bewegte sich der Schweizer Novartis-Konzern, der sich in den letzten Jahren von Randbereichen wie Augenheilkunde, Diagnostika und Selbstmedikation (Consumer Health) trennte und nun auch einen Teil seiner US-Generika-Aktivitäten verkaufen will.

Auch andere Pharmakonzerne denken offenbar intensiver darüber nach, wie sie ihr Altgeschäft in neue Strukturen zu bringen. Man schaue sich sicherlich strategisch an, „was wir auf lange Sicht mit unseren etablierten Produkten machen“, sagte etwa Bayer-Pharmachef Stefan Oelrich bereits Ende April in einem Analysten-Call.