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Palantir startet erfolgreich an der Börse – aber die Party trügt

Die Aktie des Software-Spezialisten gewinnt am ersten Handelstag mehr als 30 Prozent hinzu – eine Erfolgsstory sieht aber anders aus.

Den ersten Handelstag an der New Yorker Börse feiern viele Topmanager, indem sie die Handelsglocke eigenhändig läuten und in einem Konfettiregen die ersten Preisausschläge verfolgen. Palantir-Chef Alex Karp war allerdings gar nicht in New York für den lange erwarteten Börsenstart des vor 17 Jahren im Silicon Valley gegründeten Big-Data-Analyseunternehmens. Zumindest ein Palantir-Banner hing an dem klassizistischen Börsengebäude an der 11 Wall Street.

Doch auch ohne Gastgeber gelang Palantir eine Börsenparty. Gegenüber dem Startpreis von 7,25 Dollar schoss die Aktie zeitweise um mehr als 50 Prozent auf elf Dollar nach oben und beendete den Handel bei 9,50 Dollar – gut 31 Prozent im Plus.

Damit scheint sich das Unternehmen in die erfolgreichen Software-Börsengänge der vergangenen Wochen einzureihen: Dem Cloud-Unternehmen Snowflake war am ersten Börsentag sogar ein Sprung von 112 Prozent gelungen, Datenanalyse-Unternehmen Sumologic immerhin einer von 22 Prozent.

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Doch Palantir unterscheidet sich in mehreren Punkten von den Branchenkollegen – und einige dieser Punkte könnten die Aktie in den kommenden Monaten noch belasten.

Weil sich Palantir für ein Direct Listing statt einen traditionellen Börsengang entschieden hatte, hatte die New York Stock Exchange (NYSE) den Preis für den Handelsstart festgesetzt. Normalerweise testen Investmentbanker das Investoreninteresse und ermitteln im Bookbuilding-Verfahren einen Startpreis. Die NYSE dagegen legte die 7,25 Dollar auf Basis von Aktienverkäufen auf dem Sekundärmarkt fest, wo Palantirs Preis unter anderem wegen der langen Wartezeit auf den IPO und der folglichen Illiquidität gedrückt war. Der Preissprung sieht vor diesem Hintergrund weniger beeindruckend aus.

Investoren haben kaum Rendite gemacht

Mit dem Schlusskurs vom Mittwoch wird Palantir mit 20,9 Milliarden Dollar bewertet – was ziemlich genau der Bewertung entspricht, die Investoren dem Unternehmen bei seiner letzten öffentlich bekannten Finanzierungsrunde im Jahr 2015 gaben. Investoren, die in dieser Zeit in Palantir investierten, haben in fünf Jahren praktisch keine Rendite damit gemacht. Ein Investment in einen Nasdaq-ETF hätte sich seitdem mehr als verdoppelt.

Bei den bisherigen beiden Direct Listings an der NYSE von dem Musikstreamingdienst Spotify und dem Büro-Software-Entwickler Slack gab es keine Lock-Up-Periode. Alle Besitzer von Aktien konnten diese sofort handeln. In Palantirs Fall dürfen Insider dagegen maximal 20 Prozent ihrer Aktien direkt handeln, erst nach sechs Monaten den Rest. So hat das Unternehmen das Angebot verknappt. Falls in sechs Monaten viele ihrer Aktien zu Geld machen wollen, könnte das den Preis drücken.

Kontrolle über das Unternehmen können sich Anleger mit den nun gehandelten Palantir-Aktien praktisch nicht kaufen. Eine komplizierte Struktur von Gründer- und Vorzugsaktien sichert Karp und seinen Mitgründern Peter Thiel und Steve Cohen die Mehrheit, selbst wenn sie fast all ihrer Aktien verkaufen.

Investoren, die Einfluss nehmen wollen, könnten einen Bogen um die Aktie machen. Allerdings haben andere Technologie-Unternehmen wie Google oder Facebook ähnliche Strukturen, ohne dass das ihrem Wertzuwachs sichtlich geschadet hätte.

Palantir ist aber auch verlustträchtig, 2019 machte das Unternehmen 580 Millionen Dollar Verlust bei 743 Millionen Umsatz. Diese Eigenschaft immerhin teilt das Unternehmen mit anderen Software-Entwicklern: Bei Snowflake lag der Verlust sogar höher als der Umsatz ohne dass das dem Erfolg der Aktie Abbruch getan hätte. Snowflakes Umsatz wuchs aber deutlich schneller, mit 150 Prozent sechsmal so schnell wie der von Palantir.

Neue Aufträge dank Coronakrise

Weil Palantirs Datenanalyse-Plattformen für viele seiner Großkunden angepasst werden müssen, gibt es Zweifel, ob das Unternehmen überhaupt einen ähnlichen Bewertungs-Multiplikator wie andere Software-Unternehmen verdient hat.

Immerhin aber hat sich das Umsatzwachstum in der ersten Jahreshälfte 2020 auf 49 Prozent beschleunigt, der Verlust sank deutlich. Für das Gesamtjahr 2020 erwartet Palantir ein Umsatzwachstum zwischen 41 und 43 Prozent auf knapp über einer Milliarde Dollar.

Palantirs operativer Vorstand, Shyam Sankar, sagte gegenüber Yahoo Finance, der Coronakrise habe das Geschäft beschleunigt. So hat das Unternehmen etwa für die US-Seuchenbehörde CDC eine Plattform entwickelt, mit der dessen Mitarbeiter relevante Daten zur Verbreitung des Coronavirus in den USA beobachten können.

Auch mit dem britischen Gesundheitsdienst NHS arbeitet Palantir zusammen. „Wir hatten in den ersten drei Wochen der Pandemie 83 neue Zusammenarbeiten – ohne dass wir in ein Flugzeug gestiegen sind“, sagte Sankar dem Finanzdienst. Palantir werde ein „Betriebssystem für das moderne Unternehmen“ sein.

Dan Morgan, Portfoliomanager beim Vermögensverwalter Synovus, überzeugt das nicht: „Palantir schickt Ingenieure zu den Kunden, die Wochen, Monate und manchmal Jahre damit verbringen, die Software vor Ort anzupassen“, sagte der Investor dem Handelsblatt vor dem Börsengang. „Das erinnert eher an eine Beratungsfirma.“

Zudem hätten Anleger andere Technologie-Unternehmen wie Salesforce und Microsoft zur Auswahl, die in den vergangenen Monaten an der Börse hohe Renditen erzielt und ihr Geschäftsmodell längst unter Beweis gestellt hätten. „Warum soll man das Risiko unnötig eingehen?“

Für Anleger ist die Aktie eine Wette, dass Palantir seine Plattform künftig mit weniger Anpassungen und Aufwand über seine 125 Großkunden in Regierungen und Großkonzernen hinaus skalieren kann.

Das Unternehmen selbst scheint da aber keine Garantien geben zu wollen: Für 2021 sagt Palantir nur ein Umsatzwachstum oberhalb von 30 Prozent voraus – kommt es so, wüchse Palantir also schon wieder schwächer als in diesem Jahr.