Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    17.932,17
    -186,15 (-1,03%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.921,22
    -59,87 (-1,20%)
     
  • Dow Jones 30

    37.903,29
    +87,37 (+0,23%)
     
  • Gold

    2.330,20
    +27,30 (+1,19%)
     
  • EUR/USD

    1,0716
    +0,0043 (+0,41%)
     
  • Bitcoin EUR

    53.945,97
    -2.191,20 (-3,90%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.202,07
    -136,99 (-10,23%)
     
  • Öl (Brent)

    79,13
    +0,13 (+0,16%)
     
  • MDAX

    26.264,39
    -80,11 (-0,30%)
     
  • TecDAX

    3.274,00
    -35,23 (-1,06%)
     
  • SDAX

    14.297,43
    -166,65 (-1,15%)
     
  • Nikkei 225

    38.274,05
    -131,61 (-0,34%)
     
  • FTSE 100

    8.121,24
    -22,89 (-0,28%)
     
  • CAC 40

    7.984,93
    -80,22 (-0,99%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.605,48
    -52,34 (-0,33%)
     

Osram-Führung empfiehlt widerwillig Annahme des AMS-Übernahmeangebots

Aufsichtsrat und Vorstand des Lichtkonzerns sehen viele Risiken bei dem Milliarden-Deal. Das Angebot von 38,50 Euro sei aber wirtschaftlich attraktiv.

Die Führung des Konzerns lässt durchklingen, dass sie eine Übernahme durch die Finanzinvestoren Carlyle und Bain strategisch bevorzugen würde. Foto: dpa
Die Führung des Konzerns lässt durchklingen, dass sie eine Übernahme durch die Finanzinvestoren Carlyle und Bain strategisch bevorzugen würde. Foto: dpa

Die milliardenschwere Übernahmeofferte von AMS stößt bei Osram in München noch immer auf wenig Gegenliebe. In ihrer Stellungnahme zum Übernahmeangebot des Sensorik-Spezialisten AMS weist die Osram-Führung auf zahllose Probleme und Risiken hin.

Die Österreicher hätten keine Erfahrung mit der Integration so großer Zukäufe, in Sachen Strategie seien viele Fragen offen, die versprochenen Synergien von 300 Millionen Euro seien unsicher, und die Finanzierung berge Risiken.

WERBUNG

Und dennoch empfehlen Vorstand und Aufsichtsrat am Ende ihrer mehr als 80-seitigen Stellungnahme den Osram-Aktionären, das Angebot aufgrund seiner „wirtschaftlichen Attraktivität“ anzunehmen.

AMS bietet den Osram-Aktionären 38,50 Euro und damit zehn Prozent mehr als die Finanzinvestoren Bain und Carlyle. Die Osram-Führung lässt durchklingen, dass sie eine Übernahme durch die Finanzinvestoren strategisch bevorzugen würde. Doch kamen die Gremien nicht an der Tatsache vorbei, dass AMS mehr Geld bietet.

Die Arbeitnehmer machen derweil weiter mobil gegen den ungeliebten Bieter. „Wir halten das Finanzierungskonzept für völlig ambitioniert, um nicht zu sagen aggressiv“, sagte Aufsichtsrätin und IG-Metall-Vorstandsmitglied Irene Schulz. Sie verwies auf die hohe Verschuldung, die Pläne für die Reduzierung der Verbindlichkeiten basierten auf Zukunftshoffnungen. Es bestehe die Gefahr, dass der Margendruck schnell sehr hoch werde. Zudem könnten Kunden, die bislang mit AMS und Osram zusammenarbeiten, nach einer Fusion abspringen, weil sie nicht abhängig werden wollen von einem einzigen Zulieferer.

Die Arbeitnehmer sind zudem skeptisch, ob AMS die Übernahme des größeren Osram-Konzerns stemmen kann. „David übernimmt hier Goliath“, sagte Schulz. AMS habe die Komplexität von Osram noch nicht durchdrungen.

Die versprochenen Synergien würden Arbeitsplatzabbau bedeuten. Es bestehe die Gefahr, dass der Standort München mit der Osram-Zentrale als erstes „rasiert“ würde. Die Finanzinvestoren Bain und Carlyle brächten dagegen mehr Eigenkapital mit und hätten mehr Finanzkraft, das Unternehmen weiterzuentwickeln.

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Thomas Wetzel sagte, AMS habe eine Beschäftigungssicherung verweigert. „Ab dem ersten Tag wird enormer Druck auf Beschäftigte und Standorte entstehen.“ Für die Betriebsräte gelte: „Wir lehnen eine Übernahme durch AMS ab.“ Die Arbeitnehmer wollen nun unter anderem die Allianz als Osram-Aktionär direkt ansprechen und ihre Bedenken vortragen.

Auch die Führung von Osram hat offensichtlich weiterhin erhebliche Bedenken. AMS will die rund vier Milliarden Euro schwere Übernahme zunächst komplett mit Krediten finanzieren.

In einem zweiten Schritt ist eine Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro geplant. Dieser Plan erscheine aufgrund der Bekundungen der beteiligten Banken als „realisierbar und solide, aber nicht sicher“, heißt es in der Stellungnahme.

Bei einer Ablehnung der Kapitalerhöhung durch die AMS-Aktionäre drohe eine deutliche Erhöhung der Verschuldung samt höheren Fremdfinanzierungskosten. Doch selbst wenn der Plan aufgehe, gebe es Risiken. In jedem Fall müssten die Kredite durch operative Mittelzuflüsse finanziert werden.

AMS sei stark von einzelnen Kunden abhängig – hier handelt es sich vor allem um Apple. Es könne zu einer „möglicherweise sehr angespannten Finanzierungssituation“ kommen, wenn Kernkunden zu einem anderen Anbieter wechseln. Die Ankündigung von AMS, Teile der Produktion aus Malaysia ins Regensburger Osram-Werk zu verlagern, sieht die Osram-Führung skeptisch.

Der Plan beruhe auf „vereinfachten Annahmen“. Es werde schwierig, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Es drohten höhere Kosten. In der LED-Industrie würden effiziente Fertigungsstrukturen, die Skaleneffekte ermöglichen, aber immer wichtiger.


Zweifel an Synergien

Auch die Synergien werden in Zweifel gezogen. Es gebe „nicht unerhebliche Unwägbarkeiten“. Vorstand und Aufsichtsrat gingen nach vorläufiger Einschätzung „davon aus, dass voraussichtliche Synergien verlässlich vor allem auf der Kostenseite gehoben werden können“.

Angesichts einer nur geringen Kenntnis von den Strukturen und Plänen von AMS seien „Höhe und zeitliche Realisierbarkeit solcher Kostensynergien derzeit noch unsicher und bedürfen der weiteren Detaillierung“. Die Finanzinvestoren Carlyle und Bain wollten nach einer Übernahme an der bisherigen Osram-Strategie festhalten und mit der Führung um Vorstandschef Olaf Berlien weitermachen.

In Industriekreisen wird davon ausgegangen, dass Berlien bei einer Übernahme durch AMS nicht mehr lange Chef wäre. Berlien kündigte an, für seine 31.750 Osram-Aktien das Angebot nicht annehmen zu wollen. Sein Interesse an der Fortführung der Unternehmensstrategie sei größer als „kurzfristige persönliche Vermögensinteressen als Aktionär“.

Am Ende der Stellungnahme räumen Vorstand und mehrheitlich der Aufsichtsrat ein, man sei der Auffassung, dass „AMS insgesamt eine für die Stakeholder von Osram Erfolg versprechende Strategie verfolgen könnte“. Gerade die Geschäftseinheit Opto Semiconductors könne von einem Bündnis profitieren.

AMS-Chef Alexander Everke warb am Montag in München für seinen Milliardencoup. Die Kombination der beiden Unternehmen könne einen europäischen Champion schaffen. „Eine der letzten großen Schlüsseltechnologien hätte dann ihren Kern langfristig in Europa.“

Die Sensorik von AMS und die Licht- und Chipexpertise von Osram würden sich perfekt ergänzen. „Es gibt keinen Wettbewerber, der beides hat“, so Everke. AMS liefert zum Beispiel Technologie für die 3D-Gesichtserkennung in Handys.

Zum Widerstand der Arbeitnehmervertreter bei Osram sagte Everke, die Zusagen von AMS seien vergleichbar mit dem, was die Finanzinvestoren Bain und Carlyle versprochen hätten. Die Übernahme durch AMS sei auch für Osram die beste Lösung.

„Während Osram mehr oder weniger stark von Marktschwankungen beeinflusst wird, wachsen wir auch in einem schwierigen Marktumfeld wie derzeit im Mobilfunk oder Automobilsektor und sind dabei hochprofitabel.“ Everke ist sich sicher, dass AMS auch die höhere Verschuldung nach der Übernahme in den Griff bekomme.

Investoren geben positives Feedback

Innerhalb von zwei Jahren wolle er die Verschuldung wieder auf das Zweifache des operativen Ergebnisses zurückführen – also auf den Wert, den AMS allein für dieses Jahr anstrebe. „Die hohe Profitabilität und damit der hohe Cashflow von AMS werden dafür sorgen, dass die Schuldenlast und ihre Bedienung mehrheitlich von AMS getragen werde, während in der anderen Transaktion sämtliche Verschuldung und Zinslast allein von Osram zu tragen wäre.“

Das Feedback der Investoren ist laut Everke, der in den vergangenen Wochen auf Roadshow war, sehr positiv. Dennoch senkte AMS am Montag die Mindestannahmeschwelle für den Deal von 70 auf 62,5 Prozent. Dieser Wert sei ausreichend, um die Transaktion umzusetzen, sagte Everke.

Wegen des großen Streubesitzes ist es für keinen Käufer einfach, ausreichend Aktien von Osram einzusammeln. Viele Kleinaktionäre haben Osram-Aktien noch aus der Zeit der Abspaltung von Siemens im Depot. AMS besitze bereits knapp drei Prozent der Osram-Aktien. Weitere fünf Prozent liegen bei der UBS. Diese sollen aber auch Anteile enthalten, die nichts mit der Fusion zu tun haben. „Wir kaufen weiter“, sagte Everke. Schließlich seien die Aktien derzeit billiger als für 38,50 Euro zu haben.

Das AMS-Management zeigte sich auch zuversichtlich, die versprochenen Synergien rasch zu erreichen. Davon sollen 60 Millionen Euro durch zusätzliche Umsätze entstehen, 120 Millionen durch eine Optimierung des Fertigungsnetzwerks und weitere 120 Millionen durch Einsparungen bei Forschung, Marketing und Zentralfunktionen.

Der größte Osram-Aktionär Allianz Global Investors ist Finanzkreisen zufolge bereit, sein Anteilspaket an dem Münchner Lichtkonzern an die österreichische AMS zu verkaufen. „Wenn sich keine besseren Optionen ergeben, wird Allianz Global Investors seine Aktien AMS andienen“, sagte angeblich eine mit den Plänen vertraute Person am Montag der Nachrichtenagentur Reuters.

Damit lässt die Fondsgesellschaft des Münchner Versicherungsriesen Allianz die Tür offen für eine mögliche Anhebung der Offerte durch die Investoren Bain Capital und Carlyle vor dem 1. Oktober. Allianz Global Investors wollte sich zu den Informationen nicht äußern.

AllianzGI, die mehr als neun Prozent an Osram hält, hatte das Angebot der Finanzinvestoren über 35 Euro je Aktie als zu niedrig abgelehnt. AMS will 38,50 Euro je Osram-Aktie zahlen. AMS-Manager Moritz Gmeiner hatte am Montag in München von Gesprächen mit AllianzGI berichtet und gesagt, das strategische Konzept des Chipherstellers für Osram sei bei der Allianz positiv aufgenommen worden.

ARCHIV - 11.02.2019, Bayern, München: Zwei Ampeln zeigen vor der Zentrale der Firma Osram grünes Licht. (zu dpa
ARCHIV - 11.02.2019, Bayern, München: Zwei Ampeln zeigen vor der Zentrale der Firma Osram grünes Licht. (zu dpa