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Nur keine Angst vor der Zukunft

Elektromobilität, autonomes Fahren und Donald Trump: Der Autoindustrie stehen große Umbrüche bevor. Beim Branchentreff machen sich die Hersteller Mut, dass sie trotzdem bestehen können. Mittendrin: BMW-Chef Krüger.

Grimmig schaut der neue US-Präsident Donald Trump von der Leinwand. Er hält eine dieser Reden, die momentan so gefürchtet sind. Es ist keine Live-Schalte, sondern eine Rede aus der Konserve, die das Publikum im Hauptsaal des Ruhr Congress in Bochum ein wenig zum Gruseln bringen soll. 1100 Verantwortliche der Autoindustrie haben sich hier beim CAR-Symposium versammelt, um gemeinsam über die Herausforderungen ihrer Branche zu diskutieren.

In der ersten Reihe sitzt BMW-Chef Harald Krüger. Als er Trump sieht, zuckt er tatsächlich kurz, dann schaut er auf sein Mobiltelefon, dann doch wieder zur Bühne. Nur nichts anmerken lassen. Er ist schließlich hier, um über die Zukunft zu sprechen. Und Krüger will auf jeden Fall den Eindruck erwecken, dass die jüngsten Drohungen aus den USA seinem Konzern nichts anhaben können.

Man habe zur Kenntnis genommen was in den USA vor sich gehe, aber stehe weiterhin zu allen Entscheidungen, die man bisher getroffen habe, wird der BMW-Chef später sagen. Er wird betonen, dass man an der Strategie festhalte, das Risiko diversifiziere.

Die Autoindustrie hat derzeit schließlich mit vielen Unsicherheiten zu kämpfen – Trump ist bei weitem nicht die einzige. Neue Antriebe könnten den Verbrenner überflüssig machen, das autonome Fahren sogar das Lenkrad. Neue Mobilitätsplattformen ändern das Geschäftsmodell.

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In seiner Rede in Bochum entwirft BMW-Chef Krüger darum das Bild eines Konzerns, der all diese Unsicherheiten kennt – und sich gewappnet fühlt. „Die nächsten 100 Jahre“ wolle BMW noch vorne mitmischen. Krüger zeigt vier Zukunftsmodelle der Konzernmarken, die selbstbewusst durch ein Werbevideo fahren. Er spricht über ein neues Zentrum mit 2000 Entwicklern in München, in dem BMW gemeinsam mit dem israelischen Unternehmen Mobileye und Intel am selbstfahrenden Auto arbeitet. Und in einer Diskussionsrunde nach dem Vortrag erklärt er auch, warum die Münchener keinen Konflikt mit Trump erwarten.

BMW sei schließlich einer der größten Arbeitgeber des Landes, beschäftige 70.000 Menschen in den USA. Tatsächlich bauen die Münchener in ihrem Werk in Spartanburg, South Carolina, hunderttausende SUV-Modelle für den Weltmarkt. Das Werk in Mexiko, erklärt Krüger, sei viel kleiner. Und ohnehin denke man schon länger darüber nach, wie sich hohe Zölle im Zweifel vermeiden ließen. Seine Botschaft, die er nicht ausspricht: Keine Angst, nur keine Angst.

Kongresse wie das Symposium des Center of Automotive Research (CAR) der Universität Duisburg-Essen sind ohnehin auch eine willkommene Gelegenheit, um sich gegenseitig Mut zu machen. Neben Krüger sind etliche weitere Vertreter der Branche der Einladung von Autoprofessor Ferdinand Dudenhöffer nach Bochum gefolgt, um unter der Überschrift „Zeitenwende in der Automobilindustrie“ gemeinsam über die großen Herausforderungen der Zukunft zu diskutieren. Hier wird die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie zelebriert.


Tesla, Uber und Google sind stets präsent

Doch Dudenhöffer wäre nicht Dudenhöffer, wenn er seine Gäste nicht ein wenig herausfordern würde. Dazu hat er sogar einen echten Nobelpreisträger eingeladen. Chemie-Professor Stefan Hell erzählt den Automanagern von seiner Erfindung, einem hochpräzisen Mikroskop. Eine Geschichte, die viele Parallelen zur Autowelt aufweist. Denn die Industrie habe seine Erfindung am Anfang nicht ernstgenommen und dann nur halbherzig vertrieben, erzählt. Hell gründete ein eigenes Unternehmen – und erobert seitdem den Markt.

Dudenhöffer nennt ihn den „Elon Musk der Mikroskopie“ und schlägt damit die Brücke zur Autobranche. Die großen Herausforderer wie Tesla, Uber und Google sind zwar nicht in Bochum dabei – aber immer präsent. Nicht umsonst haben die anwesenden Unternehmen viel Zukunftstechnologie ausgestellt.

Und auch in den Workshops geht es nicht nur um Verbrenner und Vertrieb, sondern auch um Autonome Mobilität und das vernetzte Auto. Zwischen all den zuversichtlichen Vorträgen schwingt nur hin und wieder etwas Skepsis mit. Als ein Vertreter eines deutschen Zulieferers über die Anstrengungen seines Konzern bei der Entwicklung des autonomen Autos erzählt, fällt er kurz aus der Rolle. Für ihn sei es eine „Schreckensvision“, das Steuer aus der Hand zu geben. Einige im Publikum lachen zustimmend. Tatsächlich ist der Vortragende mit seiner Angst nicht alleine.

Dirk Seiferth, Partner der Managementberatung Kienbaum, erklärt in einem Vortrag, warum die Kunden das selbstfahrende Auto – jene erklärte Zukunftsvision der Industrie – oft noch fürchten. 48 Prozent haben demnach Angst vor dem Kontrollverlust. Es ist die unbestimmte Furcht, die man vom Beifahrersitz kenne. 58 Prozent haben Angst, dass die Technik versagen könne. Und weitere 42 Prozent befürchten, dass der Fahrspaß leidet, wenn das Auto selbst fahre.

Doch der Berater hat – wie es für seine Berufsgruppe üblich ist – natürlich auch eine Lösung mitgebracht. Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, müssten die Hersteller die Systemsicherheit garantieren. „Das Auto muss sich dem Fahrer anpassen“, sagt Seiferth. Darüber hinaus müsse der Fahrer permanent Herr der Fahrt bleiben. Stabilität nennt der Berater das. Und drittens müsse man durch audiovisuelle Effekte für Geborgenheit sorgen. Der Fahrer müsse das Gefühl vermittelt bekommen, sich nicht vor dem selbstfahrenden Auto fürchten zu müssen.

Und als hätte es geahnt zeigt am Nachmittag Stefan Sommer, Chef des Autozulieferers ZF-Friedrichshafen, warum die Zukunft des Auto sicher ist - selbst wenn der Fahrer nicht mehr am Steuer sitzt. Er zeigt eine Szene aus dem Film Demolition Man mit Sylvester Stallone aus dem Jahr 1993. Es zeigt einen Unfall mit einem selbstfahrenden Auto, das in einem Brunnen endet. Stallone überlebt nur, weil der Innenraum sich schlagartig mit Schaum füllt. In Zukunft, erklärt Sommer, seien moderne Fahrsicherheitssysteme in der Lage, Unfälle schon präventiv zu verhindern. Und selbst wenn es kracht, könne man durch einen geänderten Aufbau der selbstfahrenden Autos die Sicherheit der Insassen erhöhen. Angst muss da nun wirklich niemand mehr haben.

KONTEXT

Deutsche Autobauer in Mexiko und den USA

BMW in Mexiko

Der Münchner Oberklasse-Autobauer begann Mitte 2016 mit dem Bau seines ersten großen mexikanischen Werkes in San Luis Potosi. Ab 2019 soll dort der absatzstarke 3er für den Weltmarkt gebaut werden. Die jährliche Produktionskapazität des Werkes liegt bei 150.000 Stück. Es sollen mindestens 1500 neue Arbeitsplätze entstehen.

BMW in den USA

In seinem weltweit größten Werk Spartanburg, gemessen an der Produktionskapazität, baut BMW Geländewagen. Im vergangenen Jahr liefen rund 411.000 X-Modelle vom Band, 70 Prozent davon wurden aus den USA exportiert. An dem seit 1994 bestehenden Standort arbeiten mehr als 8000 Beschäftigte.

Volkswagen in Mexiko

VW betreibt in Puebla seit mehr als 50 Jahren eines seiner größten Werke mit zuletzt annähernd 15.000 Beschäftigten. Der Großteil der dort vom Band laufenden Autos wie der Jetta oder der Käfer-Nachfolger Beetle wird in die USA geliefert. Nun kommt der SUV Tiguan hinzu, der als verlängerte Version unter dem Namen Allspace auf den US-Markt gebracht werden soll.

Volkswagen in den USA

VW hat sein 2011 eröffnetes Werk in Chattanooga/Tennessee zuletzt 2015 vergrößert. Die Fabrik mit ihren rund 3200 Beschäftigten hat eine Produktionskapazität von etwa 150.000 Stück. Neben dem Passat soll dort in diesem Jahr der neue SUV für den US-Markt namens Atlas vom Band rollen.

Audi in Mexiko

Die VW-Premiumtochter hat im Herbst 2016 ihr Werk in San Jose Chiapa eröffnet und fährt derzeit die Produktion hoch. Bis zu 150.000 Fahrzeuge können in dem Werk gebaut werden. Audi fertigt dort den Geländewagen Q5 - für mehr als 100 Märkte weltweit. Im Audi-Werk sollen insgesamt 4200 Arbeitsplätze entstehen.

Audi in den USA

In den USA hat die Marke mit den vier Ringen ebenso wie die Konzernschwester Porsche keine Fertigung.

Daimler in Mexiko

Daimler zieht gerade zusammen mit seinem französisch-japanischen Partner Renault /Nissan ein Pkw-Werk in Aguascalientes hoch, in dem Kompaktmodelle vom Band rollen sollen. Die Produktion von Fahrzeugen der Nissan-Nobelmarke Infiniti soll im November 2017 anlaufen, Mercedes-Benz will im Frühjahr 2018 mit Kompaktwagen wie der neuen A-Klasse oder dem Mini-SUV GLA starten. Die in der Nähe eines bereits bestehenden Nissan-Werks gelegene Fabrik soll eine Jahreskapazität von 230.000 Fahrzeugen haben und im Jahr 2020 rund 3600 Mitarbeiter beschäftigen.

Daimler in den USA

Mercedes-Benz baut am Standort Tuscaloosa/Alabama Geländewagen und die C-Klasse für den nordamerikanischen Markt. Die seit 1995 bestehende Fabrik hat mehr als 3500 Beschäftigte und eine Produktionskapazität von rund 300.000 Fahrzeugen im Jahr. Einschließlich Nutzfahrzeugproduktion und Forschung hat Daimler rund 22.000 Beschäftigte in den USA.