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Nikolai Setzer wird neuer Conti-Chef – Aufsichtsrat wählt einstimmig

Der neue Conti-Chef muss Degenharts Konzernumbau zu Ende bringen und eine klare Wachstumsstrategie entwickeln. Eine Schonfrist bekommt Setzer nicht.

Es hat keine Stunden gedauert, bis der Aufsichtsrat von Continental über die Nachfolge des scheidenden Konzernchefs Elmar Degenhart abgestimmt hat. Einstimmig hat sich das Gremium für Nikolai Setzer entschieden. Ab dem 1. Dezember 2020 übernimmt er den Posten von Degenhart, der sich aus gesundheitlichen Gründen zurückzieht.

Für die Eile und die Einigkeit des Aufsichtsrats gibt es gute Gründe, genauso wie für die Entscheidung, keinen Conti-fremden Vorstandsvorsitzenden zu suchen: Setzer ist seit 1997 im Unternehmen und kennt beide Seiten des Geschäfts – das traditionelle mit Reifen sowie das Kerngeschäft mit Fahrzeugkomponenten, Sensorik und Software.

Der 49-jährige Manager benötigt keine lange Einarbeitungszeit – die er ohnehin nicht bekommen wird. Denn Setzer beerbt kein gemachtes Feld. Er übernimmt die Führung eines Dax-Konzerns, von dem einige sagen, dass er ein Sanierungsfall sei und strategiebefreit durch den Strukturwandel der Branche irre.

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„Gemeinsam mit den Führungskräften sowie Mitarbeitern weltweit ist es meine vordringlichste Aufgabe, unseren eingeschlagenen, auf dauerhafte Profitabilität ausgerichteten Wachstumskurs als Technologieunternehmen ohne Unterbrechung weiterzuverfolgen und Continental in ein neues Zeitalter der Mobilität zu führen“, teilt Setzer in einer Mitteilung des Konzerns mit.

„Nikolai Setzer genießt unser vollstes Vertrauen. Der Aufsichtsrat ist sicher: Er wird diesen Wandel weiter vorantreiben und erfolgreich gestalten“, sagt Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Reitzle, der Degenhart für seine langjährige Arbeit dankte.

Mit Setzer zieht nun ein neuer Managementstil ein. Der neue Conti-CEO wirkt charismatischer als Degenhart. Personen im Konzern, die Setzer seit Jahren kennen, beschreiben ihn als guten Kommunikator. Er sei ein fairer, aber auch genauso harter Verhandler. Die Arbeitnehmervertreter schätzen das eine, fürchten aber genauso das andere. Dass sie nicht gegen Setzer gestimmt haben, kann die Kapitalmarktseite im Aufsichtsrat auch als ein vernünftiges Entgegenkommen der Arbeitnehmervertreter interpretieren.

Continental-Konzernbetriebsrat Hasan Allak und sein Stellvertreter Lorenz Pfau begrüßen die Entscheidung: „Wir wünschen Nikolai Setzer alles Gute und bauen auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, teilen sie mit. Die Belegschaft erwarte von ihm und seinem Vorstandsteam eine fundierte Strategie mit verlässlichen Perspektiven auch für Deutschland. „Die begonnene Transformation unseres Unternehmens wird nur im Konsens aller Beteiligten funktionieren und nicht mit Entscheidungen im Basta-Format.“

Setzer hat sich als Reifenchef einen Namen gemacht

Seit 2018 läuft es schlecht für Conti. So wurde unter anderem der Konzernumbau in eine Holding mit abgespaltener Antriebssparte verschlafen. Parallel dazu erlebt die gesamte Zulieferbranche einen Strukturwandel, der durch Corona beschleunigt wird. Hydraulik und Mechanik sind die Vergangenheit, aus der Unternehmen wie Conti kommen. Die Zukunft liegt in der Elektromobilität und der Software – Kompetenzen, die viele Zulieferer erst noch erlenen müssen.

In seinen letzten Jahren als Konzernchef wuchs die Kritik an Degenhart, genau diesen Wandel nicht gewinnbringend umsetzen zu können. Ein Blick auf die Entwicklung des Kerngeschäfts gibt den Kritikern recht: Die Automotive-Sparte, mit 22 Milliarden Euro die größte im Konzern, wird bis Ende des Jahres nicht aus der Verlustzone herauskommen.

Seit Jahren rettet vor allem das Traditionsgeschäft mit Reifen die Bilanz. Hier erwirtschaftet der Konzern regelmäßig zweistellige Gewinnmargen. Zu verdanken hat der Konzern das dem neuen Conti-Chef.

Nikolai Setzer ist nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurwesens in Darmstadt und Bordeaux bei Continental in die Reifenentwicklung eingestiegen. Der begeisterte Volleyballer und mittlerweile passionierte Läufer arbeitete sich immer weiter nach oben und wurde 2009 Chef der Reifenabteilung. Zu der Zeit war Conti kein großer Name im Reifengeschäft mehr.

Setzer gelang es innerhalb kurzer Zeit, das lahmende Traditionsgeschäft in einen zuverlässigen Ertragsbringer zu verwandeln. Mehr noch: Er konnte den Aufsichtsrat, in dem die Schaeffler-Familie mit ihrem 46-prozentigen Anteil an Conti eine entscheidende Rolle spielt, 2011 davon überzeugen, eine dreistellige Millionensumme in das Reifengeschäft zu investieren.

Der Reifen-Manager hat sich fortan einen Namen als Sanierer gemacht – und wurde „zwischenbefördert“. Am 1. April 2019 wurde Setzer zum Sprecher des sogenannten „Automotive Boards“ ernannt. Wieder waren seine Qualitäten gefragt: Diesmal sollte er über das Automotive Board das Kerngeschäft, also die Automotive-Sparte, transformieren und fit für die automobile Software-Ära machen – eine zentrale Aufgabe im Konzern. Setzer galt von da an als Kronprinz von Degenhart, dessen Vertrag 2024 ausgelaufen wäre.

Konzernkritiker werfen dem Vorstand seit Jahren vor, dass im Kerngeschäft keine Synergien gehoben werden. Vieles, was sich in der Automotive-Abteilung befindet, hat Conti in den vergangenen Jahrzehnten zusammengekauft – unter anderem den Bremsenspezialisten Teves, das Autoelektronikgeschäft von Motorola und die Siemens-Autosparte VDO. Es seien Fürstentümer, die alle ihr eigenes Ding machten und unterschiedliche Firmenkulturen hätten, heißt es aus Konzernkreisen.

CTO Dirk Abendroth, den Degenhart 2019 geholt hatte, um diese „Fürstentümer“ zumindest im Softwarebereich zu vereinigen, dürfte nach Setzer einen der wohl schwierigsten Jobs im Konzern haben. Glaubt man der Präsentation von Setzers Strategie, die er Ende September dem Aufsichtsrat bei der vergangenen Sitzung vorgestellt hatte, dürfte Abendroth jedoch die volle Rückendeckung des Conti-Chefs genießen. Setzer möchte die Geschäftsfelder des Zulieferers noch schneller digitalisieren, noch mehr in die Software-Entwicklung investieren.

Auf der anderen Seite deutet sich an, dass der Vorstand nach dem Kommunikationsdesaster um die Schließung eines Reifenwerks in Aachen wieder den Gesprächsfaden mit den Arbeitnehmervertretern aufnimmt. Die Aufgabenliste von Setzer ist lang. Und die in der Unternehmenswelt übliche Schonfrist von 100 Tagen wird der Manager nicht bekommen. Seine erste Prüfung steht bereits am 8. Dezember an. Dann muss Setzer auf den Kapitalmarkttagen Analysten erklären, wie er seine Wachstumsstrategie für Continental in die Tat umsetzen will.