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Neuer Medienvertrag soll deutschem Fußball einen Geldsegen bringen

Seit einem Jahr läuft das wichtigste Geheimprojekt des deutschen Fußballs und Fernsehens. In etlichen Gesprächen mit Medienhäusern, Klubs und dem Kartellamt bereiten die Macher der Bundesliga die nächste Ausschreibung ihrer Senderechte vor. Im Frühjahr 2020 kommt es zum Schwur, wer von der Saison 2021/22 an den Wettbewerb zeigen darf.

Viel steht auf dem Spiel. Das deutsche Profifußballgeschäft speist sich inzwischen zu einem Drittel aus solchen Medienerlösen, sie tragen sagenhafte 65 Prozent zum Wachstum bei – und zum neuen Rekordumsatz von 4,42 Milliarden Euro. Das weist die Deutsche Fußball-Liga (DFL) in ihrem „Wirtschaftsreport 2019“ für die abgelaufene Saison der Ersten und Zweiten Bundesliga aus, der dem Handelsblatt vorliegt.

Eng verknüpft mit dem Medienerfolg sind Zahlungen von Sponsoren und Werbepartnern, die sich in der Ersten Liga auf 872 Millionen summieren. Nur die englische Premier League spielt insgesamt mehr ein. Das viele Geld von Hauptfinancier Sky, Eurosport, ARD und anderen haben die Klubs für hohe Ablösesummen von Spielern gebraucht, die internationalen Erfolg garantieren sollen.

Makabre Folge: Trotz eines nie da gewesenen TV-Umsatzbooms sinkt die Gesamtrendite der deutschen Bundesliga stetig – von 6,3 Prozent (2015/16) über 4,4 auf nun 2,7 Prozent. Gewinn: gerade mal 102 Millionen Euro.

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Sport sei „eines der letzten großen Themen, das in den Medien garantiert hohe Reichweiten und Marktanteile bringt“, wirbt DFL-Chef Christian Seifert: „In den USA ist es Football, in Indien Cricket, in Europa Fußball.“ Selbst die Zweite Liga sei mit etwas mehr als 600 Millionen Euro Umsatz die siebtgrößte Liga in Europa.

Mag sein. Doch die erhöhten Abschreibungen auf Spieler, plus teils astronomische Gehälter, fressen die gewachsenen Betriebsgewinne auf. Und der Faktor bleibt gewichtig: Mit 1,19 Milliarden Euro liegt das Spielervermögen der Klubs erstmals über dem Gesamtwert der Stadien und Klubbauten. Der wahre Konkurrenzkampf besteht darin, Spieler billig zu kaufen und teuer zu verkaufen – sowie die mächtigen Spielerberater zu charmieren.

Geradezu virtuos hat Borussia Dortmund Stars losgeschlagen und Jungkräfte wie Jadon Sancho geholt; auch Rivale FC Bayern München investiert jetzt verstärkt in den Nachwuchs, wie die Zugänge Alphonso Davies und Jann-Fiete Arp zeigen. Oft hilft in diesem Geschäft nur, im eigenen Leistungszentrum die Nationalspieler von morgen auszubilden.

Einer, der sich umgestellt hat, ist Robert Schäfer, Geschäftsführer von Fortuna Düsseldorf. „Früher haben wir bei Bedarf einfach Schulden gemacht, heute halten wir uns streng ans Budget. Dann müssen eben wertvolle Spieler verkauft werden“, sagt er. Der Klub schaffte es sogar, 2017 seinen Co-Trainer Peter Hermann für zwei Millionen dem FC Bayern zu überlassen.

Talente finden sich überall, den Topstürmer Dodi Lukebakio engagierte man direkt nach einem Trainingsspiel vom Gegner. Mit durchschnittlich 41.000 Zuschauern ist der Aufsteiger ein Magnet in der Region geworden, nur sieben Klubs erhalten in der Ersten Liga mehr Zuschauerzuspruch. Andererseits fällt auf, dass in vielen Stadien Plätze leer bleiben.

Live-Rechte müssen aufgeteilt werden

SAP-Mitgründer Dietmar Hopp, der mit stolzen Beträgen die TSG 1899 Hoffenheim nach oben gebracht hat, sieht bereits eine „leichte Erosion“, auch bedingt durch mehr internationale Wettbewerbe. Geht die Kommerzialisierung zu weit? Das sei eine „Fehlinterpretation“, entgegnet Liga-Chef Seifert. Viele Zuschauer könnten sich Dauerkarten leisten, und wenn dann ein schwächerer Gegner komme, gehe man eben auch mal nicht hin.

In der Vorrunde seien mehr Tickets denn je verkauft worden. „Wir brauchen die Fans – sowohl auf den Stehplätzen als auch in den Business-Lounges oder vor dem Fernsehgerät“, sagt er. „Mit vollen Stadien allein gibt es im Jahr 2019 keinen Weltklassefußball.“

Die Konsequenz: Der nächste Medienvertrag muss wieder für eine übervolle Kasse sorgen. Zuletzt sind die Live-Rechte nach Vorgaben der Kartellwächter („Alleinerwerbsverbot“) aufgeteilt worden.

Für Freitagsspiele zahlt Eurosport 70 Millionen Euro, Großanbieter Sky, der ansonsten zum Zuge kam, ist mit einer Milliarde dabei. „Dass damit einer von beiden Gewinn macht, hat man noch nicht gehört“, ätzt ein TV-Manager. Eurosport erwähnt lediglich, „strategische Überlegungen“ seien aufgegangen, die Bekanntheitswerte um 70 Prozent gestiegen. Beim Pay-TV-Betrieb Sky wiederum stagniert die Zahl der Abonnenten bei 5,2 Millionen.

Um sich die teure Liga wirklich leisten zu ‧können, hätten einstige Planungen mit sechs Millionen Kunden Realität werden müssen. Man setzt nun auch auf selbst produzierte Serien wie „Das Boot“. Immerhin stieg Sky, inzwischen Ableger des US-Konzerns Comcast, Anfang Februar mit seiner Konferenzschaltung am Samstagnachmittag einmal zum TV-Marktführer auf. 2,15 Millionen schauten zu – die Topklubs Borussia Dortmund und FC Bayern kickten tatsächlich einmal zum selben Termin.

Diese Quote zeige, „welche Kraft eine solche Parallelansetzung an einem Tag zur selben Zeit hat“, sagt Sky-Sprecher Ralph Fürther. Was er nicht sagt: Das gibt es viel zu selten. Logisch, wo sich ein Spieltag mittlerweile über bis zu vier Tage und sieben Anstoßtermine erstreckt. Das verhasste Montagsspiel streicht die DFL für die Erste Liga.

Experimente mit neuen Erlösquellen

An eine Bonanza im Mediengeschäft glaubt – alles wie gehabt – Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge: „Die Rechte werden noch explodieren. Die wichtigsten Player sind noch gar nicht im Spiel.“ Der deutsche Rekordmeister repräsentiert die Beletage im Fußballkapitalismus, der Klub bewegt sich, auch dank einer intensiven Auslandsvermarktung, auf 700 Millionen Euro Umsatz zu.

Man hat hier ein eigenes Klub-TV. Zusammen mit Dortmund und Schalke macht Bayern knapp 40 Prozent des Erstliga-Umsatzes von 3,81 Milliarden Euro aus. Rummenigge hofft, so wie andere Klubgewaltige, auf Netflix, Facebook und Apple.

Vor allem aber auf Amazon – Konzerngründer Jeff Bezos spielt in den Zukunftsprojektionen den Erlöser, der Fußball als Marketing-Feuerwerk brauche. Amazon hält zwar bereits Bundesliga-Radiorechte, stieg aber im vorigen Jahr in England aus dem großen Wettbieten aus.

Bisher hat nur US-Milliardär Leonard Blavatnik der Branche den Gefallen getan, als neuer Bieter aufzutreten. Seine Firma Dazn, bislang auf „Highlights“ beschränkt, will künftig Live-Spiele zeigen. Um vom TV-Geschäft nicht noch mehr abhängig zu werden, sinnen die Macher auf viele Einzelmaßnahmen. So vermarkten die Klubs Werbung auf Trikotärmeln selbst (Erlös: 40 Millionen).

Borussia Dortmund experimentiert mit „virtueller Werbung“, bei der je nach TV-Empfangsgebiet im Ausland die gezeigten Stadionwerbekunden wechseln. Und die DFL selbst treibt die globale TV-Vermarktung an, beteiligt sich an Sport-Internetfirmen und puscht E-Football. Teams von 22 der 36 Bundesligaklubs spielen am Computer einen Champion aus.

Nach 14 Jahren Wachstum soll der Erfolgsfaden nicht abreißen in einer Branche, die insgesamt für neun Milliarden Euro Wertschöpfung und mehr als 100.000 Jobs sorgt. Schon sieht Manager Seifert, 49, seit 2005 im Amt, seine DFL vieldeutig „eher als MDax-Unternehmen“ oder als Medienhaus, also nahe bei RTL Group, Pro Sieben Sat 1 oder dem Verlag Gruner + Jahr.

„Was der Bundesliga gefehlt hat, war der englische Pay-TV-Markt sowie Messi und Ronaldo“, bilanziert er. „Weil wir das nicht herzaubern können, konzentrieren wir uns auf unsere unternehmerische Aufgabe. Nur wenn wir die Bundesliga wirtschaftlich weiterentwickeln, wird sie gesellschaftliche Akzeptanz behalten.“