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Die neuen Milliardäre – Wie Superreiche die Welt verändern

Die mehr als 2.000 Milliardäre weltweit sind ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Wie sie an ihr Geld kommen und wofür sie es ausgeben, verändert unser Leben.

Die mehr als 2000 Milliardäre weltweit sind ein entscheidender Wirtschaftsfaktor. Wie sie an ihr Geld kommen und wofür sie es ausgeben, verändert unser Leben.

Der Einsatz im vergangenen September war für die Bremer Feuerwehr einer der größten seit den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs. Ein Schiff in einem Schwimmdock auf der Weser stand in Flammen. Mehrere Hundert Feuerwehrleute mühten sich drei Tage lang, den Brand unter Kontrolle zu bekommen.

Was das Feuer so besonders macht, war nicht nur sein Ausmaß, sondern auch die Gattung des betroffenen Schiffs. Es handelte sich um eine sogenannte Gigajacht, Codename: „Sassi“. Auftraggeber: geheim. Länge des Rumpfs: knapp 150 Meter, so groß wie manches Kreuzfahrtschiff.

Der Brand warf ein Schlaglicht auf die verschwiegene Branche, die sich in der Deichlandschaft nördlich des Bremer Stadtzentrums ausgebreitet hat. Die 1875 gegründete Lürssen-Werft in Bremen-Vegesack gilt weltweit als erste Adresse für das teuerste Statussymbol, das sich ein Mensch leisten kann: Die eigene Motorjacht mit einer Rumpflänge von mindestens 60 („Mega“) beziehungsweise 100 Metern („Giga“). Auf der anderen Weserseite baut Konkurrent Abeking & Rasmussen ganz ähnliche Schiffe.

Werft "sichert Tausende Arbeitsplätze"

„Der Bau solcher Produkte liefert einen enormen Beitrag zur Wertschöpfung und sichert Tausende Arbeitsplätze“, erklärt Peter Lürßen stolz, „auf der Werft, vor allem aber auch in den zahlreichen Zulieferbetrieben.“ Bereits in der fünften Generation führt der Unternehmer die Firma, die noch immer vollständig der Gründerfamilie gehört.

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Lange lebte man bei Lürssen vor allem von der Rüstung und dem Kriegsschiffbau. Erst seit 1988 setzt man zusätzlich auf Spieltrieb und Geltungsdrang der vermutlich elitärsten Zielgruppe der Welt: der Superreichen. Im Rückblick war die Entscheidung der Eigentümerfamilie visionär. Denn in den vergangenen 30 Jahren ist die Vermögensballung und damit auch die Kaufkraft an der Spitze der weltweiten Vermögenspyramide geradezu explodiert – und damit die Zahl der Milliardäre.

Die Datengrundlage ist lückenhaft, weil es in vielen Staaten, darunter Deutschland, keine amtliche Statistik zu Vermögensbeständen gibt. Am grundlegenden Trend allerdings besteht kein Zweifel. Laut der Liste des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ hat sich seit 2009, dem Jahr der Weltfinanzkrise, die Zahl der Milliardäre weltweit von 793 auf 2153 im Jahr 2018 nahezu verdreifacht.

Das Meinungsforschungsunternehmen Wealth-X kommt auf eine noch höhere Zahl der Superreichen. Gemeinsam ist beiden Quellen: Das von den Reichen gehaltene Vermögen ist im selben Zeitraum von gut 2,8 auf 8,7 Billionen US-Dollar geklettert. 8,7 Billionen Dollar – das entspricht fast der addierten jährlichen Wirtschaftsleistung von Deutschland und Japan.

Das Jahr 2018 war für die Reichen kein gutes

Da wirkt es schon fast kleinkariert, wenn man anmerkt: 2018 war für die Superreichen kein besonders gutes Jahr. Zwölf Monate zuvor gab es laut „Forbes“ noch 2208 Dollar-Milliardäre, ihr Gesamtvermögen summierte sich auf rund neun Billionen Euro.

Die Investments der Vermögenseliten haben unter der Börsenflaute ebenso gelitten wie die Depots von Otto Normalinvestor. Schließlich halten Milliardäre im Schnitt drei Viertel ihres Vermögens in Form von Unternehmensbeteiligungen. Gerade einmal 2,3 Prozent entfallen auf Immobilien, Jachten und andere Luxusgüter, die gemeinhin den Neid der weniger Betuchten entfachen.

Sieht man von konjunkturellen Schwankungen ab und legt die einzelnen Datenquellen nebeneinander, kann man ganz ideologiefrei konstatieren: Die Superreichen werden immer mehr – und sie werden immer reicher. Das Gesamtvermögen der Milliardäre weltweit entspricht laut Wealth-X mittlerweile zwölf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) des gesamten Planeten. Die Milliardäre sind ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor, der Branchen wie den Gigajachtenbau erst möglich macht.

Rolex
Besucher einer neu eröffneten Luxus-Mall in Manhattan. (Bild: Spencer Platt/Getty Images)

Ein wichtiger Grund für den Boom der Milliardäre: der Aufstieg von Schwellenländern wie Indien oder China. Tummelten sich 2010 noch 64 Milliardäre in China, waren es im vergangenen Jahr 324. Die Zahl wäre noch viel höher – wüsste man Genaueres über das wohl hohe Vermögen der politischen Oberklasse.

So oder so: Rund drei Viertel der chinesischen Milliardäre haben sich ihr Vermögen ganz allein erarbeitet. Das lässt sich nicht von Europa sagen, dort wird vor allem geerbt. Auch in den USA sind nur elf Prozent der Milliardäre „self-made“, darunter Kylie Jenner, die als Internetstar und Kosmetikunternehmerin mit 21 Jahren die jüngste Milliardärin aller Zeiten ist.

Auch auf den Ebenen unter den Milliardären, bei den gewöhnlichen Millionären, weisen die Zahlen nach oben. Im Jargon der Vermögensverwalter heißen sie „High Net Worth Individuals“. Von denen gibt es laut des „World Wealth Report“ der Beratungsgesellschaft Cap Gemini weltweit 2018 18,1 Millionen – vor acht Jahren waren es nur knapp elf Millionen.

Großes Vermögen, große Macht

Doch während ein Kontostand von einigen Millionen Euro ein angenehmes Leben garantiert, verheißt ein Milliardenvermögen noch ein anderes, weit bedeutenderes Attribut. Laut Markus Grabka, Vermögensexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), bringt Geld ab einer bestimmten Summe nahezu automatisch auch Macht mit sich: „Nehmen Sie den typischen Unternehmer mit einem Betriebsvermögen ab etwa zehn Millionen Euro. Alle, die von den Arbeitsplätzen oder den Steuerzahlungen des Unternehmens profitieren, haben ein Interesse, dass dieses Vermögen weiterhin vor Ort eingesetzt wird.“

Je größer das Vermögen, desto größer die Macht. Der derzeit reichste Mensch der Welt ist Jeff Bezos, Gründer und Chef von Amazon. Als der IT- und Versandkonzern 2018 den Standort für ein zweites Hauptquartier neben Seattle ausschrieb, buhlten Städte überall in den USA um Bezos“ Gunst. Den Zuschlag erhielt schließlich New York. Dass Amazon die Entscheidung revidierte, nachdem Bürger gegen die geplanten Ansiedlungssubventionen für Amazon protestiert hatten, zeigt vor allem: Die Macht der Superreichen ist zunehmend Gegenstand der öffentlichen Debatte.

Das gilt ebenso für einen anderen Milliardär aus Bezos“ Wahlheimat Seattle. Microsoft-Gründer Bill Gates bestimmt mit seiner Gates Foundation wesentlich den Kurs von Institutionen wie der Weltgesundheitsorganisation WHO: Forschungs- oder Hilfsprojekte, die Geld von der Gates Foundation bekommen, rücken automatisch nach oben auf der Prioritätenliste. Auch über Fortschritte in der bemannten Raumfahrt, jahrzehntelang ein Kräftemessen der Supermächte, bestimmen heute maßgeblich eine Handvoll Milliardäre, neben Bezos mit seinem Raumfahrt-Start-up Blue Origin vor allem noch Tesla-Gründer Elon Musk (Space X) und Richard Branson (Virgin Galactic).

Elon Musk
Tesla- und SpaceX-Gründer Elon Musk. (Bild: Robyn Beck-Pool/Getty Images)

Weniger weltbewegend, aber genauso nachhaltig prägen die Milliardäre den Kunstmarkt. Der fokussiert sich in seiner Spitze immer stärker auf wenige prominente Künstler, deren Werke sich leicht wiedererkennen lassen und daher als Statussymbol taugen. „Siegerkunst“ hat das der deutsche Kunstprofessor Wolfgang Ullrich abfällig genannt: hochpreisig, oft glänzend wie Jeff Koons“ Stahlskulpturen, fast so normiert wie ein Industrieprodukt – und nur erreichbar für Power-Sammler, die mal eben für einen sechs- oder siebenstelligen Betrag ein Kunstwerk erwerben können.

Damit für einen Zuschlag bei Sotheby’s oder den Bauauftrag bei Lürssen stets genug Liquidität verfügbar ist, kümmert sich die Branche der Family Offices um die finanziellen Belange der Milliardäre: Spezielle Vermögensverwalter, die nur einer Familie oder einer kleinen Gruppe von Familien zur Verfügung stehen. Je nach Lebenstüchtigkeit ihrer Klientel entspricht die Aufgabenbeschreibung eines Family Office mal dem einer kleinen Investmentbank, mal einer Praxis für Familientherapie.

Das weltweit rasch wachsende Heer der Milliardäre übt durch die schiere Gravitationskraft seines Geldes erhebliche Effekte auf Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur aus. Vor allem aber verraten die Milliardäre, die eine bestimmete Weltregion hervorbringt, viel über den Zustand der dortigen Gesellschaft.

Vier Fragen sind für diese Analyse entscheidend: Wo steigt die Zahl der Superreichen besonders schnell? Wie sind diese neuen Milliardäre an ihr Geld gekommen? Wofür geben sie es aus? Und wie üben sie ihre Macht aus? Fragen, die sich am besten anhand eines journalistischen Streifzugs durch die Epizentren der globalen Vermögensexplosion beantworten lassen.

China: Reichtum gegen Gehorsam

Das neue Gesicht des Reichtums ist vor allem asiatisch. Laut Wealth-X kamen 2017 erstmals mehr Milliardäre aus Asien (816) als aus der bisherigen Milliardärs-Hochburg USA (680). Vor allem in China ist die Zahl der Milliardäre förmlich explodiert. Dort leben laut Wealth-X nun 338 von ihnen. „Forbes“ kommt auf ähnliche Zahlen.

„Ich bin dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas sehr dankbar“, sagt Rupert Hoogewerf mit feinem Lächeln. Der Absolvent des Elite-Internats Eton hat die ungezwungenen Manieren und den vornehmen Akzent der britischen Oberschicht. Während des Interviews in seinem Büro im 18. Stock eines Schanghaier Wolkenkratzers hat er ganz ungezwungen ein Bein über die Lehne geschwungen.

Der 48-Jährige kennt fast alle Superreichen und Topunternehmer Chinas. Und er fühlt sich wohl unter ihnen. „Man läuft sich über all die Jahre immer wieder über den Weg. Irgendwann ist man sich vertraut“, sagt Hoogewerf.

Mithilfe dieser Nähe hat Hoogewerf Hurun aufgebaut, ein nach seinem chinesischen Namen benanntes Medien- und Marktforschungsunternehmen. Dessen berühmtestes Produkt ist der jährlich erscheinende Hurun Report, Chinas Reichenliste. Während die chinesische Wirtschaft mit Riesenschritten wächst, wird die Liste immer länger.

Und Hoogewerfs Expertise zieht immer mehr Interesse auf sich. Inzwischen erstellt er auch eine eigene weltweite Milliardärsliste, deren Ergebnisse weitgehend die von „Forbes“ oder Wealth-X bestätigen. Laut Hurun Global Rich List leben auf der Welt 2 470 Milliardäre mit einem Gesamtvermögen von 9,6 Billionen Euro.

Rupert Hoogewerf
Rupert Hoogewerf hat das Medien- und Marktforschungsunternehmen Hurun aufgebaut. (Bild: MARK RALSTON/AFP/Getty Images)

1999 zog Hoogewerf nach seinem Studium der Ostasienwissenschaften nach Schanghai, wo er bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen anheuerte. Nebenbei erstellte er für „Forbes“ die Liste der reichsten Chinesen. 2003 machte er sich selbstständig. Aber nicht jeder wollte auf Hoogewerfs Liste stehen. Huawei-Gründer Ren Zhengfei zum Beispiel ließ seine Anwälte auf Hoogewerf los, weil er nicht mit Namen erscheinen wollte.

Auch heute ist die Liste nicht komplett. Wie hoch das Privatvermögen von chinesischen Spitzenpolitikern ist, wird in China streng geheim gehalten. Und viele Superreiche bunkern ihr Vermögen lieber im Ausland. „Bildung und Umweltverschmutzung“, so sagt Hoogewerf, trieben sie zur Emigration.

Womöglich aber auch die Angst vor einem Staat, der nicht an rechtsstaatlichen Regeln gebunden ist. So werden Milliardäre immer wieder von den Behörden plötzlich und ohne Begründung in Gewahrsam genommen. Manchmal, wie im Fall des Fosun-Chefs Guo Guangchang, kommen sie nach wenigen Tagen wieder frei; manchmal tauchen sie, wie im Fall Wu Xiaohuis, erst Monate später wieder auf.

Zwischen der offiziell noch immer kommunistischen Führung in Peking und den chinesischen Milliardären gibt es einen unausgesprochenen Kontrakt: Die Reichen dürfen ungehindert Wohlstand anhäufen, solange sie sich aus der Politik fernhalten oder – noch besser – die chinesische Kommunistische Partei (KP) unterstützen. Beide Seiten suchen die Nähe zueinander.

Der Staat will die Unternehmer, die treibende Kraft für den wirtschaftlichen Erfolg Chinas, für sich vereinnahmen. Gleichzeitig erhoffen sich die Kapitalisten Vorteile durch ihre Nähe zur politischen Führung, etwa durch Einfluss auf neue Gesetze. 2018 nahmen unter anderem Tencent-Chef Ma Huateng und Baidu-Boss Li Yandong als Delegierte am Volkskongress der KP teil.

Im Zweifelsfall ist jedoch klar, dass nicht Geld, sondern die Partei China regiert. Als das Parteiorgan „Volkszeitung“ 2018 öffentlich machte, dass Jack Ma Mitglied der KP ist, hatte das auch eine Signalwirkung: Die Veröffentlichung zeigte, dass der Gründer des Internetkonzerns Alibaba seinen Aufstieg mit der KP vollzogen hat, und keinesfalls gegen sie.

Alibana
Die Alibaba Group ist nach eigenen Angaben die größte IT-Firmengruppe Chinas. (Bild: David Becker/Getty Images)

In der Tat war es vor allem das rapide Wirtschaftswachstum des Landes in den letzten 40 Jahren, das es risikobereiten und findigen Unternehmern ermöglichte, Geld schnell und in großen Mengen anzuhäufen. So wurde die erste Generation als Hersteller von Konsumgütern reich, eine zweite folgte mit dem Immobiliengeschäft und vor einigen Jahren kam die dritte Gruppe von Tech-Superreichen dazu.

Viele dieser chinesischen Milliardäre werden von der Bevölkerung bewundert, weil sie mit eigenen Händen ihr Vermögen aufgebaut haben. Die privilegierten Sprösslinge der Superreichen hingegen nennt der Volksmund leicht abschätzig „fuerdai“, was übersetzt zweite reiche Generation bedeutet. Oft sind sie es, die dem öffentlichen Luxuskonsum frönen und Geld für protzige Autos verprassen. Wer seinen Reichtum zu demonstrativ zur Schau stellt, wird als „tuhao“, also neureich, beschimpft. Obwohl es wirklich alten Reichtum in China gar nicht gibt.

Für chinesische Milliardäre sind, zumindest im öffentlichen Auftreten, Bescheidenheit und Unauffälligkeit eine Tugend. Der Immobilien-Tycoon Xu Jiayin stand 2017 an der Spitze der Hurun-Liste der reichsten Menschen Chinas und war schon 2012 sehr wohlhabend. Als er aber damals mit einem goldverzierten Hermes-Gürtel zum Volkskongress erschien, brach ein öffentlicher Sturm der Entrüstung los. Im nächsten Jahr wählte er für den Kommunistenkongress den bescheidenen Gürtel einer heimischen Marke.

Indien: Wo Protz Pflicht ist

Derartige Beschränkungen im Lebenswandel müssen sich die Superreichen in der zweiten asiatischen Milliardärsfabrik nicht auferlegen. Auch in Indien ist die Zahl der Milliardäre rasant gestiegen. Laut Wealth-X binnen eines Jahres um über ein Fünftel auf 104 – die ihren neuen Reichtum gerne und ausgiebig zeigen.

Gautam Adani gilt für indische Verhältnisse als vergleichsweise genügsam. Was den Unternehmer nicht daran hinderte, die Hochzeit seines Sohnes auf Goa mit 22.000 Gästen zu feiern. Ein Privatjet-Stau legte den Flughafen der Partyinsel lahm. Das 127 Meter hohe Domizil des Chemieunternehmers Mukesh Ambani in Mumbai ist das größte und teuerste Einfamilienhaus der Welt. Allein sieben Etagen dienen als Parkraum und Werkstatt für den Fuhrpark der Familie.

Wohlstand ungeniert zur Schau zu stellen wird in der hinduistischen Tradition Indiens keineswegs als anstößig empfunden. Reichtum gilt hier als verdienter Lohn für gute Taten in einem früheren Leben. Doch bei allem Protz: Auch Indiens Milliardäre können es sich keinesfalls leisten, sich mit der politischen Elite des Landes zu überwerfen.

Lamborghini
Die Eröffnung eines Lamborghini-Stores in Neu-Delhi. (Bild: ROBERTO SCHMIDT/AFP/Getty Images)

Nicht weil ihnen sonst Arbeitslager droht wie in China. Sondern weil die vergleichsweise stark abgeschotteten und regulierten Märkte in Indien hervorragende Gelegenheiten zum Reichwerden bieten, wenn man über die richtigen politischen Kontakte verfügt. Dann kommt man zum Beispiel günstig an staatliche Grundstücke, so wie einst Adani.

In keinem anderen ökonomischen Umfeld lässt sich so leicht Geld verdienen wie in einer regulierten Wirtschaft, die sich schrittweise dem Markt öffnet. Wer in solch einer Sondersituation über Wagemut, Startkapital und die richtigen Beziehungen verfügt, kann sehr schnell reich werden.

Etwa, weil er bevorzugten Zugriff auf Staatsbetriebe erhält, die zur Privatisierung anstehen. Oder aber, weil ihm Import- und Investitionsbeschränkungen lästige ausländische Konkurrenten fernhalten. „Rent Seeking“ nennen Volkswirte diese Strategie zur Vermögensmehrung, die keinerlei volkswirtschaftlichen Nutzen für die Gesamtgesellschaft stiftet.

Der am Massachusetts Institute of Technology lehrende Ökonom Daron Acemoglu und der Politikwissenschaftler James Robinson von der benachbarten Harvard-Universität haben 2012 eine ökonomische Großtheorie vorgelegt, die im Verhältnis von Superreichen und anderen Eliten zu ihren Heimatstaaten den entscheidenden Hebel für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Staaten sehen: Da, wo sogenannte „extraktive Eliten“ vor allem darauf aus sind, als „Rent Seeker“ möglichst viel Kapital aus ihrem Heimatland herauszusaugen, kann sich kein langfristiger Wohlstand entwickeln.

Ein Phänomen, das sich besonders in Russland, Afrika und Lateinamerika zeigt. Wenn Milliardäre wie in diesen drei Weltregionen ihrem Heimatland reihenweise den Rücken kehren und ins Exil gehen, ist das immer auch ein Indikator, dass der implizite Gesellschaftsvertrag zwischen den Superreichen und dem Rest der Gesellschaft nicht funktioniert.

Der sollte im Idealfall darin bestehen, dass Menschen zu Wohlstand gelangen, indem sie mit innovativen Ideen als Unternehmer Pioniergewinne erzielen. Dadurch befeuern sie Fortschritt und Wohlstand der gesamten Gesellschaft. In Staaten, in denen dieser Gesellschaftsvertrag funktioniert, hat die Politik kein Interesse daran, die Milliardäre mit zu hohen Steuern aus dem Land zu treiben. Umgekehrt sind die Milliardäre in der Regel klug genug, von sich aus etwas an die Gesellschaft zurückzugeben – in Form von Steuern und gesellschaftlichem Engagement.

Europa: Altes Geld und gute Sitten

Ein Land, in dem dieser unausgesprochene soziale Kontrakt vergleichsweise intakt ist, ist die Nummer drei im Ranking der Milliardäre: Deutschland. 152 Milliardäre leben laut Wealth-X in der Bundesrepublik, nur in den USA und China sind es noch mehr. Und auch hierzulande wachsen Zahl und Vermögen der Milliardäre außerordentlich kräftig: „Forbes“ kommt auf 114 Milliardäre oder Milliardärsfamilien mit einem Gesamtvermögen von rund 500 Milliarden US-Dollar. 2001 waren es noch 43 Milliardäre mit 200 Milliarden Dollar Gesamtvermögen.

Deutschlands Superreiche ticken anders als die Milliardäre in den meisten anderen Teilen der Welt. Das zeigt sich bereits an ihren Wohnorten. Im Rest der Welt ballen sich die Reichen bevorzugt in einigen wenigen Metropolen, mit New York, Hongkong und San Francisco auf den drei Podiumsplätzen. Nahezu jeder vierte Milliardär weltweit ist in einer von nur zehn Metropolen zu Hause.

Die Gründe dafür liegen nahe: In großen Städten finden sich die Netzwerke und die Dienstleister, die Milliardäre für ihre Geschäfte brauchen. Hier sind die prestigeträchtigen Kultureinrichtungen und Sportklubs zu Hause, die Milliardäre gerne frequentieren und fördern. Hier können sie unter ihresgleichen leben und müssen sich für ihren Wohlstand nicht rechtfertigen.

Doch trotz der vielen Superreichen made in Germany ist keine einzige deutsche Stadt unter den Top Ten vertreten. Warum das so ist, zeigt ein Blick in das jährliche Reichenranking der Zeitschrift „Manager-Magazin“. Anders als das Vorbild „Forbes“ fokussiert sich die Wirtschaftszeitschrift dabei auf die Reichen in Deutschland und kommt auf 200 Milliardäre oder Milliardärsfamilien.

An der Spitze steht das Geschwisterpaar Susanne Klatten und Stefan Quandt (BMW, Altana). Die Geschwister leben im Großraum Frankfurt. Schon auf den Rängen dahinter beginnt eine Reise durch die deutsche Provinz. Die Milliardärs-Heimatorte heißen Heilbronn (Dieter Schwarz, Lidl-Kaufland), Iphofen (Gips-Dynastie Knauf) und Bielefeld (Oetker).

Deutsche Milliardäre fühlen sich meist dort am wohlsten, wo ihre Familien verwurzelt und ihre Unternehmen zu Hause sind. Auf die Nähe zu Opernhäusern und Investmentbanken können sie offenbar gut verzichten. Ebenso wie auf die Anonymität, die ihnen das Leben in einer Millionenmetropole bescheren würde.

Im Gegenteil. Viele von ihnen suchen und genießen die Nähe zur Heimatregion und zu den eigenen Beschäftigten, die dort leben. Gesponsert werden nicht die Met und der Champions-League-Klub, sondern der örtliche Fußballverein und die regionale Fachhochschule.

Allzu offensichtlicher Luxuskonsum ist unter deutschen Milliardären unüblich. Klar, man lebt in seiner Villa, fährt S-Klasse oder Porsche, aber das war es dann auch. Selbst Versandhauskönig Michael Otto (Familienvermögen laut „Manager-Magazin“ 13,5 Milliarden Euro) ist schon in der Economy-Class von Eurowings gesichtet worden – auf dem Mittelsitz.

Die Jachtwerft Lürssen verkauft ihre Flaggschiffe nahezu ausschließlich ins Ausland. Unter den Top 100 der weltweit längsten Motorjachten findet sich kein einziger deutscher Eigner. Und auch der steueroptimierte Erstwohnsitz in der Schweiz ist aus der Mode gekommen: Bei null Prozent Vermögensteuer und 25 Prozent Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge lässt es sich als Milliardär auch in Deutschland hervorragend leben. Zumal sich mit einigen Gestaltungskniffen auch die Erbschaftsteuer auf Firmenvermögen komplett umgehen lässt.

Jacht
Mehrere luxuriöse Jachten werden während der "International Monaco Yacht Show" präsentiert. (Bild: VALERY HACHE/AFP/Getty Images)

Es ist die typische Gelassenheit des alten Geldes, die viele deutsche Milliardäre an den Tag legen. Man hat es nicht mehr nötig, sich und anderen mit Luxuskonsum, spektakulären Kunstkäufen oder auch besonders prestigeträchtigen Sozialprojekten etwas zu beweisen.

Die Kehrseite dieser Gelassenheit: Deutschlands Milliardäre sind in den allermeisten Fällen bereits reich geboren worden. Das geerbte Unternehmen, das im besten Fall durch eigene unternehmerische Tätigkeit noch größer gemacht wird, ist das vorherrschende Muster. Echte Pionierunternehmer der ersten Generation sind selten geworden unter Deutschlands Milliardären. Und die wenigen Exemplare ihrer Gattung befinden sich oft schon in fortgeschrittenem Alter.

Dieter Schwarz, Brillen-Revolutionär Günther Fielmann, SAP-Lenker Hasso Plattner: Sie alle haben den 70. Geburtstag hinter sich. Der erste echte Selfmade-Milliardär der jüngeren Generation findet sich erst auf den mittleren Rängen des Rankings: Mobilfunkunternehmer Ralph Dommermuth aus Montabaur. Mit seinen politischen Zwischenrufen etwa zur Flüchtlingspolitik oder dem Mobilfunkausbau zählt er bereits zu den Lauteren unter Deutschlands Unternehmern, ebenso wie Multi-Gründer Oliver Samwer (Rocket Internet).

In den Biografien der meisten deutschen Milliardäre mischen sich anstrengungsloser Wohlstand durch Erbe mit eigener unternehmerischer Leistung. Typischerweise wurde das ererbte Unternehmen erfolgreich weitergeführt und im Wert deutlich gesteigert. Auch bei den Superreichen im übrigen Europa dominiert die Erbengeneration.

Bezeichnend, dass es sich bei den jüngsten Europäerinnen auf der weltweiten „Forbes“-Milliardärsliste nicht etwa um innovative Gründerinnen aus Berlin-Mitte handelt, sondern um Alexandra und Katharina Andresen, zwei 22- beziehungsweise 23-jährige Schwestern aus Norwegen. Den beiden wurde vorzeitig ein Anteil am väterlichen Industriekonglomerat übertragen – auch um die in Norwegen sehr hohe Erbschaftsteuer zu sparen.

USA: Machtbewusste Pioniere

Unter den westlichen Industrienationen sind die USA die einzige, in der es nach wie vor einen relevanten Anteil von jungen Unternehmensgründern unter den Superreichen gibt. Die weltweit jüngste Milliardärin ist laut „Forbes“ die 21-jährige Kosmetikunternehmerin Kylie Jenner, gefolgt vom 28-jährigen Snapchat-Gründer Evan Spiegel.

Menschen wie Jenner, Spiegel, Musk oder auch Bezos, der reichste Mann der Welt, zählen zu jener Unternehmergattung, in denen der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter einst den Motor der wirtschaftlichen Entwicklung sah: Weil solche Unternehmer Innovationen nicht nur einführen, sondern auch im großen Maßstab durchsetzen, können sie Pioniergewinne einstreichen und reich werden – ganz ohne allzu große Nähe zur Regierung.

Dabei ist Geld für diese Gattung der Selfmade-Milliardäre nicht einmal die Hauptantriebsquelle. Ihre Motivation ziehen sie laut Schumpeter vielmehr aus „Siegerwillen und Freude am Gestalten“. Dieser unbändige Drang zu Wucht und Wirkung war es, der zum Beispiel Spiegel gleich zweimal ein lukratives Übernahmeangebot von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ausschlagen ließ.

Bequeme Zeitgenossen sind diese Pionierunternehmer meist nicht. Ihr Drang nach Größe lässt sie oft rücksichtslos und selbstgerecht erscheinen. Und schon Schumpeter erkannte: Wenn sie die Gelegenheit haben, um ihr Unternehmen ein Monopol zu errichten, werden sie es ohne zu zögern tun. Zudem macht ihr Siegerwille meist nicht am Werkstor halt.

So versucht Bezos mit seinem privaten Vermögen nicht nur die Raumfahrt zu revolutionieren. Er hat auch die bekannte Tageszeitung „Washington Post“ gekauft, wurde dadurch zum Lieblingsfeind von US-Präsident Donald Trump. Mit der „Californian Ideology“ hat sich unter den Superreichen von der US-Westküste gar eine eigene politische Denkrichtung herausgebildet. Sie paart liberale gesellschaftspolitische Ansichten mit einer extremen Staatsfeindlichkeit und dem geradezu religiösen Glauben an den freien Markt.

Solch politischer Gestaltungsdrang ist Europas Milliardären, die in zweiter, dritter oder vierter Generation das Geld ihrer Familien verwalten, meist fremd. Der in der Schweiz lebende Baron August von Finck, Vermögen laut „Forbes“ 8,4 Milliarden Dollar, ist die Ausnahme von dieser Regel. Er unterstützt bereits seit vielen Jahren rechtskonservative Bewegungen, darunter mutmaßlich auch die AfD.

Ebenso selten sind in Europa Milliardäre, die wie die Reichen in Indien, Afrika oder Lateinamerika gute Kontakte zur Politik als Kerngeschäft sehen, mit deren Hilfe sie ihr Vermögen auf Kosten der übrigen Gesellschaft mehren. Zugleich fehlt in Europa und speziell in Deutschland auch die Innovationsdynamik, die von wachstumshungrigen Pionierunternehmern ausgeht.

Eine Gesellschaft bemisst sich auch daran, welchen Typ von Milliardären sie hervorbringt. Und umgekehrt prägen die Milliardäre mit ihrem Verhalten die Gesellschaft, in der sie leben. Der vergleichsweise geringe Geltungsdrang der deutschen Superreichen ist sicher gut für den sozialen Frieden in der Bundesrepublik. Aber dass die Zahl der Selfmade-Milliardäre in China explodiert, während die deutsche Milliardärsliste vor allem aus reichen Erben besteht, ist eine bedenkliche Nachricht für die Bundesrepublik.

Schließlich sind längst nicht alle Familienunternehmen in der fünften Generation noch so voller Freude am Gestalten wie Peter Lürßen, dessen Werftenverbund mittlerweile weit über die Unterweser hinausgewachsen ist. Inzwischen zählen auch Schiffsbaubetriebe in Hamburg, Wilhelmshaven, Rendsburg und Wolgast dazu.

Die Lürßens und ihre Angestellten leben gut von den Milliardären dieser Welt. So gut, dass die Familie inzwischen selbst in den einschlägigen Listen der Superreichen auftaucht: Das „Manager-Magazin“ schätzt den Wert des Familienvermögens, das vor allem aus den Anteilen an der Werft besteht, auf 1,1 Milliarden Euro.

Nguyen Thi Phuong Thao
Nguyen Thi Phuong Thao, die Chefin der vietnamesischen Airline Vietjet. (Bild: MARWAN NAAMANI/AFP/Getty Images)

Nguyen Thi Phuong Thao: Vernetzte Überfliegerin

Mit Geschäften unter schwierigen politischen Voraussetzungen hat Nguyen Thi Phuong Thao Erfahrung. Südostasiens erste Selfmade-Milliardärin legte den Grundstein für ihr Vermögen ausgerechnet in der Endphase der Sowjetunion. Mit 17 Jahren kam sie zum Studium der Wirtschaftswissenschaften dorthin und gründete mit 18 Jahren ihr erstes Unternehmen, das mit Faxgeräten und Latex handelte. Drei Jahre darauf war sie bereits Millionärin.

Zurück in ihrer Heimat Vietnam, einem kommunistischen Land, das den Kapitalismus zu lieben gelernt hat, machte sie mit der Billigfluglinie Vietjet Air Furore. Der Börsengang im vergangenen Jahr bekräftigte ihren Status als reichste Frau des Landes. Das US-Magazin „Forbes“ beziffert das Vermögen der 48-Jährigen auf 2,3 Milliarden Dollar.

Im Einparteienstaat Vietnam weiß Airlinechefin Thao gute Beziehungen zur kommunistischen Regierung zu pflegen, was sich für sie auszahlt. Im Jahr 2007 war ihr Unternehmen die erste private Fluggesellschaft, die in dem boomenden Schwellenland eine Betriebslizenz erhielt. Richtig durchstarten konnte sie 2011 – mit einer Billigfluglinie, die zunächst vor allem mit ihrer Werbung für Aufsehen sorgte: Ausgerechnet eine weibliche Chefin warb mit Flugbegleiterinnen, die sich nur in Bikinis präsentierten.

Inzwischen hat das Unternehmen mit einem Marktanteil von zuletzt 45 Prozent, gemessen an den Passagierzahlen im Inland, das Staatsunternehmen Vietnam Airlines als größte Fluglinie des Landes abgelöst.

Vietnams Wirtschaftsaufschwung machte es möglich, dass zwischen 2012 und 2017 die Passagierzahlen jährlich um durchschnittlich 29 Prozent stiegen – und damit auch Thaos Kontostand. „Ich habe mir nie ausgerechnet, wie groß mein Vermögen ist“, sagt sie in einem Interview. „Ich bin einfach nur darauf fokussiert, wie ich das Wachstum weiter anschieben kann.“

Die Milliardärin kommt aus einfachen Verhältnissen: Ihre Mutter war Lehrerin, ihr Vater Apotheker. Heute begleiten die mächtigsten Männer des Landes ihren Aufstieg – etwa als sie Anfang November 50 weitere Flugzeuge von Airbus bestellte. Vietnams Premierminister Nguyen Xuan Phuc kam zur feierlichen Unterzeichnung der Absichtserklärung.

Auch Nguyen Phu Trong, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei, wohnte bereits öfter den Events zur Vorstellung neuer Vietjet-Strecken bei. Da scheint es fast selbstverständlich, dass Thao die Behörden des Landes lobt: „Sie unterstützen uns sehr.“ Vietnams Regime sieht die Konkurrenz durch Privatunternehmen als einen Weg, um die teils schwerfälligen Staatsunternehmen zu mehr Effizienz zu drängen.

Zu Thaos Imperium gehört auch das Fünfsternehotel Furama in der Küstenstadt Danang. Besonders lohnend ist diese Investition für gute politische Kontakte. So war das Hotel im vergangenen Jahr Schauplatz des Asien-Pazifik-Gipfels Apec, zu dem zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Region anreisten.

Die Unternehmenschefin profitiert von einem der am schnellsten wachsenden Luftfahrtmärkte der Welt. Denn Vietnams Wirtschaftsaufschwung machte es möglich, dass zwischen 2012 und 2017 die Passagierzahlen jährlich um durchschnittlich 29 Prozent stiegen – und damit auch Thaos Kontostand. „Ich habe mir nie ausgerechnet, wie groß mein Vermögen ist“, sagt sie in einem Interview. „Ich bin einfach nur darauf fokussiert, wie ich das Wachstum weiter anschieben kann.“

Die Milliardärin kommt ursprünglich aus einfachen Verhältnissen: Ihre Mutter war Lehrerin, ihr Vater Apotheker. Heute begleiten die mächtigsten Männer des Landes ihren Aufstieg – etwa als sie Anfang November 50 weitere Flugzeuge von Airbus bestellte. Vietnams Premierminister Nguyen Xuan Phuc kam zur feierlichen Unterzeichnung der Absichtserklärung. Auch Nguyen Phu Trong, der Generalsekretär der Kommunistischen Partei, wohnte bereits öfter ihren PR-Events zur Vorstellung neuer Strecken bei.

Da scheint es fast selbstverständlich, dass Thao sich über die Behörden des Landes nur lobend äußerst: „Sie unterstützen uns sehr.“

Vietnams Regime sieht die Konkurrenz durch Privatunternehmen als einen Weg, um die teils schwerfälligen Staatsunternehmen zu mehr Effizienz zu drängen. Denn viele Manager der Staatsbetriebe sind inzwischen in Ungnade gefallen. Zahlreiche Korruptionsverfahren laufen gegen Manager von Unternehmen wie dem Ölkonzern Petro Vietnam.

Über die von Thao kontrollierte Holding-Gesellschaft Sovico verfügt die Vietjet-Gründerin selbst über Geschäftskontakte zu Petro Vietnam. Sie investierte in Partnerschaft mit dem Staatsbetrieb in Offshore-Ölprojekte. Zu Sovico gehören außerdem Immobilienprojekte wie Dragon City in Ho-Chi-Minh-Stadt und Beteiligungen an dem lokalen Geldhaus HD Bank.

Zu Thaos Imperium gehört aber auch das Fünf-Sterne-Hotel Furama in der Küstenstadt Danang. Besonders lohnend ist diese Investition für gute politische Kontakte. So war das Hotel im vergangenen Jahr Schauplatz des Asien-Pazifik-Gipfels Apec, zu dem zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Region anreisten. Auf das internationale Geschäft von Vietjet bezogen, dürften die dort geknüpften Kontakte höchst wertvoll gewesen sein.

Mathias Peer

Gautam Adani
Gautam Adani, der Vorsitzende der Adani Group. (Bild: SAM PANTHAKY/AFP/Getty Images)

Gautam Adani: Modis guter Freund

Es darf ruhig prunkvoll sein, wenn in Indien Hochzeit gefeiert wird. Doch ein von Milliardär Gautam Adani gegebenes Fest sprengte selbst indische Dimensionen. Als der Milliardär zur Trauung seines Sohnes Karan einlud, feierten 22 000 Gäste drei Tage lang – unter anderem in Goa.

Dabei gilt Adani in seinem Heimatland noch als vergleichsweise bescheidener Milliardär. So ist sein Anwesen in seinem Geburtsort Ahmedabad zwar groß, aber eher schlicht. Und auch seine Autosammlung oder die drei Privatjets eignen sich nicht dazu, seine indischen Milliardärskollegen zu beeindrucken. Derartige Statussymbole sind unter Indiens Superreichen Standard.

Aktuell wird Adanis Vermögen laut „Forbes“-Liste auf 8,7 Milliarden US-Dollar beziffert. Laut „Forbes“ tummeln sich 106 Milliardäre auf dem Subkontinent. Die heutigen Schwerreichen haben sich fast alle ihr Vermögen in den Boomjahren des vergangenen Jahrzehnts erarbeitet.

Entscheidend für den Erfolg der indischen Milliardäre sind dabei ihre politischen Kontakte – wobei es dabei nicht immer nach Recht und Gesetz zugeht. Selbst die als relativ „sauber“ geltenden Unternehmer der IT-Branche sind in zahlreiche Korruptionsskandale und Spendenaffären verwickelt. Zur Rechenschaft gezogen werden sie selten.

Dabei versteht Milliardär Adani das Spiel mit den Politikern so gut wie kaum ein Zweiter. Denn viele seiner Unternehmungen wären ohne staatliche Aufträge, Steuerrabatte, Konzessionen oder Anschubfinanzierungen nicht möglich gewesen. Heute gehören dem 56-Jährigen Häfen, Krankenhäuser, Minen und Industrieparks. Selbst im Rüstungsgeschäft mischt er mit, baut gemeinsam mit dem schwedischen Konzern Saab Kampfflugzeuge für die indische Luftwaffe.

Adanis mächtigster Verbündeter ist Indiens Ministerpräsident Narendra Modi, der zuvor Regierungschef in Adanis Heimatbundesstaat Gujarat war. Es dürfte kaum ein Zufall gewesen sein, dass der Politiker dem Unternehmer zu seinem wohl wichtigsten Projekt verhalf: einem riesigen Hafen samt Industriepark in Gujarat bei Mundra.

Laut indischen Medienberichten soll Adani das Land von Modi praktisch umsonst bekommen und dann teuer vermietet haben. Im Jahr 2009 erklärte Gujarats Regierung das Gebiet dann auch noch zur Sonderwirtschaftszone mit vergünstigten Steuersätzen. Als Regierungschef schließlich ließ Modi auch noch eine Umweltstrafe gegen das Projekt fallen.

Es gibt wohl kaum einen Vorwurf, der Adanis Firmenimperium nicht schon gemacht wurde: Korruption, Geldwäsche, Steuerhinterziehung. Dennoch: Auf höchst mysteriöse Weise wurden viele Verfahren eingestellt, andere ziehen sich in unerklärbare Länge.

Dazu zählt etwa der Vorwurf der indischen Anti-Schmuggel-Behörde gegen Adanis Unternehmen, 750 Millionen Euro erschwindelt zu haben: Zu hohe Importpreise für Kohle seien angegeben worden, um höhere Strompreise zu verlangen. Das Verfahren läuft seit zehn Jahren.

Frederic Spohr

Aliko Dangote
Aliko Dangote (l.) neben Frankreichs Präsident Macron. (Bild: GEOFFROY VAN DER HASSELT/AFP/Getty Images)

Aliko Dangote: Gigantische Pläne für Nigeria

Bislang ist es sein nach eigenen Angaben „verrücktestes Projekt“. Aliko Dangote, der reichste Mann Afrikas, plant es in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos. Auf 2 500 Hektar Sumpfland will er bis zum Jahr 2020 eine zwölf Milliarden Dollar teure Ölraffinerie bauen. Sie soll Nigeria und seine hochkorrupte, mit Subventionen gepäppelte Ölbranche verändern.

Entstehen soll die weltweit größte Raffinerie, in der täglich 650.000 Barrel Rohöl zu Benzin verarbeitet werden sollen. Bislang muss Nigeria Benzin mit Devisen teuer importieren – zu marode sind die heimischen Raffinerien. Die nun geplante Anlage soll später zudem drei Millionen Tonnen Dünger und auch Diesel herstellen. Eine Plastikproduktion soll ebenfalls entstehen.

Dangotes Pläne sind so gigantisch, dass die sonst eher nüchterne „Financial Times“ vom „afrikanischen Äquivalent zur Mondlandung“ schwärmte. Dass ihm das Megaprojekt auch viele Feinde beschert, nimmt der 61-Jährige hin. „Nigeria ist eine extrem harte Gesellschaft“, sagt er. „Nur die Härtesten überleben hier und werden reich.“

Insgesamt verfügen Afrikas 23 Dollar-Milliardäre über ein Gesamtvermögen von 75 Milliarden Dollar. Damit landet der Kontinent auf der Reichenliste des US-Magazins „Forbes“ abgeschlagen im Hinterfeld.

Für Dangote, den reichsten Mann Afrikas, begann der Aufstieg Ende der 1970er-Jahre als einfacher Händler mit dem Kauf von Importlizenzen für Salz, Zucker, Mehl, Reis und vor allem Zement. Inzwischen herrscht der gläubige Muslim aus dem islamisch geprägten Norden des Landes über ein riesiges Konglomerat. Dabei glänzen vor allem die Zahlen der Zementtochter Dangote Cement: Im Schnitt erwirtschaftet das Unternehmen eine operative Marge von fast 50 Prozent.

So ist Dangote begütert, aber durch seine engen Kontakte zur Politik ebenso umstritten: Seine Bewunderer loben seinen Mut, Nigerias Industrie zu gestalten. Seine Kritiker bezeichnen ihn als Opportunisten, der von seinen sehr guten Beziehungen zu Nigerias langjährigem Staatschef Olusegun Obasanjo profitiert habe. So fällt dessen Amtszeit (1999 bis 2007) wohl nicht zufällig mit den ertragreichsten Jahren des Unternehmens zusammen. Damals erhielt Dangote auch sein Zementmonopol.

In gute Beziehungen zu setzen wusste Dangote sich außerdem mit den Militärregimen. Der Milliardär verheimlicht das nicht, begründet vielmehr seine Haltung. Wer in einem politisch derart unruhigen Umfeld wie in Nigeria investiere, sagt er, sei gezwungen, Einfluss zu nehmen. Aber die hohen Renditen entschädigten für das mit Afrika verbundene Risiko. Die jungen Staaten des Kontinents bräuchten zudem einen gewissen Protektionismus, um wettbewerbsfähig zu werden.

Dangotes Reichtum bremst bislang nicht seinen Unternehmergeist. Der Unternehmer taktet sich hart, schläft selten mehr als fünf Stunden. Sobald die Ölraffinerie in Betrieb ist, möchte er kürzertreten. Seinen Lieblingsverein Arsenal London plant er für rund zwei Milliarden Dollar zu kaufen – und ihn genauso umzubauen wie Nigeria. Auch präsidiale Ambitionen werden Dangote nachgesagt. Er selbst hält sich bedeckt: „Nigeria hat nie wirklich visionäre Führer gehabt. Dabei gibt es kein Land in Afrika, das unsere Energie besitzt.“

Wolfgang Drechsler

Alexandra Andresen: Nordische Kombination

Geld allein macht nicht glücklich. Aber hat man es erst einmal, kann das Leben um so vieles einfacher sein. Die erst 22-jährige Alexandra Andresen aus Norwegen macht keinen Hehl daraus, dass ihr Reichtum ihr bislang ein sorgenfreies Leben beschert hat. Auf Instagram und Facebook lässt sie ihre Follower teilhaben: Reisefotos, mal im Bikini, mal in voller Montur, Pferdebilder und natürlich die Bekanntgabe der eigenen Verlobung.

Alexandra ist ebenso mitteilungsbedürftig wie viele junge Menschen ihres Alters. Dennoch unterscheidet sie sich in einer nicht ganz unwesentlichen Kleinigkeit: Zusammen mit ihrer Schwester Katharina führt die Norwegerin die Liste der jüngsten Milliardäre des US-Magazins „Forbes“ an – und das bereits zum dritten Mal.

Das Vermögen der Schwestern wird auf jeweils 1,4 Milliarden Dollar geschätzt – erarbeiten mussten es sich die Norwegerinnen nicht. Vielmehr haben Alexandra und Katharina Andresen den frühen Reichtum der norwegischen Steuergesetzgebung und ihrem Vater zu verdanken. Denn bereits vor zwölf Jahren überschrieb Johan H. Andresen 84 Prozent seines Investmentunternehmens Ferd den Töchtern.

Über Ferd ist die Andresen-Familie bis heute unter anderem an Immobilen, IT-Unternehmen, dem dänischen Arzneimittelriesen Novo Nordisk, dem Autozulieferer Autoliv, der Fluggesellschaft Norwegian Air Shuttle, dem Anlagenbauer Aker Solutions und vielen anderen Firmen vor allem in Nordeuropa beteiligt.

Mit einem Investmentkapital von mehr als 3,3 Milliarden Euro gehört Ferd zu den größten Familienunternehmen des Landes. Beide Töchter erhielten jeweils 42 Prozent zugeteilt. Das Vermögen schon in jungen Jahren auf die Töchter zu übertragen, war eine legale Möglichkeit, die damals sehr hohe Erbschaftsteuer in Norwegen zu umgehen. Für Alexandra und Katharina Andresen war es die Eintrittskarte in den Club der Milliardäre.

Dass das aber erst vor wenigen Jahren bekannt wurde, liegt ebenfalls am norwegischen Steuersystem. Denn bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres muss niemand eine Steuererklärung abgeben. Die Vermögensverhältnisse der beiden Andresen-Töchter blieben auf diese Weise zunächst geheim.

In die Fußstapfen des Vaters will aber nur eine der Schwestern treten: Katharina Andresen absolvierte nach einem Wirtschaftsstudium in Amsterdam bereits mehrere Praktika außerhalb und innerhalb des Konzerns. Dagegen verfolgt Alexandra andere Pläne. „Ich träume davon, irgendwann einmal einen eigenen Stall zu besitzen und Pferde zu züchten“, erklärte sie im unternehmenseigenen „Ferdmagasinet“.

An ihrer Karriere als Dressurreiterin arbeitete sie von Kindheit an. Dank ihrer vermögenden Eltern trainierte sie auf eigenen Pferden, absolvierte eine Ausbildung zur Dressurreiterin in Norwegen, Deutschland und den USA, gewann mehrere nationale Wettbewerb. Aufgestellt wurde sie auch für die Jugendnationalmannschaft. Ihr ganzer Stolz: Die Silbermedaille bei den Nachwuchseuropameisterschaften.

Helmut Steuer

Wu Yajun: Einfach besser sein

Kontakte sind Gold wert. Das berücksichtigt auch Wu Yajun, 54-jährige Gründerin des Immobilienentwicklers Longfor. So steht sie im guten Einvernehmen mit der kommunistischen Führung ihres Landes. In den vergangenen Jahren besuchten alle wichtigen Regierungsvertreter ihr Unternehmen. Wu selbst nahm schon mehrfach als Delegierte ihrer Heimatstadt Chongqing am alljährlichen Volkskongress teil. Zweifellos habe Longfor von der Regierung „große politische Unterstützung erhalten“, urteilt Kenneth Tse, Vizepräsident bei Morgan Stanley.

Laut aktueller Liste des Magazins „Forbes“ beläuft sich Wus Vermögen auf 9,4 Milliarden Dollar. Vergangenen November übertrug sie ihre Unternehmensanteile (43,9 Prozent) an ihre Tochter. Noch mehr wären es wohl gewesen, hätte sie sich 2012 mit 2,6 Milliarden Dollar nicht die teuerste Scheidung der chinesischen Geschichte geleistet. Ihrem Ehemann Cai Kui trat sie damals 40 Prozent ihrer Anteile ab.

Wus Erfolg erklärt sich auch durch das Beschreiten unkonventioneller Wege. Das bewies sie schon zu Beginn ihrer Karriere: Für ihr erstes Immobilienprojekt mietete sie sich 1995 ein kleines Zimmer in der Nähe der Baustelle, nutzte es tagsüber als Büro, nachts als Schlafzimmer. Fünf Monate kehrte sie nicht in ihre eigene Wohnung zurück. Unter potenziellen Kunden sprach sich ihr Einsatz schnell herum.

Positiv von ihrer Konkurrenz hob sich Wu auch als Managerin ab, bewertete junge Talente nicht nach Leistung, sondern nach ihrem Potenzial. Was Wu aber nicht verschweigt, ist, dass ihr zu Beginn ihrer Karriere die an Frauen und Männern unterschiedlich angelegten Maßstäbe durchaus zu schaffen machten. „Jeder erwartet von Frauen, dass sie lieb und nett sind“, sagte sie jüngst.

Statt sich aber davon beeindrucken zu lassen, arbeitete sie noch professioneller und stringenter als ihre männlichen Wettbewerber. Konkurrent Wang Shi, der Ex-Chef des Immobilienriesen Vanke, lobt: „Longfor ist vielleicht nicht das größte Unternehmen, aber ganz bestimmt das Beste.“

In ihrem Unternehmen achtet die Chefin auf Gleichstellung in vielerlei Hinsicht. Im Firmenhandbuch sind viele Sitten chinesischer Unternehmenskultur verboten. So ist die Bürogröße bei allen Mitarbeitern gleich begrenzt, niemand trägt den Koffer seines Vorgesetzten, Sitzordnungen bei Konferenzen erfolgen nicht nach Hierarchie.

Trotz ihres enormen Erfolgs hält sich Wu dennoch an eine eiserne Regel: Sie tritt fast nie vor die Kamera. Damit ist sie in guter Gesellschaft von Chinas Superreichen. Auch die 71-jährige Tao Huabi, Erfinderin der beliebten Chilisoßen-Marke Lao Gan Ma, hat trotz ihres Milliardenvermögens nie ein Interview gegeben.

So ist das Rampenlicht einigen extrovertierten Milliardären vorbehalten wie Alibaba-Gründer Jack Ma oder Wanda-Chef Wang Jianlin. Sie geben ganz gerne ein Ständchen übers Mikrofon oder lassen Kung-Fu-Filme produzieren – mit sich selbst als Superhelden.

Sha Hua

Jeff Bezos
Amazon-Chef Jeff Bezos bei einer Veranstaltung in Beverly Hills. (Bild: Emma McIntyre/Getty Images)

Jeff Bezos: Jäger seiner Träume

Zuletzt hat er vor allem mit der angekündigten Scheidung von seiner Frau von sich reden gemacht. Sonst zeigt sich Jeff Bezos auch mal mit einem Roboterhund an der Leine oder inszeniert sich in Pilotenjacke vor einer Raumfahrtkapsel. Bezos ist als Gründer und Chef von Amazon zum reichsten Menschen der Welt aufgestiegen.

Sein Geld nutzt er, um sich seine Träume zu erfüllen, die manchmal fast kindlich anmuten. In seinem Haus in Seattle habe er sich offenbar in der Bibliothek hinter einem Bücherschrank eine geheime Treppe einbauen lassen, die in einen versteckten Raum führt – ein Jungentraum.

Auch mit seinen Investitionen in sein Raumfahrtunternehmen Blue Origin verfolgt er einen Kindheitstraum. Bezos hat selbst einmal erzählt, er sei vom Weltraum fasziniert, seit er als Fünfjähriger die Mondlandung im Fernsehen verfolgt habe.

Seine Frau, die frühere Bankerin und heutige preisgekrönte Buchautorin MacKenzie Bezos, hatte der Princeton-Absolvent in New York bei der Arbeit in einer Investmentfirma kennen gelernt. Die beiden haben vier Kinder.

Für US-Präsident Donald Trump ist der Amazon-Chef ein rotes Tuch. Trump wirft ihm vor, zu wenig Steuern zu zahlen und mit der von Bezos gekauften Zeitung „Washington Post“ Fake News zu streuen. Nun freut sich Trump auf Twitter, dass der „National Enquirer“ Bezos“ Affäre aufgedeckt hat, die wohl Grund für seine Scheidung ist.

Aber nicht nur Trump kritisiert Bezos. Auch der Linksdemokrat Bernie Sanders wirft ihm vor, seine Mitarbeiter nicht anständig zu behandeln und zu bezahlen. Als Chef gilt Bezos als extrem fordernd. Auf der Suche nach dem zweiten Hauptsitz ließ er die verschiedenen Städte gegeneinander antreten, um ihm Steuernachlässe zu bieten.

Auch privat behält er das meiste Geld für sich. Im Vergleich zu Bill Gates und Warren Buffett, die den Großteil ihres Vermögens in eine gemeinsame, wohltätige Stiftung vereint haben, fallen die Spenden von Bezos mit zweistelligen Millionensummen eher mager aus. Aber in Zukunft, wenn Bezos geschieden ist, könnte er auch nur noch halb so reich sein.

Katharina Kort

Jorge Paulo Lemann
Jorge Paulo Lemann (2. v. r.) während einer Pressekonferenz. (Bild: Michael Reaves/Getty Images)

Paulo Lemann: Bierkönig unter Druck

Einen König des globalen Biermarkts stellt man sich barocker vor. Jorge Paulo Lemann, der 79-jährige Brasilianer mit dem Schweizer Pass, ist ein hagerer Asket. Weilt er in São Paulo, dann hält er sich auch heute noch durch tägliches Tennisspielen fit. Morgens um sechs und auf seinem privaten Tennisplatz natürlich.

Der reichste Südamerikaner, der mit einem Vermögen von etwa 22,8 Milliarden Dollar auf Platz Nummer 35 der „Forbes“-Liste steht, wohnt allerdings in Rapperswil-Jona am Zürichsee – seit seine drei Kinder aus zweiter Ehe in São Paulo bei einem Entführungsversuch überfallen und beschossen wurden.

In Bahia, im Nordosten Brasiliens, ist Lemanns Familie durch Kakaoanbau wohlhabend geworden. Lemann junior versuchte sich zunächst mit einer eigenen Investmentbank, doch als er die Asienkrise vor der Jahrtausendwende unterschätzte, musste er an Crédit Suisse verkaufen und begann mit 50 Jahren noch mal ganz neu.

Einer deutschstämmigen Familie kaufte er deren Brauerei Brahma für 60 Millionen Dollar ab. Lemann hatte beobachtet, dass viele Unternehmerclans in Lateinamerika durch Bier wohlhabend geworden waren. „Das können nicht alle Genies sein“, schloss Lemann. „Bier in den Tropen scheint ein lukratives Geschäft zu sein.“

Er behielt recht und schaffte mit mehreren Übernahmen (Anheuser-Busch, SAB Miller) den Aufstieg zum größten Brauer weltweit. Anschließend diversifizierte er weiter in den Food-Bereich. „Groß oder klein träumen – das macht die gleiche Arbeit“, sagt er.

Lemanns Aufstieg ist typisch für Milliardäre aus Lateinamerika: Sie setzen auf geschützte Märkte, auf denen sie ihre politischen Verbindungen nutzen können. So hat Lemanns Ambev bis heute einen Marktanteil von rund zwei Dritteln in Brasilien. Doch die Wettbewerbsbehörde sah das nie als Problem.

Seit zwei Jahren jedoch kommt sein Imperium unter Druck. Allein Inbev hat die Hälfte seines Börsenwerts verloren. Die Konsumenten trinken Craft Beer statt Massenbier. „Wir sind heute wie aufgeschreckte Dinosaurier, die sich an die bequeme Markenwelt gewöhnt haben“, sagte Lemann kürzlich. Er werde kämpfen. Kein Problem, selbst mit 79 Jahren.

Alexander Busch

Ralph Dommermuth: Macher aus Montabaur

Er war 31, als er eigentlich ausgesorgt hatte. Damals holte sich der einstige Banklehrling Ralph Dommermuth ein paar Risikokapitalfirmen in seine noch junge Firma 1 & 1 – und war auf einen Schlag 14 Millionen Mark reicher. Was machte Dommermuth? Er arbeitete einfach weiter.

Zwar versprach er seinen vier Vorständen: Wenn das Unternehmen mehr als 100 Millionen Mark Gewinn abwerfe, werde er jedem einen Ferrari bestellen. Und als es so weit war, rief er den Händler an, sagte: „Heute ist Ihr Glückstag“, und orderte fünf. Das war’s dann aber auch schon mit neureichen Frivolitäten.

Mittlerweile ist United Internet ein Riese, und Dommermuth – Gründer, Großaktionär sowie Vorstandschef – wird von „Forbes“ auf ein Vermögen von 3,5 Milliarden Dollar geschätzt. In der Bundesrepublik, dem Land der Erben, ist er einer der wenigen Selfmade-Milliardäre.

Er hatte zum richtigen Zeitpunkt – Mobilfunk und Internet kündigten sich gerade erst an – die richtigen Ideen. In so einem Neuland waren schon die Nachkriegs-Wirtschaftswunder-Könige groß geworden. Und was die wie auch Dommermuth auszeichnet: Instinkt fürs Geschäft, Kundenorientierung und – vor allem – Zähigkeit.

Als der Neue Markt zusammenbrach, sanierte er sein Unternehmen und war am Ende einer der wenigen Überlebenden der Dotcom-Blase. Es sei „einfach, zu sagen, dass Geld nicht das Wichtigste ist“, findet Dommermuth heute. „Aber im beruflichen Alltag spielt es natürlich eine wichtige Rolle, denn der Erfolg eines Unternehmers ist immer eng mit seinen unternehmerischen Leistungen verbunden. Und die werden hauptsächlich in Euro gemessen.“

United Internet könnte indes aktuell deutlich wertvoller sein. Der Kurs schmierte zuletzt ab. Der Grund: Seit dieser Woche bietet Dommermuths Tochterfirma 1 & 1 Drillisch bei den Frequenzauktionen rund um den neuen Mobilfunkstandard 5G mit.

Dommermuth will es noch mal wissen, will neben Telekom, Vodafone und Telefónica ein eigenes Netz aufbauen. Aktionäre mögen solche Abenteuer nicht. Aber der nunmehr 55-jährige Milliardär aus Montabaur will sich später nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben.

Thomas Tuma

Kylie Jenner
Kylie Jenner bei der diesjährigen Verleihung der Grammys. (Bild: Matt Winkelmeyer/Getty Images)

Kylie Jenner: Reich durch Schönheit

Kylie Jenner schlägt Mark Zuckerberg. Mit nur 21 Jahren hat es die Kosmetik-Unternehmerin laut Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zu ihrer ersten Milliarde Dollar gebracht. Der Facebook-Gründer dagegen war 23, als er die Milliardenschwelle überschritt. Erst Anfang des Monats hat „Forbes“ Jenner zur bislang ersten Selfmademilliardärin der USA gekürt. Dabei setzt die Meisterin der sozialen Medien vor allem auf ein Marketingmittel: sich selbst.

Auf ihrem Instagram-Account zeigt sie abwechselnd Kylie im schwarzen Bustier, Kylie im grauen Python-Hosenanzug, Kylie mit Baby auf dem Arm, Kylie mit „Kylie“-Puder-Dose in der Hand. 129 Millionen Instagram-Fans folgen ihr dabei. 2015 hat sie mit 18 Jahren ihre Kosmetik-Linie gegründet.

Als Teil des berühmten Kardashian-Clans, dessen Luxusleben in der Fernseh-Serie „Keeping Up with the Kardashians“ dokumentiert wird, nutzte sie ihre Bekanntheit als Startvorteil. Sie ist die Tochter von Kris Jenner und dem früheren Zehnkampf-Olympiasieger Bruce Jenner, der seit 2015 als Frau unter dem Namen Caitlyn lebt. Kylie Jenner hat eine Schwester – das erfolgreiche Model Kendall Jenner – und zahlreiche Halbgeschwister.

Mit ihrer Firma „Kylie Cosmetics“ ist die junge Mutter einer Tochter in dem stark wachsenden Markt der Farbkosmetik unterwegs. Kylie offeriert alles vom Lidschatten über Augenbrauenstift und Puder bis zum Lippenstift.

Angefangen hat Jenner mit einem Lippen-Kit inklusive Konturenstift und Flüssig-Lippenstift für 29 Dollar, den sie online verkaufte. Mittlerweile setzt „Kylie Cosmetics“ schätzungsweise 360 Millionen Dollar um. Dabei operiert Jenner mit nur wenigen Angestellten sehr profitabel. Produktion und Verpackung hat sie an Seed Beauty in Kalifornien ausgelagert, den Verkauf und die Abwicklung an Shopify. Eine Management-Innovation, die Jenner zur Pionierunternehmerin adelt.

Finanzen und PR übernimmt ihre geschäftstüchtige Mutter, die angeblich zehn Prozent vom Profit aller ihrer Kinder kassiert. Aller Inszenierung auf Instagram zum Trotz: Kylie Jenner ist mehr als nur schön.

Katharina Kort

Prinz Alwaleed bin Talal: Gut investiert

Eines macht der saudische Multimilliardär Prinz Alwaleed bin Talal Al Saud anders als andere Superreiche: Während die nach Veröffentlichung ihrer vermeintlichen Vermögen in der berühmten Geldrangliste von „Forbes“ fluchen, verklagte Prinz Alwaleed das Blatt – sein Reichtum sei zu niedrig geschätzt. Dabei hat der 64-Jährige derweil ganz andere Probleme.

Denn niemand weiß, wie viel seines Vermögens er nach der monatelangen Inhaftierung im Nobelhotel Ritz-Carlton in Riad abgeben musste. Wegen Korruptionsverdachts hatte der junge Kronprinz Mohammed bin Salman im Jahr 2017 gut 100 Unternehmer, Politiker, Beamte und Militärs dorthin bringen lassen. Alwaleed, Sohn des früheren saudischen Telekommunikations- und Finanzministers und Mitglied der Königsfamilie der Al Sauds, behauptet im Gegensatz zu anderen bis heute, nicht gezahlt zu haben.

Mit dem Kronprinzen geriet Alwaleed früh aneinander. Der Ältere ließ bereits Frauen seine Privatjets fliegen, bevor der Thronfolger in spe überhaupt erlaubte, dass Frauen in Saudi-Arabien Auto fahren dürfen. Und er forderte in einem Handelsblatt-Interview, dass „die Menschen ihre Parlamente wählen können müssen. Und dann müssen die Parlamente auch wirklich das Sagen haben.“

15.000 Dollar Startkapital und eine 1,5 Millionen Dollar teure Villa bekam er von seinem Vater geschenkt, nachdem er 1979 seinen MBA am Menlo College in Kalifornien gemacht hatte. 1996 gründete er die Kingdom Holding Company (KHC), wurde bald darauf der „Warren Buffett Arabiens“ (so das Magazin „Time“).

Sein Einstieg bei der seinerzeit kriselnden und dann sanierten Citibank machte ihn als Risikokapitalisten bekannt. Aktien von Ebay, AOL und Kodak verkaufte er rechtzeitig und investierte in Twitter, die Hotelketten Four Seasons und Accor, Apple, News Corp., den chinesischen Internethändler Jingdong, den saudischen Petrochemiekonzern Tasnee sowie in den Fahrdienstleister Lyft. Zuletzt erwarb er 2,3 Prozent an Snapchat für 250 Millionen Dollar.

Mathias Brüggmann

Gennadi Timtschenko: Putins Judokumpel

Gennadi Timtschenko, der als Sohn eines sowjetischen Offiziers Jahre seiner Kindheit in der DDR verbrachte, hat schon früh vorgebaut, und das gleich doppelt: Der heute 66-Jährige hat sich bereits vor Jahren neben der russischen die finnische Staatsbürgerschaft gesichert.

Man weiß nie schließlich, was in der Heimat noch alles passiert. Vor allem aber hat er Anfang der 1990er-Jahre als Mitarbeiter einer Raffinerie bei Sankt Petersburg mit einem gewissen Wladimir Wladimirowitsch Putin eine Firma gegründet. Putin war gerade aus Dresden als KGB-Spion in seine Heimatstadt an der Newa zurückgekehrt und zum Vizebürgermeister aufgestiegen, zuständig für Außenwirtschaft. Nun investierten die beiden gemeinsam ins Ölexportgeschäft.

Die Beziehung zwischen den beiden ist seitdem nie abgerissen. Timtschenko wird von westlichen Geheimdiensten verdächtigt, mit und für den heutigen Staatschef Putin Milliarden ins Ausland geschafft zu haben, und zwar über Unternehmen wie den Ölhändler Gunvor und Beteiligungen von Timtschenkos Volga Group. Von den USA wurde er auf die Sanktionsliste gesetzt, wie auch andere enge Putin-Vertraute.

Timtschenko, Mitbegründer des Judoklubs Jawara-Newa (Ehrenpräsident: Wladimir Putin), ist ein Musterbeispiel dafür, in Russland ein Vermögen aufzubauen: Das funktioniert dort nur mit der Staatsmacht, nicht gegen sie.

Heute soll Timtschenko mit 20,1 Milliarden Dollar der fünftreichste Oligarch sein und laut „Forbes“ so viel besitzen wie nie zuvor. Erwirtschaftet hat Timtschenko sein aus kaum überschaubaren Firmenbeteiligungen bestehendes Riesenvermögen als Rohstoffhändler. Ferner als Großaktionär beim Gaskonzern Novatek und der Ölexportfirma Transoil sowie durch Anteile am Petrochemieriesen Sibur, bei dem Putins Schwiegersohn den Ton angibt.

Vor allem aber auch als Mehrheitsaktionär beim Baukonzern Strojtransgas, der für den Gasriesen Gazprom Pipelines verlegt. Bei Gazprom übrigens schwingt heute Alexej Miller als CEO das Zepter, Putins früherer Assistent aus Sankt Petersburger Zeiten.

Mathias Brüggmann