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Auf der Jagd nach grüner Rendite – Erste Experten warnen vor Nachhaltigkeits-Blase

Ökologische und soziale Kriterien werden Anlegern immer wichtiger. Banken und Konzerne müssen sich anpassen. Nachhaltig investieren, nachhaltig managen: Wie geht das?

Wasserstoff soll Kohle ersetzen. Foto: dpa
Wasserstoff soll Kohle ersetzen. Foto: dpa
  • Immer mehr Anleger investieren ihr Geld anhand von ökologischen und sozialen Kriterien. Grüne Finanzprodukte werden zum Megamarkt. Wie lange wird der Nachhaltigkeitsboom anhalten?

  • Nachhaltiges Wirtschaften hat viele Dimensionen. Das schafft Spielräume für das Managementerschwert aber auch die Überprüfung für Investoren.

  • Auch Durchschnittssparer haben die Möglichkeiten, ihr Geld nachhaltig anzulegen. Welche Lösungen sich für Privatanleger anbieten, lesen Sie hier.

  • Stefan Freytag, Vorstand von Deutsche Oppenheim Family Office, spricht im Interview mit dem Handelsblatt über nachhaltige Geldanlage, politischen Druck und schwierige Anlageklassen.

Wenn Simon Bond investieren will, muss er sich ins Zeug legen. Ganz ähnlich wie ein Gründer, der frisches Geld für sein Start-up sucht. Daher sagt der Fondsmanager vom Vermögensverwalter Columbia Threadneedle auch „Pitch“, wenn er etwa Gespräche mit Bundesbankern oder britischen Regierungsbeamten meint. „Ich greife tief in die Trickkiste, um mit meinen Argumenten durchzudringen“, sagt Bond.

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Er verwaltet einen Fonds, der auf nachhaltige Anleihen spezialisiert ist. Und er hat eine Mission: möglichst viele Regierungen davon zu überzeugen, grüne oder nachhaltige Staatsanleihen auf den Markt zu bringen, in die sein Fonds dann investieren kann.

Axel Bendiek muss dagegen keine Überzeugungsarbeit mehr leisten. Als „Head of Treasury“, also Abteilungsleiter Finanzierung im Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen, trifft er sich zwar regelmäßig mit Investoren. Doch die Nachhaltigkeitsanleihen des Landes Nordrhein-Westfalen finden ohnehin reißenden Absatz.

Kürzlich suchte Bendiek Geldgeber für zwei Milliarden Euro, mit denen die Landesregierung Kliniken energetisch sanieren und Universitäten fördern will. Der Beamte hätte stattdessen auch acht Milliarden Euro einsammeln können, so sehr rissen sich die Anleger um die als „nachhaltig“ etikettierte NRW-Anleihe.

Bond und Bendiek sind Vorreiter eines Trends, der mittlerweile Billionen von Euro bewegt. Eines Trends, der nicht nur die Finanzmärkte verändert, sondern womöglich auch die Spielregeln der Marktwirtschaft insgesamt. „Sustainable Finance“ – zu Deutsch etwa: nachhaltige Finanzen – beschreibt die Entwicklung, dass Banken, Versicherungen, Vermögensverwalter und Privatanleger zunehmend wissen wollen, was mit dem von ihnen bereitgestellten Geld passiert.

Rendite ist für sie nicht mehr das Einzige, was zählt. Sie wollen zudem das Gefühl haben, in eine bessere Welt zu investieren: Sinkende CO2-Emissionen, weniger Müll, bezahlbarer Wohnraum und Bildung für alle. Diese neuen Zielvorgaben werden im Jargon der Sustainable-Finance-Branche mit drei Buchstaben zusammengefasst: ESG. Das Kürzel steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung).

Auch die EU-Institutionen haben sich am Donnerstag darauf geeinigt, einheitliche Kriterien für nachhaltige Geldanlagen und verbindliche Umwelt-Reportings für Konzerne einführen zu wollen und damit den ESG-Trend weiter voranzutreiben.

Banken und Fondsmanager, so die Idee hinter Sustainable Finance, sollen richten, woran die Politik bislang gescheitert ist: die globalen Kapitalströme dergestalt umzulenken, dass Unternehmen und auch Staaten aus purem Eigeninteresse zum nachhaltigen Wirtschaften gezwungen werden – weil sie sonst mit höheren Finanzierungskosten bestraft oder gleich ganz von der Kapitalversorgung abgeklemmt werden.

So geschehen 2017, als die niederländische Großbank ABN Amro und fünf weitere Geldhäuser die Kredite für die geplante Dakota-Access-Pipeline in den USA strichen, weil der Stamm der Standing-Rock-Sioux-Indianer dem Bau des ökologisch umstrittenen Projekts seine Zustimmung verweigerte.

Immer häufiger kürzen Banken schmutzigen Unternehmen die Kreditlinie, stoßen große Vermögensverwalter Kohleinvestments ab. Gleichzeitig stürzen sich Investoren auf nahezu alle Anlageprodukte, die mit dem ESG-Kürzel werben. Lara Kesterton, Analystin beim Schweizer Vermögensverwalter Vontobel, schätzt unter Berufung auf Daten des „Global Sustainable Investment Review 2018“, dass Ende 2018 bereits rund 18 Billionen US-Dollar nach ESG-Kriterien angelegt wurden.

Das entspricht einer Steigerung von 69 Prozent gegenüber Ende 2016. Demnach ist die Berücksichtigung von ESG-Kriterien aber nur eine von mehreren Nachhaltigkeitsstrategien. Andere sind zum Beispiel Ausschlussverfahren für bestimmte Aktien oder die Auswahl der jeweils Branchenbesten.

Nimmt man alle Strategien zusammen, wurde Ende 2018 weltweit bereits eine Summe von rund 30 Billionen nachhaltig angelegt. Nach diesen erweiterten Kriterien wird in Europa und Kanada rund die Hälfte des professionell verwalteten Vermögens nachhaltig investiert, in den USA ist es etwa ein Viertel, in Australien und Neuseeland sind es mehr als 60 Prozent und in Japan etwas unter 20 Prozent.

Initiativen wie die „Principles for Responsible Investment“ (PRI), bei denen sich Vermögensverwalter dazu verpflichten, in ihren Portfolios nur noch Wertpapiere von Unternehmen zu halten, die ihre Emissionen bis 2050 auf null senken wollen, erhalten großen Zulauf. Über 100 Unternehmen haben die PRI bislang unterzeichnet, dazu zählen die Allianz, der norwegische Staatsfonds und Blackrock, der größte Vermögensverwalter der Welt.

Nicht nur die Vermögensverwalter, auch die Banken wetteifern um einen neuen Ehrentitel: Wer ist die grünste im ganzen Land? Gerade in den Tagen vor dem Klimagipfel von Anfang bis Mitte Dezember in Madrid jagte eine Ankündigung die nächste. Die französische Großbank BNP will die Finanzierung von Kohleverstromung in Europa bis 2030 komplett einstellen. Konkurrent Unicredit verspricht, bereits bis 2023 vollständig aus Kohlekraftwerksprojekten auszusteigen. Gleiches gilt für die Öl- und Offshore-Gasförderung in Alaska und das umstrittene Fracking, die Schieferölförderung.

Neben grünem Gewissen steht hinter diesen Ankündigungen auch die Furcht, dass Konzerne mit nicht nachhaltigen Geschäftsmodellen über kurz oder lang ihre „License to Operate“ verlieren könnten: die gesellschaftliche Akzeptanz, ohne die sich ein Unternehmen nicht dauerhaft betreiben lässt.

Und so ergibt sich auf der Weltklimakonferenz von Madrid ein seltsam verkehrtes Bild: Politisch geht derzeit in Sachen Klimaschutz wenig voran. Die Fakten werden stattdessen in der Wirtschaft geschaffen. Der zunehmende Druck der Investoren sorgt dafür, dass es sich kaum noch ein Unternehmen leisten kann, auf klar definierte Nachhaltigkeitsprogramme zu verzichten.

Wer sich verweigert, wird von immer mehr Investoren gemieden und erleidet durch steigende Finanzierungskosten oder eine niedrigere Marktkapitalisierung ganz reale wirtschaftliche Nachteile. Einmal mehr beweist sich die enorme Steuerungsmacht des Kapitals.

1. Geburt eines Megamarkts

Der Markt für Sustainable-Finance-Produkte, noch vor wenigen Jahren allenfalls für Nischenanbieter interessant, erlebt derzeit die größten Bonanza seiner Geschichte. Fondsmanager wie Simon Bond suchen händeringend nach passenden Anlagemöglichkeiten, die zudem eine akzeptable Rendite versprechen. Auf die möchten die nachhaltigen Investoren nämlich keinesfalls verzichten. Zwei Ziele, die sich in der Nullzinsära nicht immer in Einklang bringen lassen.

Ähnlich wie bereits das Land Nordrhein-Westfalen will auch die Bundesregierung vom kommenden Jahr an neben den regulären Bundesanleihen spezielle grüne Anleihen herausbringen. Das so gewonnene Kapital soll zweckgebunden in umweltschutzrelevante Projekte fließen.

Eine positive Rendite dürfen die Investoren bei den grünen Bundesbonds freilich nicht erwarten – schließlich liegt die bereits bei vielen herkömmlichen Bundesanleihen tief im negativen Bereich. Und im Schnitt werden Ökobonds gegenüber konventionellen Anleihen mit einem Renditeabschlag von 0,02 Prozentpunkten gehandelt. Am Markt für festverzinsliche Wertpapiere müssen sich Investoren das gute Gewissen also etwas kosten lassen.

Am Aktienmarkt hingegen können nachhaltig orientierte Investoren schon eher mit einem Renditeplus rechnen. Das Fondshaus Union Investment kam 2018 zu dem Ergebnis: „Die zehn Prozent der besten Aktien in Sachen Nachhaltigkeit haben in den letzten zehn Jahren 11,5 Prozent zugelegt, die zehn Prozent der schlechtesten nur um 2,1 Prozent.“

Eine Kausalität ist damit allerdings noch nicht belegt. Es kann sein, dass Unternehmen erfolgreicher sind, weil sie nachhaltiger sind. Womöglich leisten sie sich aber auch mehr Nachhaltigkeit, weil sie es sich aufgrund ihres Erfolgs erlauben können. Oder die Aktien steigen allein deshalb, weil sich immer mehr Investoren in nachhaltig geführte Unternehmen einkaufen wollen.

Für die Finanzbranche entwickelt sich die Jagd nach grüner Rendite zur zweiten großen Herausforderung neben dem Nullzins-Umfeld: Bereits ohne ESG-Kriterien ist es derzeit schwierig genug, eine positive reale Rendite bei akzeptablem Risiko zu erwirtschaften. Und nun soll dieses tagtägliche Kunststück auch noch auf ökologisch und sozial verantwortliche Weise gelingen.

Ist solch ein Spagat überhaupt möglich? Und wenn ja, wie? Können Unternehmen ihre Geschäftsmodelle schnell genug an nachhaltigen Kriterien ausrichten? Und was bedeutet es für die Stabilität des Finanzsystems, wenn ein immer größerer Anteil des Kapitals in den noch immer vergleichsweise engen Markt für ESG-Anlagen drängt?

Mittlerweile sind allein an der Deutschen Börse 122 Indexfonds gelistet, die nach ESG-Kriterien investieren. Das investierte Anlegergeld hat sich innerhalb weniger Jahre verzwölffacht. Und ein Ende des Booms ist nicht in Sicht: Für Europa schätzt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance der Sparkassen-Fondstochter Deka, dass nachhaltig gemanagtes Vermögen im Vergleich zum Wachstum des Gesamtmarkts drei- bis viermal so stark zunimmt – das entspricht rund 18 bis 25 Prozent im Jahr.

„Wenn erst Privatanleger in den bisher von Großinvestoren geprägten Markt einsteigen, dürfte sich das Wachstum noch weiter erhöhen“, erwartet er. Der Branchenverband „Climate Bond Initiative“ hat errechnet, dass Staaten und Unternehmen 2019 grüne und nachhaltige Anleihen mit einem Volumen von 250 Milliarden Dollar ausgeben werden – das entspricht einem Plus von fast 50 Prozent gegenüber 2018.

Die grüne Welle sorgt für völlig neue Geschäftsfelder. Wer als Unternehmen seinen Investoren Rechenschaft über CO2-Einsparungen oder Diversität im Management verspricht, muss auch die Daten liefern und regelmäßig Reports veröffentlichen. Diese Notwendigkeit hat einen Milliardenmarkt für Indexanbieter, Ratingagenturen und spezialisierte Analysehäuser geschaffen.

Kaum eine Bank, kaum ein Vermögensverwalter kommt heute noch ohne die Klima-Kennzahlen von Sustainalytics oder MSCI aus; Ratingagenturen wie Moody’s oder S & P lassen Klimarisiken wie selbstverständlich in ihre Bonitätsnoten für Konzerne einfließen.

2. Der weite Weg zum nachhaltigen Unternehmen

In den großen Unternehmen ist der zunehmende Druck aus der Finanzbranche bereits angekommen. Fast jeder der im Börsen-Leitindex Dax 30 gelisteten Konzerne führt seine Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit meist penibel in einem eigenen Jahresbericht auf – mit Ausnahme des Finanzdienstleisters Wirecard, der darauf verzichtet, entsprechende Kennziffern offenzulegen. Die übrigen 29 Dax-Konzerne veröffentlichen zumeist Daten über ihre CO2-Emissionen, aber auch zum Wasserverbrauch oder zur Überwachung von Arbeitsbedingungen bei Zulieferern.

Als Leitplanken für die Berichterstattung dienen den Unternehmen in vielen Fällen die 17 „Ziele für nachhaltige Entwicklung“, die von den Vereinten Nationen (UN) 2015 in New York verabschiedet wurden und bis 2030 umgesetzt werden sollen. Sie umfassen Zielsetzungen wie das Ende von Armut, die Gleichstellung der Geschlechter und nachhaltige Energie für alle. Nicht für jedes Unternehmen sind dabei alle Ziele gleich relevant.

So hat beispielsweise der Sportartikelhersteller Adidas aus den 17 Nachhaltigkeitszielen acht ausgewählt, bei denen das eigene Geschäft als Einflussfaktor gesehen wird – etwa bei sauberem Wasser, nachhaltigem Wachstum, menschenwürdiger Arbeit, Klimaschutz und dem Schutz der Weltmeere.

Für jeden dieser Bereiche hat sich Adidas selbst entsprechende Ziele gesetzt – etwa den Wasserverbrauch je Mitarbeiter von 2008 bis 2020 um 35 Prozent zu reduzieren oder den Energieverbrauch und das Abfallaufkommen seiner strategischen Zulieferbetriebe von 2014 bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. In manchen Bereichen, wie bei den CO2-Einsparungen, liegt der Konzern bereits über Plan.

Weil Adidas viele seiner Ziele nicht nur in Herzogenaurach, sondern auch in den Zulieferbetrieben in Kambodscha, Indonesien oder China erreichen muss, setzt das Unternehmen auf lokale Schulungen. Jedes Jahr führt der Konzern Hunderte Betriebsbegehungen auf der ganzen Welt durch – um sicherzustellen, dass die geforderten Standards auch eingehalten werden.

Erst vor wenigen Monaten ist Adidas in den Nachhaltigkeitsindizes von Dow Jones in den Kategorien Umweltmanagement und Social Reporting zum Branchenprimus gekürt worden. Dieser Dow Jones Sustainability Index (DJSI) bewertet die Nachhaltigkeitsleistung der 2500 größten im Dow Jones Global Total Stock Market Index gelisteten Unternehmen. Der DJSI gilt als wichtiger Maßstab für Investoren, die an Nachhaltigkeit interessiert sind.

Ganz weit oben landet beim DJSI auch der Softwarehersteller SAP – mit ganz anderen Nachhaltigkeitskriterien. Während Adidas etwa dafür sorgen muss, dass Zulieferer in Schwellenländern die Menschenrechte und Arbeitsschutzregeln einhalten, betreibt SAP stromfressende Rechenzentren – und muss dafür möglichst viel grün produzierte Energie einkaufen, um die CO2-Emissionen zu senken.

Auch SAP hat acht UN-Ziele als relevant ausgewählt, die eine herausgehobene Rolle in der Berichterstattung spielen, darunter den Klimaschutz. Neben dem Kauf von Ökostrom-Zertifikaten setzt der Softwarehersteller hier auf einen internen CO2-Preis: Dienstliche Flüge etwa werden unternehmensintern zu höheren Kosten verrechnet, als es dem Marktpreis entspricht. Dienstreisen mit der Bahn werden so für SAP-Mitarbeiter attraktiver gemacht. Selbst die Programmcodes der SAP-Software sollen effizienter werden – und so bei der Datenverarbeitung Energie einsparen.

Längst nicht alle Firmen im Dax verfolgen die Dekarbonisierung so konsequent wie der Softwarehersteller aus Walldorf. „Es gibt nur sehr wenige Unternehmen wie SAP oder auch Continental, die Klimaschutz als entscheidendes strategisches Thema für die Zukunft betrachten“, sagt die Gründerin Hannah Helmke. Sie hat mit ihrem Start-up Right einen Algorithmus entwickelt, der den individuellen Beitrag eines Unternehmens zur globalen Erwärmung, gemessen an der Bruttowertschöpfung, berechnet.

Die Right-Analysten haben errechnet, was passieren würde, wenn die 30 Dax-Konzerne ihre selbst gesteckten Klimaziele tatsächlich einhalten. Nur in neun Fällen wurden damit die vorgeschlagenen Einsparziele der Internationalen Energieagentur (IEA) erreicht – sie sollen die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels gewährleisten, demzufolge die Durchschnittstemperatur auf der Erde trotz Klimawandel um nicht mehr als zwei Grad steigen darf.

Fünf Dax-Konzerne haben erst gar keine konkreten CO2-Einsparziele angegeben. Weitere 16 verfehlen mit ihren selbst gesetzten Vorgaben den notwendigen Beitrag zum Zwei-Grad-Ziel. Manche, wie der Kunststoffhersteller Covestro und die Energiekonzerne Eon und RWE, liegen sogar deutlich darüber. So betreibt etwa RWE viele Kohlekraftwerke und zählt damit unweigerlich zu den größten Emittenten von Klimagasen in ganz Europa.

Doch auch die Hersteller von Stahl und Zement sowie Fluggesellschaften stellt der Klimawandel vor große Herausforderungen. Hier fällt CO2 als sogenanntes Prozessgas an – das heißt, der Ausstoß und die Wertschöpfung hängen untrennbar zusammen. Bislang gibt es nun einmal noch keine klimaschonende Alternative zu Kerosin, um Jetturbinen zu betreiben.

Dennoch hat sich auch die Lufthansa ambitionierte Ziele gesetzt. So soll das zukünftige Wachstum der Airline ab 2020 komplett CO2-neutral erfolgen. Gelingt das nicht, hat sich das Unternehmen verpflichtet, ab 2021 für internationale Flüge Ausgleichszahlungen an Klimaschutzprojekte zu leisten.

Für Europa rechnet die Lufthansa aber auch die Kosten des europäischen Emissionsrechtehandels ein. Und sieht damit für alle Flüge in der EU „quasi das Ziel des CO2-neutralen Wachstums bereits mehr als erfüllt“, so heißt es selbstbewusst im Nachhaltigkeitsbericht des Konzerns.

Viele Unternehmen setzen auf Kompensationszahlungen, mit denen zum Beispiel Aufforstungsprojekte bezahlt werden, um einen Ausgleich für bislang unvermeidliche CO2-Emissionen zu schaffen. Doch diese Zahlungen schaffen auch neue Probleme. Right-Gründerin Helmke: „Je mehr Unternehmen sich für einen solchen Weg entscheiden, desto höher steigen die Kompensationskosten.“ Nachhaltiger sei es daher, „die eigene Wertschöpfung vom CO2-Ausstoß zu entkoppeln“ – auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht.

Wie mühsam dieser Weg sein kann, zeigen die deutschen Stahlhersteller. Zwar kann Stahl im Vergleich zu anderen Werkstoffen in Sachen Nachhaltigkeit durchaus punkten – immerhin wird kaum ein anderes Material so häufig wiederverwertet wie Stahl. Allerdings fallen bei der Produktion von Roheisen immense Mengen CO2 an.

Viele Milliarden Euro müssen Unternehmen wie Thyssen-Krupp und Salzgitter daher investieren, um das Eisen künftig statt mit Kohle mithilfe von klimaneutralem Wasserstoff aus dem Erz zu schmelzen. Ob sich das rechnet, hängt davon ab, wie sehr die Kunden auf die Klimabilanz ihrer Stahllieferanten achten. So will der Autohersteller Daimler zwar ab 2022 komplett CO2-neutral produzieren – hat dabei aber vor allem seine eigenen Werke im Blick und nicht die Zulieferer.

Es lässt sich darüber streiten, ob die CO2-neutrale Fertigung überhaupt das richtige Kriterium für Daimler ist. Schließlich verursachen Mercedes-Pkw einen Großteil ihres ökologischen Reifenabdrucks nicht in der Montagehalle, sondern beim Fahren. „Man darf bei der eigenen Strategie nicht nur die Prozesse in der eigenen Produktion betrachten“, sagt Manfred Fischedick, Klimaforscher am Wuppertal-Institut. „Was am Ende zählt, ist die gesamte Wertschöpfungskette“ (siehe den Text zu Kriterien und Methoden des nachhaltigen Managements).

3. Achtung, Greenwashing-Verdacht!

Unternehmen haben reichlich Möglichkeiten, sich die eigenen Nachhaltigkeitsziele so zu setzen, dass sie möglichst leicht erfüllbar sind. „Greenwashing“ wird der Versuch genannt, sich mit möglichst wenig Aufwand ein ökologisch unbedenkliches Image zu verpassen und dabei an den Geschäftsprozessen möglichst wenig zu verändern.

Die Grenze zwischen nachhaltigem Management und Greenwashing ist nur unzureichend markiert. Als Präzedenzfall gilt die Kontroverse um den spanischen Öl- und Gaskonzern Repsol. Der brachte 2017 einen Green Bond auf den Markt, mit dem Geld sollte in CO2-sparende Technologie investiert werden.

Doch dass ein Ölkonzern eine grüne Anleihe begibt, war den Investoren nicht vermittelbar – der Bond fiel bei Anlegern durch und schaffte es auch nicht in die großen Nachhaltigkeits-Indizes. Doch beim sogenannten Best-In-Class-Ansatz können es durchaus auch Ölkonzerne in einen Nachhaltigkeitsindex schaffen – sofern sie ihr Geschäft nur etwas weniger umweltzerstörend betreiben als die Konkurrenz.

Der Vorwurf des Greenwashings trifft immer öfter auch Staaten, die grüne Anleihen ausgeben. Sie finanzieren damit nämlich meist Haushaltsposten, für die das Geld längst geflossen ist und die nur nachträglich ein grünes Label bekamen. Und die ökologisch bedenklichen öffentlichen Aufgaben wie Autobahnbau werden dann eben verstärkt über konventionelle Anleihen finanziert, die auf diese Weise immer „schmutziger“ werden. Fondsmanager Simon Bond sagt selbstkritisch: „Gäbe es weniger Finanzierung für grüne Projekte, wenn es grüne Anleihen nicht gäbe? Das weiß ich nicht.“

Besonders für Privatanleger ist es schwer, auf dem Markt für nachhaltige Investments den Durchblick zu behalten, ob bei Einzelaktien oder Fonds (siehe dazu die Übersicht zu nachhaltigen Investments für Privatanleger). Analyst Stefan Schrödl vom Fondsanalysehaus Fonds Consult fordert: „Private Anleger brauchen klare Abgrenzungen und dazu möglichst einfache Produkte.“

Nicholas Jacob, Leiter ESG bei Oddo BHF Asset Management, wünscht sich „unabhängige Siegel, die nachhaltige Fonds kennzeichnen“. Solche Siegel würden für ein Mindestmaß an externer Prüfung für die nachhaltige Anlagestrategie eines Vermögensverwalters sorgen.

Vermögende Privatkunden und Stiftungen wollen allerdings meist selbst entscheiden, was nachhaltig ist, sagt der Vorstand der Deutschen Oppenheim Family Office, Stefan Freytag (siehe Interview): „Das ist ein höchst individuelles Thema und wird es auch immer bleiben.“ Während etwa kirchliche Investoren Wert auf soziale Kriterien legen würden, setzten viele vermögende Familien stärker auf einen ökologischen Ansatz. Eine Stiftung sei wiederum vor allem darauf bedacht, Reputationsrisiken zu vermeiden.

Der Wildwuchs bei den Nachhaltigkeitsdefinitionen ruft jetzt die Regulierer auf den Plan. Die EU erarbeitet derzeit ein umfangreiches Klassifizierungssystem, genannt Taxonomie, das strenge Maßstäbe setzt, was unter nachhaltiger Finanzierung zu verstehen ist.

Auch bei der Anlageberatung für Privatkunden ändert sich vieles: Laut EU-Verordnung Mifid II müssen Berater ihre Privatkunden schon bald nach deren Präferenz für Nachhaltigkeit fragen. Deka-Manager Speich ist überzeugt: „Das wird die Welt der Geldanlage komplett verändern – jede Anlageentscheidung wird davon betroffen sein.“ Und Felix Hufeld, Chef der deutschen Finanzaufsicht Bafin, ist der Meinung: „Wer langfristig im Finanzsektor erfolgreich sein will, wird an dem Thema Nachhaltigkeit nicht mehr vorbeikommen.“

4. Ein Begriff macht Blitzkarriere

Dieser Hype war nicht abzusehen, als im Jahr 1991 mit dem EB-Öko-Aktienfonds der erste Fonds in Europa für Privatanleger gezielt in Aktien von grünen Unternehmen investierte. Und es dauerte 16 weitere Jahre, bis die Europäische Entwicklungsbank 2007 mit ihrem „Climate Awareness Bond“ auf den Markt kam und damit den Standard für grüne Anleihen setzte.

In den folgenden Jahren wuchs das Segment zwar deutlich, blieb jedoch eine Nische im Finanzmarkt. 2013 kam NRW-Finanzierer Axel Bendiek mit grünen Anleihen in Kontakt. Er war begeistert, sah jedoch ein Problem: „Wir wollten auch Bildung und Soziales mit einbeziehen“, erinnert er sich.

Die Lösung: Eine Anleihe, deren Mittel zur Hälfte in Klimaschutz, zur anderen Hälfte in soziale Ausgaben wie ein verbilligtes Nahverkehrsticket für Bedürftige oder Inklusion an Schulen fließt. Ohne es zu ahnen, erschuf Bendiek eine Weiterentwicklung des Green Bonds, der sich bald am Markt etablieren sollte: den Sustainability Bond. Ein Fünftel aller NRW-Anleihen ist mittlerweile als nachhaltig gelabelt.

Die im Vergleich zur konventionellen Variante um durchschnittlich 0,02 Prozentpunkte geringere Rendite bei der Neuemission bringt bei einer Anleihe mit einem Volumen von zwei Milliarden Euro eine Ersparnis von immerhin vier Millionen Euro für den Emittenten. Die Kosten für die Nachhaltigkeitsreports, die Bendiek von einem externen Institut erstellen lässt, fallen angesichts dieser Summen kaum ins Gewicht.

Auch bei den Banken steckt nicht nur ein plötzlich entdecktes Umweltbewusstsein hinter der Nachhaltigkeitsoffensive – sondern vor allem betriebswirtschaftliches Kalkül. In den Bilanzen der Geldhäuser schlummern milliardenschwere Klimarisiken. Das Horrorszenario: Ein Unternehmen verliert durch den Klimawandel sein Geschäftsmodell und gerät in geschäftliche Schwierigkeiten – dann müssen die ausstehenden Kredite dieses Unternehmens in den Bankbilanzen ganz oder teilweise abgeschrieben werden. Das kann dem Kreditinstitut hohe Verluste bescheren und es im Extremfall selbst in eine finanzielle Schieflage bringen.

Solche Risiken sind noch immer schwer zu messen, aber sie sind so gefährlich, dass die Ratingagentur Standard & Poor‘s vor einer „Herausforderung für die Stabilität des Finanzsystems“ warnt. Klimarisiken könnten die Art und Weise, wie Banken ihr Geschäft künftig betreiben, radikal verändern, heißt es in einem neuen Report von Standard & Poor‘s. Und: „Es ist klar, dass die Banken jetzt handeln müssen.“

Die europäischen Aufseher haben die großen Geldhäuser in der Euro-Zone verpflichtet, ab dem Jahr 2022 ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsrisiken offenzulegen. Mark Carney, der Gouverneur der Bank of England, warnt davor, diese Herausforderung zu unterschätzen: Firmen, die künftig noch Klimarisiken ignorieren, hätten es dann schwer, an frisches Kapital zu gelangen. Ihnen drohe die Pleite – mit schwerwiegenden Folgen für die verbliebenen Banken, die die Klimasünder finanziert haben.

Die Banken haben die Botschaft verstanden, zumindest wenn man einer Umfrage der Beratung EY unter den Risikomanagern der Institute glaubt: Gleich hinter den Cyberrisiken rangieren die Klimagefahren auf dem zweiten Rang. „Natürlich haben wir noch viel Arbeit vor uns, aber wir versuchen, die Klimarisiken in unseren Bilanzen so präzise wie möglich zu messen“, meint Tjeerd Krumpelman, Global Head of Advisory, Reporting and Engagement bei der niederländischen ABN Amro.

Aber folgen den Erkenntnissen, die aus der Neubewertung der Klimarisiken in den Bilanzen erwachsen, auch tatsächlich Taten? Dreht Big Finance demnächst Big Oil und Big Motor womöglich den Kredithahn zu? Dann wäre die grüne Revolution des Kapitalismus, erstritten mit den Waffen des Kapitals, tatsächlich perfekt. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Regine Richter attestiert den Geldhäusern zwar Fortschritte. „2012 saßen wir an einem runden Tisch mit den Banken, damals hatten die meisten Manager noch keine Ahnung vom Thema Klimarisiken“, erzählt die Aktivistin der Umweltschutzorganisation Urgewald. Seither habe sich eine Menge getan. „Das Thema ist in den Vorstandsetagen angekommen und hat damit deutlich an Durchschlagskraft gewonnen.“

Im Vorstand der französischen Großbank BNP kümmert sich Antoine Sire um das Thema: Seine Bank habe einen umfassenden Kulturwandel durchgemacht, sagt er: „Alle müssen verstehen, dass Profitabilität natürlich nicht vernachlässigt werden kann, aber sie ist nicht mehr das einzige Ziel von BNP Paribas.“

Auch Aktivistin Richter zählt die BNP neben Crédit Agricole zu den Vorreitern in Sachen Klimaschutz. Anders als in Deutschland habe in Frankreich der Staat massiven Druck auf Aufseher und Banken ausgeübt. In anderen Ländern würden sich die Banken dagegen oft noch Schlupflöcher offenlassen. So habe sich die britische Großbank HSBC zwar verpflichtet, keine Kohlekraftwerke mehr zu finanzieren, dabei aber Vietnam, Bangladesch und Indonesien bis 2023 als Ausnahme zugelassen.

„Natürlich sind das die drei Länder, in denen die Bank viele Kohleprojekte finanziert“, kritisiert Richter. Als schlimmsten Klimasünder unter den westlichen Banken hat Urgewald den US-Finanzriesen JP Morgan identifiziert, der noch immer in großem Stil fossile Energien finanziere.

Die meisten Banken schrecken bislang davor zurück, sich ganz von diesen Kunden und Projekten zu verabschieden. Viele europäische Geldhäuser, warnen Experten, seien wirtschaftlich gar nicht in der Verfassung, etwa einen großen Ölkonzern als Kunden abzulehnen – zu sehr seien die Nullzins-geplagten Banken auf die Einnahmen angewiesen.

Aus Sicht von BNP-Manager Sire begehen die Institute damit jedoch einen strategischen Fehler: „Wer kurzfristige Business-Interessen über langfristige, nachhaltige Erträge stellt, handelt irrational.“ Er ist überzeugt: „Wenn Banken den Klimawandel nicht ernst nehmen, missachten sie auch die Interessen ihrer Kunden.“

Geldhäuser wie ABN Amro setzen daher auf mehr oder weniger sanften Druck. Die Niederländer haben sich beispielsweise das Ziel gesetzt, dass alle von der Bank finanzierten Wohn- und Gewerbeprojekte im Schnitt bis 2030 die höchste Energieeffizienz-Zertifizierung erreichen, so ABN-Manager Krumpelman.

Das betreffe ein Kreditportfolio von 185 Milliarden Euro. Auch Unicredit will seine Geschäftskunden von umweltverschmutzenden Geschäften entwöhnen. Kredite sollen die Firmen nur noch erhalten, wenn sie mit CO2-intensiven Bereichen weniger als 25 Prozent ihrer Einnahmen erwirtschaften.

5. Die Gefahr einer Spekulationsblase wächst

Viele Kritiker der momentanen Nachhaltigkeitseuphorie halten sich jedoch mit öffentlichen Äußerungen zurück: Sie wollen nicht als Ewiggestrige gelten. Eine Ausnahme macht hier der Kölner Vermögensverwalter Bert Flossbach von Flossbach & Storch. Ihm scheint es, „als rolle ein Nachhaltigkeitstsunami auf die Finanzbranche zu“. Täglich erreichten ihn Einladungen zu einschlägigen Veranstaltungen, Seminaren, Vorträgen oder Vertriebsshows. Zu beurteilen, ob ein Unternehmen nachhaltig wirtschafte oder nicht, sei jedoch im Einzelfall schwierig.

Er erinnert an die Finanzkrise von 2008. Die habe ihren Ursprung in der politisch motivierten Immobilien-Kreditvergabe ohne Rücksicht auf die Schuldentragfähigkeit gehabt. Flossbach warnt: „Wenn wirtschaftlich nicht nachhaltige, aber ESG-konforme Anlagen in Bonds oder Ökozertifikate verpackt und in großem Stil unters Volk gebracht werden, könnte es zu einer ESG-Krise kommen; politisch gewollt, von Ratingagenturen abgesegnet, geschickt verpackt und clever verkauft.“

Er erinnert an Solaraktien vor einem Jahrzehnt. Die Unternehmen seien eine Hoffnung für Anleger gewesen, wären aber anschließend fast alle pleite gegangen, trotz der grünen Fantasie.

Im schlimmsten Fall könnte das Streben nach ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit die finanzielle Nachhaltigkeit eines Investments gefährden. Wenn Anleger blind alle Finanzprodukte kaufen, auf denen ESG steht, droht im schlimmsten Fall eine ähnliche Spekulationsblase wie bei den verbrieften Hypothekenkrediten zu Beginn des Jahrtausends.

Besonders umstritten ist die Frage, wie weit die Europäische Zentralbank gehen sollte, um Sustainable Finance zum Durchbruch zu verhelfen. Kern des Streits ist das Anleihekaufprogramm der Notenbank. So forderten kürzlich rund 100 Experten, darunter der frühere EZB-Direktor Francesco Papadia: „Die EZB sollte sich unverzüglich dazu verpflichten, CO2-intensive Vermögenswerte schrittweise aus ihren Portfolios zu streichen.“ Bundesbankpräsident Jens Weidmann nimmt die Gegenposition ein und warnt davor, die Anleihekäufe nach ESG-Kriterien auszurichten: „Eine Geldpolitik, die explizit umweltpolitische Ziele verfolgt, läuft Gefahr, sich zu übernehmen.“

Entschieden ist der Disput noch nicht. Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde will aber zumindest überprüfen lassen, ob die Folgen des Klimawandels in den Konjunkturanalysen oder in den Kriterien für die Bankenaufsicht der EZB ausreichend berücksichtigt werden. Auch müsse geschaut werden, wo und wie der Klimawandel das laufende Anleihekaufprogramm beeinflussen könnte.

Eine kaum zu überblickende Vielfalt an Strategien, ein Wust aus Marketing-Begriffen, schwer abschätzbare Risiken und ein teurer Transformationsprozess in den Konzernen: Unter normalen Umständen hätten Privatanleger, Profi-Investoren und Banken genug Gründe, sich dem grünen Wandel der Finanzbranche zu verweigern. Doch leisten kann sich das niemand – davon ist die überwältigende Mehrheit der Akteure überzeugt. Zu gewaltig ist derzeit der gesellschaftliche Wandel hin zur Nachhaltigkeit, vor allem beim Klimaschutz, als dass es sich irgendjemand leisten könnte, sich diesem rollenden Zug in den Weg zu stellen.

Zumal es sich durchaus auch auszahlen kann, eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Es winken im besten Fall günstigere Finanzierungsbedingungen, weniger Kreditausfälle und eine langfristig höhere Rendite. „Entscheidend ist, jetzt zu beginnen, auch wenn es noch Ungereimtheiten gibt“, sagt Deutsche-Oppenheim-Manager Freytag. „Denn nur, wer sich engagiert, kann dazu beitragen, die Finanzmärkte, die Unternehmenslandschaft und die Welt ein kleines Stück besser zu machen.“

Mit diesem Kurs sind zwar Risiken verbunden – aber die einzugehen gehört schließlich zum Leben von echten Unternehmern und Investoren.

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Platzt die Nachhaltigkeitsblase an der Börse? Foto: dpa
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