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Martin Schelleis: Der General kämpft nicht nur gegen die Tücken der Pandemie

Die Bundeswehr stellt 20.000 Soldaten für die Corona-Bekämpfung bereit. Ein ehemaliger Kampfjetpilot koordiniert die Anti-Virus-Truppe.

Wer Martin Schelleis reden hört, könnte auf die Idee kommen, der 61-Jährige habe mit den Instrumenten rauer Verteidigung nicht viel im Sinn. Ruhig, langsam und ziemlich leise spricht der sportlich-schlanke Mann, der zwar gern lächelt, aber sonst offenbar nicht zu größeren Aufgeregtheiten neigt. Dabei gäbe es in diesen Tagen gute Gründe, sich ein bisschen zu empören und seinen Arbeitgeber emotional zu verteidigen.

Schelleis ist Dreisterne-General bei der Bundeswehr, und derzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendjemand im politischen Berlin die Frage stellt, ob die Armee nicht gefälligst mehr Personal zur Bekämpfung der Pandemie abstellen könnte. Erst zu Beginn dieser Woche war in den Boulevardmedien wieder zu lesen, dass die Bundeswehr „keinen Weg findet, die von Corona schwer betroffenen Altenheime bei Schnelltests zu unterstützen. Die Folge: Tausende Soldaten, die helfen könnten, sitzen tatenlos herum.“

Schelleis gehört als Generalleutnant zu den hochrangigsten Soldaten und ist als Inspekteur des Kommandos Streitkräftebasis für die Koordination des Corona-Einsatzes verantwortlich. Der Generalleutnant sagt: „Wir dürfen laut Gesetz nur auf dem Wege der Amtshilfe tätig werden, tun das aber umfassend und gern.“

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Anders ausgedrückt: Die Einsätze etwa in Impfzentren oder Seniorenheimen müssen stets im Rahmen der Amtshilfe nach Artikel 35 des Grundgesetzes erfolgen. Die Bundeswehr kann entsprechend nicht aus eigenem Antrieb heraus handeln.

Heißt in der Praxis: Einer der mehr als 400 Landräte oder eine andere Bundesbehörde muss einen Antrag stellen. Entspricht dieser Antrag den engen Grenzen des Grundgesetzes, rückt die Bundeswehr zumeist mit der gewünschten Zahl an Soldaten auch aus.

In Zahlen: Aktuell befinden sich 15.249 der insgesamt 184.000 Bundeswehrsoldaten im Corona-Einsatz, die über mehr als 3600 Hilfsanträge angefordert wurden. Täglich kommen etwa 40 Anträge dazu, 2100 Hilfseinsätze sind schon wieder abgeschlossen.

Ablehnung aus juristischen Gründen

Die Statistik hält noch weitere Fakten bereit: 340 Hilfswünsche wurden von der Bundeswehr abgelehnt. Das habe rein juristische Gründe und „nichts damit zu tun, dass wir keine zusätzlichen Kapazitäten bereitstellen wollen“. Tatsächlich könnte die Bundeswehr mehrere Tausend weitere Soldaten im Zuge der Corona-Amtshilfe umgehend mobilisieren.

In seinem vielleicht 15 Quadratmeter kleinen Büro im dritten Stock eines nüchternen Zweckbaus auf dem Gelände des Bundesverteidigungsministeriums in Bonn hat Schelleis, Vater zweier Kinder, ungezählte Devotionalien dekoriert, die seine militärische Laufbahn abbilden. Da hängt ein hölzernes Abzeichen, das die Umrisse Afghanistans zeigt und an seine beiden Einsätze in Kabul erinnert. Und da steht das Modell eines Kampfflugzeugs, das Schelleis‘ Zeit als Jetpilot (Tornado) und Fluglehrer symbolisiert.

Entsprechend kampf- und krisenerprobt ist der Offizier. Eine Erfahrung, die sicher hilfreich war, als die Bundeswehr im Juni zum Einsatz in den westfälischen Landkreisen Gütersloh und Warendorf im Zusammenhang mit dem Corona-Ausbruch bei Europas größtem Schlachtbetrieb Tönnies gerufen wurde. Schelleis erinnert sich: „Ich will uns nicht über Gebühr loben. Aber ohne den Einsatz der Bundeswehr hätte die Situation leicht außer Kontrolle geraten können.“ 350 Soldaten waren damals in nur wenigen Tagen mobilisiert worden und bei der Reihentestung im Einsatz.

Auch erinnert sich Schelleis an den umfassenden Einsatz am Flughafen Berlin-Tegel im August, als Soldaten beim Testen von Urlaubern halfen. Oder an die Zeit im Herbst, als 60 Soldaten in elf der zwölf Berliner Bezirke bei der Kontaktverfolgung Dienst leisteten. Ein Einsatz, der eine Debatte auslöste, weil der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg diese Unterstützung aus politischen Gründen ablehnte.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte damals: „Mir fehlt jedes Verständnis, dass Rot-Rot-Grün es eher riskiert, dass Infektionsketten nicht nachverfolgt werden können, als sich von der Bundeswehr helfen zu lassen – und das aus ideologischen Gründen.“

Diensthunde als Corona-Erschnüffler

Ähnlich hatten sich damals auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) geäußert: „Was Friedrichshain-Kreuzberg da entschieden hat, will ich klar sagen, ist nicht klug“, betonte Müller. Die Bundeswehr habe angeboten, bei der Nachverfolgung von Infektionsketten zu helfen. „Das ist kein Kampfeinsatz im Inland, das ist konkrete Hilfe.“

Dass die Bundeswehr politisch mitunter polarisiert, ist Schelleis nach einem langen Soldatenleben inzwischen gewohnt. „General Schelleis ist eigentlich der geborene Diplomat“, beschreibt ihn ein langjähriger und hochrangiger Weggefährte aus der Luftwaffe. Entsprechend gelassen hat er zuletzt immer wieder auf die angesprochene aktuelle Kritik reagiert. Und verweist dann nicht ohne Geschick auf ein Thema, das gesellschaftspolitisch positiv besetzt sein dürfte: Hunde.

Die Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr in der Eifel unterstützt die Tierärztliche Hochschule in Hannover bei einem Forschungsprojekt zum Corona-Einsatz von Hunden: „Das Coronavirus ist zwar nicht riechbar, aber das Virus löst im menschlichen Körper chemische Reaktionen aus, die die Hunde am Speichel detektieren können“, erklärt Schelleis. Der General könnte sich einen Einsatz etwa bei der Einreisekontrolle an Flughäfen vorstellen: „Die Studie lässt erwarten, dass die Hunde mit 90-prozentiger Sicherheit Corona erschnüffeln können.“