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Warum sich die Luxusmarken so schwer mit Elektroautos tun

Die Entwicklung von Elektroautos verschlingt immens viel Geld. Deshalb stellen kleinere Luxushersteller ihre Flotten nur sehr zögerlich um.

Die VW-Tochter soll eine elektrische Zukunft erhalten. Foto: dpa
Die VW-Tochter soll eine elektrische Zukunft erhalten. Foto: dpa

Adrian Hallmark hat schon eine Antwort gefunden. „Innerhalb des kommenden Jahrzehnts wird sich Bentley von einem 100 Jahre alten Hersteller edler Autos zu einem neuen und nachhaltigen Luxusanbieter entwickeln, der auch eine ethische Vorbildfunktion übernimmt“, sagt der Vorstandschef der britischen Volkswagen-Tochter.

„Nachhaltig“ und „ethisch korrekt“ bezieht sich bei einem Autohersteller wie Bentley vor allem auf die Antriebsart. Spätestens 2030 soll es bei der Volkswagen-Tochter nur noch batteriebetriebene Luxusmodelle geben, für Autos mit Verbrennungsmotor gibt es dann keinen Platz mehr. Schon 2026 will Bentley ausschließlich elektrifizierte Autos verkaufen – entweder als Plug-in-Hybrid oder als vollelektrisches Batteriemodell.

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Damit ist Bentley der erste aus einer ganzen Reihe von kleineren Luxusherstellern, die sich eine klare elektrische Zukunft geben. Anders als etwa beim vergleichsweise volumenstarken Sportwagenbauer Porsche, dessen erstes reines E-Auto Taycan sich 2020 mehr als 20.000 Mal verkaufte, ist bei vielen Unternehmen der Weg in die Elektrifizierung noch völlig ungeklärt.

Verbot von Neuwagen mit Benzin oder Diesel in zehn Jahren?

Der Druck ist aber groß, denn die gesetzlichen Vorgaben nehmen immer stärker zu: In zehn bis 15 Jahren könnte der Verkauf von Neuwagen mit Benzin- und Dieselmotor in vielen Ländern verboten sein. „Für kleine eigenständige Hersteller von Luxusautos ist der Einstieg in die Elektromobilität schwierig“, erklärt Arndt Ellinghorst, Automobilanalyst beim US-Investmenthaus Bernstein.

Die Kosten für die Elektrifizierung sind immens hoch. So hat beispielweise allein der Volkswagen-Konzern rund zwei Milliarden Euro für die Entwicklung seiner neuen Elektroplattform MEB ausgegeben, die ausschließlich für Elektroautos verwendet wird.

Bentley ist kein eigenständiger Hersteller von Luxusmodellen, sondern Teil des weltweit größten Automobilherstellers. Die englische Marke kann sich bei der Entwicklung ihrer Elektromodelle auf den VW-Konzern verlassen. Dieser hat sich im Herbst eindeutig festgelegt: Innerhalb des kommenden Jahrzehnts wird das Modellangebot von Bentley komplett elektrisch gedreht.

Wichtigster Entwicklungspartner wird künftig die Ingolstädter Konzernschwester Audi sein. Das erste komplett batteriebetriebene E-Modell, das die britische VW-Tochter im Jahr 2025 präsentieren will, ist in Wahrheit ein abgeleitetes Audi-Produkt, das künftig im VW-Werk Hannover von den Bändern laufen wird. Im sogenannten „Artemis“-Projekt entwickelt Audi ein Elektromodell neuester Generation (Projektname: „Landjet“), dessen Grundgerüst auch Bentley und Porsche zur Verfügung gestellt wird.

Unklare Zukunft für Ducati und Lamborghini

Innerhalb des VW-Konzerns ist Bentley mit dieser klaren Elektrifizierungsstrategie unter den kleinen Marken noch eindeutig die Ausnahme. Schließlich gibt es auch Lamborghini, Bugatti – und mit der italienischen Marke Ducati sogar einen führenden Motorradhersteller. Doch bei diesen anderen Konzerntöchtern ist die elektrische Zukunft keineswegs so eindeutig festgelegt.

„Wir müssen überlegen, wie die beiden Marken in einer Welt funktionieren, in der in wichtigen Märkten der Verbrenner in zehn oder 15 Jahren verboten ist“, sagte Konzernchef Herbert Diess vor Kurzem in einer internen Managementrunde über Lamborghini und Ducati.

Die anstehende Elektrifizierung dürfte für einen verschärften Selektionsprozess unter den Autoherstellern sorgen. „Wir erleben sowieso schon eine Ausdünnung unter allen Automarken“, konstatiert Stefan Bratzel, Professor am Center of Automotive Management (CAM) der Fachhochschule Bergisch Gladbach. Spätestens in fünf Jahren müssten sich auch kleinere Sport- und Luxusanbieter entscheiden, ob sie für sich eine elektrische Zukunft sehen – oder beim Verbrenner bleiben wollen und sich damit wahrscheinlich selbst aufgeben.

„Langfristig kommt niemand an der Elektrifizierung vorbei“, unterstreicht Bratzel. Jedem Autohersteller, der künftig keine Elektrovarianten im Angebot habe, drohe auf jeden Fall mindestens ein schwerer Imageschaden. Das Elektrofahrzeug stehe in absehbarer Zukunft für Normalität, der Verbrenner werde zur Ausnahme.

Aus Bratzels Sicht gibt es eine wirtschaftliche Grenze, an der sich die Umstellung auf Elektromodelle noch lohnt. „Mit etwa 10.000 jährlich produzierten Fahrzeugen ist eine Elektrifizierung einigermaßen sinnvoll“, sagt der Automobilprofessor. Bei Bentley dürften die Volkswagen-Verantwortlichen auf Bratzel gehört haben. Mit ihrer Jahresproduktion von zuletzt 12.500 Autos (2019) liegen die Briten ziemlich genau an dieser Grenze.

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Die italienische Tochter Lamborghini hat 2019, also in einem Jahr ohne Corona-Sondereffekte, knapp 8700 Exemplare gefertigt. „Damit befindet sich Lamborghini unterhalb dessen, was eigentlich noch sinnvoll ist“, erläutert Bratzel.

Die niedrige Stückzahl könnte ein Grund dafür sein, dass sich der VW-Konzern bei Lamborghini noch auf keine klare Strategie für die Elektrifizierung festgelegt hat. Konzernchef Diess nannte vor dem eigenen Management noch einen anderen Grund: „Wir merken an den Kundenwünschen von Lamborghini, dass dort die Elektrifizierung noch nicht ansteht.“

Der VW-Konzern will bei der italienischen Sportwagentochter vorsichtig vorgehen. Diess kündigte eine „leichte, eher leistungsorientierte Hybridisierung“ an. Lamborghini soll es also zunächst mit der Doppelmotorisierung mit Verbrenner und Elektroaggregat versuchen. Mit dem Verbrennungsmotor bleibe der typische Sportwagencharakter auf jeden Fall erhalten.

Bugatti spielt absolute Nebenrolle

Was eine mögliche Vollelektrifizierung betrifft, lässt sich Lamborghini nicht in die Karten blicken. Markenchef Stephan Winkelmann kündigte jüngst in einem Interview an, „dass die Elektrifizierung Teil meiner Agenda im Unternehmen ist“. Auch ein Sportwagenhersteller wie Lamborghini müsse sich dem wachsenden Regulierungsdruck und weiter verschärften Klimazielen stellen.

Experte Bratzel gibt nur den Sportwagenherstellern eine Chance, die die hohen Entwicklungskosten für neue Elektromodelle mit anderen Anbietern teilen. „Eine Zukunft hat derjenige, der beispielsweise eine Plattform aus einem Konzernverbund beziehen kann“, sagt er.

Bei Lamborghini bestehe diese Chance. Bislang gehört die italienische Marke noch zu Audi. „Möglicherweise wäre sie in Zukunft besser bei unserer Sportwagentochter Porsche in Stuttgart aufgehoben“, sagt ein Konzernmanager in Wolfsburg.

Innerhalb des VW-Konzerns verkauft Bugatti zwar die teuersten Autos, davon aber extrem wenige. 60 bis 80 Exemplare sind es im Durchschnitt pro Jahr, siebenstellige Beträge müssen Kunden dafür auf den Tisch legen. Bugatti ist innerhalb der Gruppe vor allem eine technologisch getriebene Prestigemarke, die bei einer Gesamtzahl von jährlich elf Millionen produzierten Konzernfahrzeugen nur eine absolute Nebenrolle spielt.

Deshalb scheint es im Moment noch völlig unklar, wie es mit Bugatti in einer elektrisch getriebenen Autowelt weitergehen könnte. Von Volkswagen kommen dazu nur sehr unkonkrete Aussagen. Bugatti sei zwar auch dazu bereit, „den Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu beschreiten“, heißt es. Doch wie das im Detail aussehen könnte, dazu gibt es keine Antwort. „Wir beobachten bei Bugatti die Fortschritte dieser Technologie sehr genau und werden im richtigen Moment in die Elektrifizierung einsteigen“, sagte ein Sprecher.

Bei Ducati gibt es erste Überlegungen für einen Elektroroller, bestätigte Konzernchef Diess. Später werde es auch ein elektrisches Motorrad geben, verlautet aus dem Konzern. Das größte technologische Problem bestehe im Moment noch darin, die Batterien für ein Motorrad passend zu verkleinern.

Ducati sei zuversichtlich, dass es schon bald kleinere Batteriesätze geben werde. Andere Motorradhersteller tun sich damit allerdings nicht so schwer: Harley-Davidson aus den USA verkauft bereits ein elektrisch angetriebenes Motorrad.

Daimler soll Aston Martin helfen

Auch außerhalb des Volkswagen-Konzerns müssen sich kleine Luxusmarken überlegen, mit welchem Elektroangebot sie auf die Verschärfung der Klimaziele reagieren. Beim krisengeschüttelten britischen Sportwagenhersteller Aston Martin gibt es bislang kein Elektroauto, die Fertigstellung eines ersten Batteriemodells verzögert sich.

Aston Martin hat im Corona-freien Jahr 2019 keine 6000 Autos verkauft. Spätestens bis 2025 wollen die Briten an die wichtige Grenze von 10.000 Exemplaren herankommen – Elektroautos dürften dabei allerdings noch eine ziemlich untergeordnete Rolle spielen.

Das Unternehmen spielt bei VW nur eine absolute Nebenrolle. Foto: dpa
Das Unternehmen spielt bei VW nur eine absolute Nebenrolle. Foto: dpa

Der britische Sportwagenhersteller ist zu klein, um den hohen Entwicklungsaufwand selbst zu stemmen. Deshalb soll mit Daimler ein Kooperationspartner helfen. Im Herbst haben die Schwaben ihre Beteiligung an Aston Martin von fünf auf 20 Prozent aufgestockt. Kurz zuvor hatte schon ein Daimler-Mann die Führung bei Aston Martin übernommen: Tobias Moers, der bis zu seinem Wechsel nach Großbritannien an der Spitze der Mercedes-Tochter AMG stand.

Daimler hat für die höhere Beteiligung kein Geld auf die britische Insel überwiesen. Der Stuttgarter Konzern bezahlt stattdessen mit Technologie. Aston Martin kann künftig verstärkt Mercedes-Entwicklungen nutzen, um die eigene Modellpalette zukunftsreif zu machen. Mit Daimler-Unterstützung aus Deutschland könnte Aston Martin es vielleicht doch schaffen, auf absehbare Zeit ein wettbewerbsfähiges Elektroangebot auf die Beine zu stellen.

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Von der Sportwagenmarke Ferrari geht bis heute eine immense und absolut unbestrittene Strahlkraft aus. Doch wie es um die weitere Zukunft des italienischen Autoherstellers bestellt sein mag, darüber herrscht noch Rätselraten. Ein Elektroauto ist nirgendwo in Sicht. Frühestens in fünf Jahren könnte es so weit sein, wird in Branchenkreisen spekuliert.

„Ferrari fehlt die Fahrzeugplattform aus einem großen Konzern“, warnt Bernstein-Analyst Ellinghorst. Deshalb werde es für den italienischen Sportwagenhersteller alles andere als einfach, ein eigenes Elektroangebot zu entwickeln.

Ferrari hat zwar keinen Partner, kommt aber immerhin auf eine jährliche Produktionszahl von mehr als 10.000 Autos und ist damit deutlich größer als Aston Martin. Vielleicht schafft es das Unternehmen auch aus eigener Kraft: Denn mit einer Umsatzrendite von mehr als 20 Prozent liegt die italienische Marke ganz weit vorn in der Autobranche.

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