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Lufthansa-Chef Spohr legt sich mit den Flughäfen an

Das Flugchaos vom Sommer soll sich nicht wiederholen. Doch statt Lösungen droht beim Luftfahrtgipfel mit den Spitzen der Branche nur mehr Streit. Weiteres Ungemach könnte von der Politik kommen.

Der nächste Belastungstest kommt am Freitag. Dann beginnen in Hessen die Herbstferien, und der größte deutsche Flughafen in Frankfurt erwartet den Ansturm von 230.000 Fluggästen an einem Tag. Man möge möglichst früh am Airport sein, am besten zweieinhalb Stunden vor dem Abflug, empfiehlt der Flughafenbetreiber Fraport.

Es ist eine gute Gelegenheit für all jene, die genau eine Woche später in Hamburg am Luftfahrtgipfel unter Moderation von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer teilnehmen, noch einmal genau zu analysieren, wo es in der deutschen Luftfahrt hakt.

In großer Eintracht und öffentlichkeitswirksam sollen die Spitzen von Airlines, Flughäfen, Flugsicherung, Bundespolizei und weiteren Branchenvertretern am 5. Oktober eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, mit der sie in Zukunft einen verlässlicheren Flugbetrieb in Aussicht stellen. Das sei der Wunsch der Politik, heißt es in Branchenkreisen. Das Ziel: Ein Chaos mit Verspätungen und Flugausfällen wie in diesem Sommer soll sich nicht wiederholen.

Doch mit der Eintracht tut sich die Branche erkennbar schwer. Vielmehr gibt es neuen Zwist. Ein Grund: Carsten Spohr, der Chef der Lufthansa, kämpft unvermindert für seinen Lösungsansatz: der Reduzierung der Kapazität an deutschen Flughäfen, sprich: weniger Starts und Landungen.

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Als Spohr diese Idee vor einigen Wochen öffentlich machte, bekam er heftige Gegenwehr von den Airport-Chefs, die um ihr Geschäftsmodell fürchten. So fürchten die Flughafen-Manager, dass der Chaos-Sommer noch weit in die Zukunft negative Folgen für sie haben wird. So könnten Ausbauvorhaben, die schon jetzt nur schwer politisch durchzusetzen sind, weiter aufgeschoben werden.

Doch Spohr lässt nicht locker: Am vergangenen Donnerstag preschte der Konzernchef nach Informationen des Handelsblatts im Koordinierungsausschuss des Frankfurter Flughafens mit der konkreten Forderung vor, die Kapazität am größten deutschen Drehkreuz zu reduzieren. Danach soll dieser Stundeneckwert von aktuell 104 auf 102 Flugbewegungen für die gewerbliche Luftfahrt gesenkt werden. Entsprechende Informationen werden in Branchenkreisen bestätigt.

Der Koordinierungsausschuss gibt gegenüber den entscheidenden Behörden, dem Bundesverkehrsministerium und dem hessischen Verkehrsministerium, zwei Mal im Jahr eine Empfehlung darüber ab, wie viele Flugbewegungen es in der kommenden Flugsaison geben soll. In dem Gremium sitzen Vertreter des Flughafenbetreibers, der Flugsicherung (DFS), von Airlines, von Verbänden sowie von Behörden.

Weder Fraport noch Lufthansa wollten sich auf Nachfrage zu den Inhalten der üblicherweise sehr vertraulichen Gesprächen in dem Ausschuss äußern. Ein Sprecher der Lufthansa erklärte lediglich, dass die frühere Aussage von Carsten Spohr weiter gelte, zumindest bis andere und bessere Ideen vorlägen. Zugleich betonte er aber, dass der Konzern das Thema Reduzierung der Eckwerte an Flughäfen nicht beim geplanten Luftfahrtgipfel ansprechen wolle.

Branchenkenner vermuten, dass Lufthansa damit auch indirekt den eigenen Marktanteil sichern will. Denn einem Marktführer wie Lufthansa fällt es wegen der Größe grundsätzlich schwerer, mit dem Markt zu wachsen, um die eigene Position zu verteidigen. Kleinere Rivalen können alleine wegen des Basiseseffekts viel leichter überproportional zuzulegen und ihren Marktanteil so ausbauen.

Spohr dürfte seinen Plan abseits des Gipfels weiterverfolgen

In Kreisen der Flughafen-Manager wird der jüngste Vorstoß des Lufthansa-Chefs gleichwohl als reine Provokation unmittelbar vor dem Gipfel gesehen. Offiziell will sich keiner äußern, aber überall wird auf die jüngsten Ankündigungen der wichtigen deutschen Flughäfen verwiesen, wegen der angespannten Situation vorerst auf eine Erhöhung der Eckwerte zu verzichten.

Auch Fraport-Chef Schulte hatte erst vor wenigen Tagen erklärt, die Zahl der Flugbewegungen erst einmal nicht weiter erhöhen zu wollen. „Wir haben damit schon mal ein Zeichen gesetzt für den bevorstehenden Luftfahrtgipfel“, sagt der Manager eines deutschen Flughafens.

Zwar konnte Lufthansa – so wird berichtet – nicht die Mehrheit der Mitglieder in dem Koordinierungsausschuss für sich gewinnen. Doch in Luftfahrtkreisen geht man davon aus, dass Spohr sein Anliegen jenseits des Gipfels weiterverfolgen wird.

So könnte er die Kapazitätsreduzierung in Frankfurt zum Beispiel in einem offiziellen Antrag den zuständigen Instanzen, dem Bundesverkehrsministerium und dem Hessischen Verkehrsministerium vorlegen. Die müssten dann schnell entscheiden – unter Umständen sogar noch vor dem 5. September, dem Tag des Gipfeltreffens.

Ob es tatsächlich dazu kommt, ist offen. Fest steht: Für den Frankfurter Flughafen kommt der Vorstoß zu einer denkbar ungünstigen Zeit. In Hessen stehen am 28. Oktober Landtagswahlen an. Die amtierende schwarz-grüne Koalition muss um ihre Mehrheit bangen.

Ob ein grüner Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in der Situation und angesichts der latenten Debatte in der Region um Lärmbelastung eine Kapazitätsabsenkung am Flughafen ablehnen kann, erst recht, wenn dieser Wunsch von der größten deutschen Airline kommt, ist fraglich. Zumal andere Politiker wie Thomas Will, SPD-Landrat von Groß-Gerau, die Idee von Spohr bereits begrüßt haben.

Der Fall zeigt, wie schwer es der Branche fällt, eine Lösung für das Verspätungs- und Ausfallsdesaster zu finden. Zwar haben alle erkannt, dass am 5. Oktober in Hamburg Einigkeit gefragt ist. Das zeigte sich etwa am 13. September. An dem Tag kamen „auf Arbeitsebene“ Vertreter der Branche und des Verkehrsministeriums in Berlin zusammen, um den Gipfel vorzubereiten. Die Stimmung sei recht gut gewesen, alle hätten ihre individuellen Interessen zurückgestellt. „Es wurde darauf verzichtet, mit eigenen Forderungen vorzupreschen“, heißt es im Umfeld der Teilnehmer.

Doch hinter den Kulissen führen alle Beteiligten eifrig weiter eigene Gespräche mit den politischen Mandatsträgern auf Landes- und Bundesebene – in der Sorge um das eigene Geschäft.

Düsseldorfer Airport-Chef attackiert Lufthansa

Nicht ohne Grund warb Fraport-Chef Schulte in seiner Rolle als Präsident des Flughafenverbandes ADV vor wenigen Tagen noch einmal ausdrücklich für Investitionen in die Infrastruktur am Boden. Sie werde in den kommenden Jahren zunehmend zu einem Flaschenhals werden.

„An fast allen Flughäfen werden in den nächsten Jahren größere und kleinere Projekte zur Kapazitätssteigerung erforderlich sein“, so Schulte. Schon zusätzliche Positionen auf dem Vorfeld müssten aber durch ein Planfeststellungsverfahren. „Die Verfahren sind hochkomplex und dauern lange“, so Schulte.

Die Diskussion über die Eckwerte hält Schulte dagegen für falsch und nicht zielführend. „Wenn ich Staus auf der Autobahn habe, kann ich doch auch nicht den Leuten verbieten, ihr Auto zu benutzen. Da muss ich Umgehungsstraßen ausweisen, Verkehrsleitsysteme verbessern oder zum Beispiel Knotenpunkte vergrößern“, hatte der Fraport-Chef kürzlich gegenüber dem Handelsblatt klargemacht.

Noch deutlichere Worte wählte Schultes Kollege Thomas Schnalke, der Chef des Düsseldorfer Flughafens, vor einigen Tagen. Das Hauptproblem der Branche sei in der Luft zu suchen, nicht an den Flughäfen, erklärte er mit Blick auf die Probleme der Airlines gegenüber der „Rheinischen Post“.

Rund 60 Prozent der 3000 Flüge, die bis dato in Düsseldorf hätten gestrichen werden müssen, seien auf die Lufthansa-Gruppe entfallen, obwohl diese nur einen Marktanteil von 45 Prozent habe. Lufthansa-Chef Spohr hatte zuvor öffentlich den Beschluss, den Flughafen vorerst nicht weiter auszubauen, als eine der „besten Entscheidungen“ des Jahres bezeichnet.

Zu all dem gesellt sich ein grundsätzliches Problem: Die Luftfahrtbranche leidet nach wie vor unter einem schlechten Image, auch bei den politischen Entscheidungsträgern. Fluglärm, Umweltbelastung – alles das sind sensible Themen bei den Wählern. Und so fliegt der Branche schon ein neues Thema um die Ohren: das Ablassen von Kerosin in Notsituation. Und dabei hat sie noch nicht einmal ein Weg aus der aktuellen Misere gefunden hat.

Das Kerosin-Thema soll nach dem Willen von Malu Dreyer, der rhein-pfälzischen Ministerpräsidentin, sogar in den Bundesrat. Demnächst, so der Plan, sollen Airlines im Netz darüber informieren, wann und wo Maschinen den Treibstoff abgelassen haben. Eine entsprechende Anweisung an die Deutsche Flugsicherung und das Luftfahrtbundesamt gibt es bereits. Am 21. September will Dreyer nun einen Entschließungsantrag über ein offizielles Meldeverfahren in den Bundesrat einbringen.