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„Lieber kaufe ich die Flughäfen“: Scholz will sich an Airports in Not beteiligen

Der Bundesfinanzminister will die Flughäfen der Länder nur unter einer Bedingung retten: Der Bund soll Anteile an den wichtigen Airports erhalten.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will notleidenden Flughäfen nur helfen, wenn er im Gegenzug Anteile an den Airports erhält: Wie das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfuhr, setzt der Vizekanzler auf eine Staatsbeteiligung, sollte der Bund den durch die Coronakrise in Existenznöte geratenen Flughäfen beispringen.

Eine reine „Bezuschussung“ sei „nicht angemessen“, ließ der Minister durch seinen Staatssekretär Werner Gatzer Anfang Februar in einer internen Bund-Länder-Runde erklären. Ohne Gegenleistung werde kein Geld fließen. Vielmehr denke das Ministerium „in Richtung Kapitalbeteiligung des Bundes an den größeren Flughäfen, die aus Bundessicht systemrelevant sind“, zitieren Teilnehmer der Runde Gatzer.

Flughäfen und Flughafenpolitik sind wie der Nahverkehr Sache der Bundesländer: In der Coronakrise aber soll der Bund auf Drängen der Länder einspringen. Beim Nahverkehr flossen bereits von jeder Seite 2,5 Milliarden Euro. Nicht so bei den Flughäfen, auch wenn Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dazu bereit wäre. Erst am Dienstag hatte er wiederholt erklärt: „Mir geht es darum, Infrastruktur zu erhalten. Und Flughäfen gehören nun mal auch zur Infrastruktur.“

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Zuletzt hatte sich Scheuer im November derart geäußert und bei dem von ihm einberufenen Luftverkehrsgipfel den durch die Krise unter Druck geratenen Airports der Länder eine Milliarde Euro Bundesmittel in Aussicht gestellt. Allerdings fehlt bis heute eine verbindliche Zusage seines Kabinettskollegen. Im Gegenteil: Schatzmeister Scholz verlangt Gegenleistungen für das Geld der Steuerzahler.

Die Lage der Flughäfen ist ernst: Nach dem Flughafen Paderborn hat in der vergangenen Woche der Bodensee-Airport in Friedrichshafen Insolvenz angemeldet. Zudem heißt es in Koalitionskreisen in Berlin: „Es ist nicht in Sicht, dass bald schon wieder geflogen werden kann.“ Daher sei es wichtig, dass Bund und Länder sich endlich auf ein Rettungspaket verständigten.

Flughäfen sind Ländersache

Doch danach sieht es nicht aus: Im November pochte SPD-Kanzlerkandidat Scholz darauf, dass sich Bund und Länder die Lasten teilen: Vorher werde es keine Zusage auf mögliche Hilfen des Bundes geben. Ende Januar erst stimmten die Finanzminister der Länder dem Vorschlag zähneknirschend zu. Allerdings setzten sie dabei auf schlichte Zuschüsse. Diese aber lehnt Scholz ebenso vehement ab.

Vielmehr verweist der SPD-Politiker auf die Regelungen, die mit anderen Unternehmen in der Coronakrise getroffen wurden. Lufthansa, Condor und Tui etwa haben Hilfen beim Wirtschaftsstabilisierungsfonds beantragt. Unternehmen, die zumindest zum Teil in öffentlicher Hand sind, steht diese Anlaufstelle allerdings nicht zur Verfügung. Daher muss es eine separate Lösung geben.

Für Scholz ist dies die unmittelbare Beteiligung des Bundes. In Düsseldorf etwa ist ein kanadischer Investor involviert. Scholz sei nicht bereit, Privaten mit Steuergeldern bedingungslos zu helfen, hieß es. „Lieber kaufe ich die Flughäfen“, wird er zitiert.

EU-Regeln sehen Zuschüsse, Darlehen und Bürgschaften vor

In den Beihilferegeln der EU-Kommission ist davon allerdings nicht die Rede, sondern vielmehr von Zuschüssen, Darlehen, Bürgschaften und rückzahlbaren Zuschüssen. Der Flughafenverband ADV hält einen Staatseinstieg in Flughäfen für unverhältnismäßig und lehnt sie ab.

Derzeit hält der Bund Anteile an den Flughäfen in Berlin, Köln/Bonn und München. Für sie hat der Bund bereits im Haushalt 2020 und 2021 Hilfen in dreistelliger Millionenhöhe bereitgestellt. Das Geld fließt – vorausgesetzt, die anderen Gesellschafter springen entsprechend ihren Anteilen ebenfalls ein.

Geht es nach Scholz, dann könnten in Zukunft womöglich auch die Flughäfen Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Leipzig und Stuttgart von den Beamten im Beteiligungsreferat des Finanzministeriums betreut werden. Mit seinen 500 Millionen Euro soll sich entsprechend der Bund an den größeren Flughäfen beteiligen, während die Länder mit ihrem Geld die kleineren Flughäfen stützen, dann auch mit den von ihnen bevorzugten verlorenen Zuschüssen.

„Es geht um sechs oder sieben Flughäfen“

An diesem Mittwoch wird Gatzer einmal mehr in der Causa auf Verkehrsstaatssekretärin Tamara Zieschang treffen sowie auf die Haushalts- und den Verkehrspolitiker der Koalition. Vor allem die Haushalts- und Finanzpolitiker sympathisieren mit Scholz’ Haltung. Auch bei Wirtschaftspolitikern gibt es Zustimmung: „Es geht um bundesweit sechs oder sieben Flughäfen“, heißt es im regierungsinternen Verhandlungskreis.

Auch ein Kompromiss ist im Gespräch: So könnten etwa zunächst die Kosten, die durch die politisch verordnete Betriebspflicht entstehen, mit Steuermitteln von Bund und Ländern gedeckt werden. Laut ADV belaufen sich die Vorhaltekosten auf 740 Millionen Euro, die zwischen März und Juni 2020 entstanden sind, als der Luftverkehr Corona-bedingt zum ersten Mal nahezu zum Stillstand kam.

Der Großteil der Mittel entfällt auf den Flughafen Frankfurt (rund 160 Millionen), an dem der Bund bis 2005 beteiligt war. Danach folgen Berlin (rund 140 Millionen), München (130), Düsseldorf (100), Hamburg (50) sowie Stuttgart, Köln/Bonn, Hannover, Leipzig, Nürnberg und Bremen (30 bis zehn Millionen).

Fordert ein Flughafen darüber hinaus noch Hilfen, die die Anteilseigner nicht aufbringen wollen, dann käme eine Beteiligung des Bundes infrage.

Die Runde mit den Fraktionspolitikern soll „zeitnah“ ein Ergebnis erarbeiten, mit dem der Bund dann auf die Länder zugeht. Danach soll endgültig eine Lösung gefunden werden. Fest steht: Hilfen für Kleinstflughäfen soll es nicht geben.