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Kann dieser chinesische Milliardär Lotus mit mehr Esprit lenken als Richard Gere?

(Bloomberg) -- In Pretty Woman kurvt Hauptdarsteller Richard Gere unbeholfen in einem silbernen Lotus Esprit herum — angeblich weil Ferrari und Porsche nicht mit dem pikanten Hollywood-Klassiker von 1990 in Verbindung gebracht werden wollten. Der heutige Miteigentümer von Lotus, der chinesische Auto-Milliardär Li Shufu, hat noch eine Verbindung mit dem von Gere dargestellten Finanzinvestor Edward Lewis: Beide haben ein Auge für verborgene Werte.

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Lis Autoschmiede Zhejiang Geely Holding Group Co. schnappte sich 2017 für ganze 50 Millionen Pfund (56 Millionen Euro) die Hälfte von Lotus. Nun bringt Geely unter diesem Markennamen einen Elektroautohersteller an die Nasdaq — für stolze 5,4 Milliarden Dollar (5 Milliarden Euro). Doch die Wiederbelebung einer traditionsreichen Automarke ist das eine; Cashflows und Kostensynergien zu realisieren, um die 165 Milliarden Yuan (23 Milliarden Euro) Schulden der Holdinggesellschaft zu bedienen, ist eine ganz andere.

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Die Premiere von Pretty Woman vor über 30 Jahren markierte einen Höhepunkt für Lotus, das in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen feiert. James Bond, der Spion, der seinen Lotus Esprit liebte, kehrte zu Aston Martin zurück; der Erfolg von Lotus in der Formel 1 verschwand; und leichte, tief liegende Roadster wie die Elise boten zwar ein hervorragendes Fahrverhalten, entsprachen aber nicht mehr dem Geschmack der Verbraucher, die sich mehr Komfort wünschten. Heute verkauft Lotus etwa 1.600 Fahrzeuge pro Jahr, hauptsächlich an Liebhaber.

Lotus Technology Inc. — die Firma, die über den Börsenmantel L Catterton Asia Acquisition Corp. an die Börse geht — ist eine ganz andere Nummer. Das Unternehmen vertreibt zwar weltweit auch die Lotus-Sportwagen, darunter den imposanten 2-Millionen-Euro-Schlitten Evija, doch sein Hauptsitz befindet sich im chinesischen Wuhan, und sein Flaggschiff ist ein luxuriöser elektrischer SUV. Der Eletre kostet rund 100.000 Dollar und richtet sich an wohlhabende chinesische, europäische und US-amerikanische Verbraucher, die vielleicht noch nie einen Lotus in Betracht gezogen haben. Im nächsten Jahr soll eine batteriebetriebene Luxuslimousine hinzukommen. (Die Sportwagenfabrik von Lotus in Norfolk ist nicht Teil des Börsengangs.)

Die als Spacs bekannten Börsemäntel sind häufig ausgesprochen optimistisch mit ihren Aussagen zum Ausblick, da sie weniger strengen Regeln unterliegen als traditionelle IPOs. Lotus Tech ist da keine Ausnahme. Der Hersteller prognostiziert einen Jahresabsatz von 76.000 Fahrzeugen bis 2025, und eine Umsatzsteigerung von 90% pro Jahr auf fast 9 Milliarden Dollar – verglichen mit einem sehr geringen Umsatz derzeit (Lotus Tech hat noch keine Zahlen für 2022 vorgelegt). Das ist ganz schön selbstbewusst.

Das Vorgehen ist ein klassisches Li-Manöver, wie er es zuvor schon bei Volvo durchgezogen hat: Zhejiang Geely erwarb die vom Vorbesitzer Ford Motor Co. vernachlässigte schwedische Kultmarke für 1,8 Milliarden Dollar, polierte sie auf und brachte sie 2021 in Stockholm an die Börse. Volvos Elektro-Tochter Polestar folgte — ebenfalls via Börsenmantel — letztes Jahr in New York. Zusammen sind Volvo Car AB und Polestar Automotive Holding UK PLC jetzt 29 Milliarden Dollar wert, und Lis eigenes Vermögen ist auf mehr als 15 Milliarden Dollar angewachsen. Das weitläufige Autoimperium von Zhejiang Geely verkaufte im vergangenen Jahr 2,3 Millionen Fahrzeuge, von denen etwa ein Viertel auf Volvo entfiel.

Unbestritten bietet die Umstellung auf Elektroautos neuen Anbietern die Gelegenheit, etablierten Marken Kunden abspenstig zu machen, wenn diese die Wende verschlafen — bei Porsche zieht sich zum Beispiel wegen Softwareproblemen das Angebot von Elektroversionen seiner beliebten SUVs Macan und Cayenne hin. Die Neuauflage der Marke Lotus könnte dazu beitragen, Kunden im Westen zu gewinnen, die womöglich Bedenken haben, ein chinesisches Auto zu kaufen.

Überdies sind Investoren weiterhin bereit, für noch unrentable Luxus-Elektroauto-Marken horrende Bewertungen anzusetzen — die Lucid Group Inc. ist mehr als 20 Milliarden Dollar wert, obwohl sie im vergangenen Jahr nur 7.000 Autos gebaut hat. Und L Catterton, der Finanzinvestor, der den Börsenmantel für den Lotus-IPO kontrolliert, kennt sich mit Luxusmarken aus: Hinter ihm steht LVMH Moet Hennessy Louis Vuitton SE-Boss Bernard Arnault, der reichste Mann der Welt.

Jedoch hat Lotus Tech erst 5.000 Eletre-Vorbestellungen verbucht, und die Auslieferungen sollen erst in diesem Quartal beginnen. Das macht es für potenzielle Investoren schwierig, einzuschätzen, ob Marke und Technologie attraktiv genug sind. Hinzu kommt, dass der Börsengang nach Abzug der Kosten zunächst nur 335 Millionen Dollar frisches Geld in die Kassen spült — und selbst dieser Betrag dürfte noch abschmelzen, wenn einige der Spac-Investoren sich auszahlen lassen. Das ist für die Autoindustrie ein ziemlich bescheidener Betrag. Der Börsengang von Volvo brachte dagegen rund 2,6 Milliarden Dollar ein.

Skepsis ist also angebracht — aber Li hat schon einmal bewiesen, dass er ein solch rasantes Wachstum hinlegen kann. Zeekr Intelligent Technology Holding Ltd, eine weitere seiner Luxusautomarken, lieferte im ersten vollen Verkaufsjahr 2022 unglaubliche 72.000 Fahrzeuge aus und hat im Dezember selbst einen US-Börsengang angestoßen. Polestar wiederum, das erst 2020 mit der Auslieferung begonnen hat, steigerte den Absatz im vergangenen Jahr um 80% auf über 50.000 Fahrzeuge und übertraf damit US-Rivalen wie Rivian Automotive Inc. und Lucid, die mit Produktionsproblemen zu kämpfen hatten.

Allerdings bleibt Li bislang den Beweis schuldig, dass er solches Umsatzwachstum auch in Gewinne ummünzen kann. S&P Global Ratings hat Geelys Ausblick im November auf negativ herabgesetzt, weil steigende Batteriekosten und ein schlechterer Margenmix auf den Gewinnen lasten. Die Holding steht derzeit nur eine Stufe über Ramschniveau, da ein “erheblicher Schuldendruck” auf ihr laste, so S&P.

Bei Volvo Car wiederum sank die bereinigte operative Marge im dritten Quartal auf nur 4,4%, eine Folge von Inflation bei den Inputkosten, schärferer Konkurrenz und geringer Preissetzungsmacht. Zum Vergleich: Der Pkw-Bereich der Mercedes-Benz Group AG erzielte eine Marge von 14,5%. Polestar verbrennt unterdessen munter weiter Bargeld in rauen Mengen, trotz des vermeintlichen “Asset-Light”-Geschäftsmodells, das dem von Lotus ähnelt. (Eine Geely-Fabrik in Wuhan baut die Autos für Lotus Tech, so wie Volvo die für Polestar baut.)

Lotus Tech hat bislang nicht offengelegt, wie rasch es Barmittel verbrennt, rechnet aber nicht vor 2025 mit einem positiven Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. In der Bewertung von 5,4 Milliarden Dollar steckt also eine Menge Hoffnung. Um sie zu erfüllen, wird Li beweisen müssen, dass er ein besserer Lotus-Fahrer ist als Gere es war.

Überschrift des Artikels im Original:Billionaire Drives Lotus Better Than Richard Gere: Chris Bryant

©2023 Bloomberg L.P.