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Mit Leasing-Schnäppchen zum Erfolg: Wie Vehiculum auch Privatkunden ködern will

Leasing ist bislang vor allem für Geschäftskunden lukrativ. Das Start-up, das schon Lidl half Autos zu verleasen, will nun den Privatkundenmarkt aufmischen.

1000 Autos zu verkaufen, ist selbst für erfahrene Autohändler kein leichtes Unterfangen. Lukas Steinhilber und seinem Start-up Vehiculum ist dieses Kunststück in einer Woche gelungen. Über den Discounter Lidl hatte die Leasing-Plattform den Fiat 500 angeboten. Für 89 Euro im Monat konnte das Modell geleast werden. Nicht nur das große Medienecho, auch das Kundeninteresse hat den jungen Unternehmer überrascht.

„Es ist besser gelaufen als wir es uns vorgestellt haben“, sagt Steinhilber. Eigentlich sollte die Aktion bis Ende April laufen. „Es war eine erste Pilotkampagne, sozusagen unsere ersten Gehversuche im Privatkundensegment“. Der Testlauf ist geglückt, nun will das Start-up richtig durchstarten. Bereits im dritten Quartal 2019 will Vehiculum ins Privatleasing einsteigen, verrät Steinhilber im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Seit 2017 vermittelt Vehiculum über seine Plattform Leasingwagen für Gewerbetreibende. In dieser Zeit hat es bereits mehr als 300 Millionen Euro umgesetzt. 2018 wurde die letzte Finanzierungsrunde über sieben Millionen Euro abgeschlossen. Hinter Vehiculum stehen namhafte Investoren wie Coperion, der MobilityFunds und Smava-Gründer Alexander Artopé. Sie alle setzen auf den Durchbruch. Für 2019 plant Vehiculum eine halbe Milliarde Euro umzusetzen.

Eigentlich ist Leasing in Deutschland nichts Neues mehr. Vier von zehn Neuwagen in Deutschland wurden im Jahr 2018 geleast, zeigt die jüngste Statistik des Bundesverbandes der Leasingunternehmen. Doch Kunden sind meist Unternehmen, die von besonders günstigen Konditionen profitieren. Für Privatkunden war Leasing meist keine Alternative.

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Für Autoprofessor Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft in Geislingen ist die Zurückhaltung vor allem mit dem bisherigen Verhältnis der Deutschen zum Autobesitz zu erklären. „Bisher war es den Kunden kaum zu vermitteln, warum sie Raten zahlen sollen, ohne dass ihnen das Auto anschließend gehört“, sagt er. Für Privatkunden sei die Leasingrate, die sich aus dem Wertverlust und einem Risikoaufschlag für die Leasinggesellschaft errechnet, darüber hinaus immer noch sehr undurchschaubar. „Einen Kredit kann ich mir leicht ausrechnen, bei der Leasingrate ist das anders“, sagt er.

Dass die Zahl der privaten Leasingkunden im Jahr 2019 trotzdem um 19 Prozent gestiegen ist, erklärt der Autoprofessor mit dem Mentalitätswandel. „Der Trend, lieber zu Besitzen als zu Kaufen, hat auch den Autohandel erreicht“, sagt er. „Das hat Leasing etwas attraktiver gemacht.“

Vehiculum sieht das größte Wachstumspotential darum vor allem bei den Privatkunden. „Bei Dienstwagen bewegt sich der Leasinganteil bei 80 bis 85 Prozent“, sagt Steinhilber. „Der Privatkundenmarkt wächst dagegen.“ Denn das Modell monatlicher Raten passt nach Ansicht von Steinhilber besser in die heutige Zeit. Netflix und Spotify machen es vor. Vor allem will Vehiculum den Leasingprozess aber deutlich einfacher und transparenter gestalten.

Das beginnt bei der Leasingrate. „Die Autoindustrie hat es sehr lange geschafft, aus den Preisen ein Geheimnis zu machen“, sagt Steinhilber. „Kunden hatten im Grunde keine Ahnung, was sie am Ende zahlen.“ Mit eigenen Algorithmen liest Vehiculum darum die Preisentwicklung bei den Leasinggesellschaften aus. Fehlende Informationen holt sich das Start-up von Partnerhändlern. Am Ende steht eine vergleichbare Leasingrate.

Gibt ein Händler Rabatte und Prämien für ein bestimmtes Modell, fließt das in die Leasingrate ein. Die Preisunterschiede vergleichbarer Modelle fällt heute schon bei den Gewerbeangeboten von Vehiculum ins Auge. Auf der Plattform ist die Leasingrate für einen Ford Mondeo als Kombi beispielsweise etwa halb hoch wie bei einem vergleichbaren VW Passat. „Wir garantieren den Kunden, dass wir die Leasingrate, die wir auf unserer Plattform zeigen, letztendlich auch im Leasingvertrag steht“, sagt Steinhilber.

Gut für Vehiculum: laut einer Umfrage des Verbandes „Banken der Automobilwirtschaft“ nutzen bereits 53 Prozent der Befragten das Internet, um ein passendes Leasingangebot zu finden. Die Mehrheit steuert dafür aber die Seiten der Autohersteller und Händler an. Vergleichsportale nutzen demnach nur 30 Prozent der Kunden.

Und auch das Kundenverhalten kommt den Herstellern entgegen. Mehr als die Hälfte aller Leasingkunden entscheiden sich zunächst für eine Marke und suchen erst dann passende Angebote, zeigt die Umfrage. Die Skepsis gegenüber digitalen Angeboten ist dagegen noch hoch: 38 Prozent können sich laut einer Umfrage des Verbandes gar nicht vorstellen, ihr neues Auto komplett online zu finanzieren oder zu leasen.

Doch mit einer Onlineabwicklung könnten die Kosten für den Vertrieb, und damit der Leasingpreis, deutlich sinken, ist Steinhilber überzeugt. Das Vertriebsnetz koste die Autohersteller heute 15 Prozent der Marge. Der Großteil fließe in opulente Showrooms und Gehälter. „Wir brauchen dagegen kein Autohaus und keinen Verkäufer“, sagt er. Stattdessen setzt er auf einen komplett digitalen Prozess, wie man ihn beim Lidl-Auto erprobt hat.

In 15 Minuten zum Leasing-Vertrag

„Wir verkürzen einen Prozess, der normalerweise Tage dauert, auf wenige Minuten“, sagt der Gründer. Die Bonitätsprüfung, die bei einigen Autobanken mehrere Tage dauern kann, erfolgt komplett online und in wenigen Minuten. Beim Lidl-Auto wurden dann auch die Leasing-Verträge sofort generiert: Kunden mussten sich per Video ausweisen und dann mit einer digitalen Signatur unterschreiben. „Nach 15 Minuten hat man so einen rechtskräftigen Leasingvertrag aufgesetzt“, sagt Steinhilber. Im klassischen Autohandel dauert es heute deutlich länger.

Dafür ist die Auswahl für den Kunden auch überschaubarer gestaltet. Statt tausender Individualisierungsmöglichkeiten, wie sie in den Konfiguratoren der Autohersteller mittlerweile Standard sind, setzt Vehiculum auf wenige Varianten und Lackfarben. Auf Sonderleistungen wie Probefahrten müssen Kunden verzichten. Dafür gibt es bei einigen Modellen ein All-inclusive-Leasing – inklusive Versicherung und Kfz-Steuer.

Dass neue Konkurrenten wie Cluno oder Like2drive mit Auto-Abos den Markt übernehmen könnten, glaubt Steinhilber nicht. Bislang seien diese Angebote eine Nische in der Nische – und vielfach einfach noch zu teuer. Er setzt dagegen darauf, aus seinem Start-up einen Marktführer im Online-Leasing zu formen.

Für den Einstieg ins Privatkundengeschäft muss aber auch das Start-up dafür mit Händlern zusammenarbeiten, so ist es gesetzlich vorgeschrieben. „Beim Thema Direktgeschäft ist Deutschland leider ein wenig hinterher“, sagt der Vehiculum-Gründer. Für die Händler sei die Zusammenarbeit mit dem Start-up auch eine Chance, sagt er.

Vor drei Jahren seien die Autohändler dem Online-Geschäft noch sehr skeptisch begegnet. Mittlerweile würden sich vor allem die großen Händlergruppen öffnen. Denn alle Händler stehen vor dem gleichen Problem: sie sollen mehr Autos verkaufen, obwohl weniger Laufkundschaft in die Autohäuser kommt. Mit dem Onlinegeschäft sei die Zahl der erreichten Kunden deutlich größer. „Wir sind keine Apokalyptiker, die sagen: In fünf Jahren gibt es keine Autohäuser mehr“, sagt Steinhilber.

Angst, dass etablierten Hersteller ihm das Geschäft streitig machen können, hat Vehiculum-Gründer Steinhilber aber nicht, sagt er. „Unsere Beziehung zu den Autoherstellern ist grundsätzlich gut.“ Und auch mit den Finanzsparten der Autohersteller pflege Vehiculum enge Beziehungen.

Bei den Autokonzernen und Händlern werden die neuen Leasing-Plattformen dennoch genau beäugt. „Große Händler beschäftigen sich längst damit, bestimmte Geschäftsfelder auch digital abzubilden“, sagt Autoprofessor Reindl. Sollte sich das Geschäftsmodell von Vehiculum als erfolgreich erweisen, rechnet er mit einer Reaktion der Automobilwirtschaft. Schon beim Lidl-Auto hatten die Fiat-Händler umgehend mit einem eigenen Angebot nachgezogen.