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Warum sich Kununu aus den USA zurückzieht

Die Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu beendet ihre US-Expansion. CEO Moritz Kothe will aus dem Scheitern vor allem eines: lernen.

Die Pläne waren hochfliegend. Eine Niederlassung in den USA, das war der Traum von Moritz Kothe. Der 40-Jährige ist seit viereinhalb Jahren CEO der Plattform Kununu. Mit Verve trieb er das zukunftsträchtige US-Projekt voran. Doch nun ist klar: Die Mission Amerika ist beendet. Kothe ist nach Deutschland zurückgekehrt. Zusammen mit seiner Familie war er nach Boston gezogen. „Wir haben eine Menge aus der US-Expansion gelernt“, sagt der Rückkehrer heute.

Kununu ist eine Bewertungsplattform, auf der Mitarbeiter ihre Arbeitgeber bewerten können. Aktuell gibt es dort etwa 3,2 Millionen Bewertungen zu rund 550.000 Unternehmen. Die Mitteilungsfreude der Mitarbeiter und meist auch ehemaliger Mitarbeiter über ihre Arbeitgeber ist rege. So rege, dass Betriebswirt Kothe die Expansionspläne des Start-ups Kununu, das 2007 in Wien gegründet wurde, stark vorantrieb.

Der Rückzug aus den USA ist ein Makel in der ansonsten erfolgreichen Unternehmensgeschichte. Es ist aber ein Makel, aus dem Kothe lernen will. Und den er offen kommunizieren möchte. Denn auch das weiß der Bewertungsspezialist: Mitarbeiter wollen wissen, wie es um ihr Unternehmen tatsächlich steht. Und dazu gehören offene Worte, auch wenn sie schmerzen.

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Kununu ist seit 2013 eine Tochter der New Work SE, zu der auch die Vernetzungsplattform Xing gehört. Haupteigentümer mit einem Anteil von 50 Prozent ist das Münchener Medienunternehmen Burda („Focus“, „Bunte“). Für Unternehmen sind die Bewertungen, die sie von den eigenen Mannen bekommen, wertvoll. Denn in Zeiten des Fachkräftemangels buhlen immer mehr Firmen um die Gunst der Toptalente – und nicht umgekehrt. „Das Ziel von Kununu ist eine volle Transparenz am Arbeitsmarkt, um eine bessere Arbeitswelt für alle zu schaffen“, wirbt Kothe.

Rund 7500 Firmen präsentieren sich Jobsuchenden auf der Plattform Kununu mit eigenen Profilen. Diese kosten zwischen 5000 und 10.000 Euro. Mit diesem Geschäft verdient Kununu sein Geld. Rund 110 Mitarbeiter arbeiten für Kununu, das Unternehmen ist nach Auskunft von Kothe „sehr profitabel“.

Die Geschäfte liefen so gut, dass Kothe 2016 den Sprung nach Amerika wagte. Um sein Unternehmen bekannter zu machen, kooperierte Kothe mit dem Wettbewerber Monster. Die Plattform ist in den USA nach Indeed die meistbesuchte Karriereseite. Monster half mit Kontakten zu Geschäftspartnern und bei juristischen Fragen.

Doch die Zusammenarbeit endete rasch: 2018 übernahm Kununu die Geschäftsanteile von Monster an dem Joint Venture. Der symbolische Preis: ein US-Dollar. Monster habe anfangs sehr geholfen, aber nach einigen Jahren „keinen relevanten Beitrag zur Wertsteigerung“ mehr beigetragen, sagt Kothe.

Auf sich allein gestellt liefen die Geschäfte allerdings nicht besser. Statt Tausender Unternehmen, die ihre Profile auf der Plattform für Jobsuchende hinterlegen, fanden sich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten nur gut 100 Firmen, die diese Dienstleistung buchten. Viel zu wenig, um profitabel zu sein.

Zu Hochzeiten des US-Engagements arbeiteten dort 25 Kununu-Mitarbeiter, zum Schluss waren es nur noch zehn. Insgesamt zehn Millionen Euro hat das US-Geschäft gekostet, so steht es im Geschäftsbericht 2019 von New Work. So viel zur Sollseite des Geschäfts.

Nicht die nötige Relevanz erreicht

Auf der Habenseite stehen für den energiegeladenen Manager Kothe jede Menge Lehren, die er aus dem Scheitern zieht. „Wir wollten in den USA viel zu schnell wachsen – und haben zu wenig auf den Product-Market-Fit geachtet“, sagt er selbstkritisch. Kununu habe es nicht geschafft, die nötige Relevanz im amerikanischen Markt zu bekommen. „Wenn man in einen neuen Markt geht, dann hat das nichts mit Skalierung zu tun“, sagt er.

Kothe kennt unterschiedlichste Geschäftsmodelle. Nach seinem Studium in Hamburg startete er 2006 beim Kaffeeröster Tchibo und war Leiter der Abteilung Ideenentwicklung. Nach zweieinhalb Jahren wechselte er zum Tourismusanbieter Berge & Meer. 2011 ging er dann zu Blau Mobilfunk. Als knapp zwei Jahre später Xing Kununu kaufte, wechselte er dorthin.

Das Geschäft von Kununu lebt davon, dass einerseits die Plattform regelmäßig mit neuen Inhalten versorgt wird und andererseits die Zielgruppe diese Inhalte überhaupt im Internet findet. Um den Fokus im schwierigen US-Markt zu verkleinern, beschränkte sich Kununu nach einiger Zeit auf Unternehmen im Gesundheitsbereich. Doch auch dieser Kniff half nicht. Und dann kam die Coronakrise im Frühjahr.

„Ohne Corona hatten wir noch Hoffnung, mit Corona mussten wir aufgeben“, sagt Kothe. Die Mitarbeiter trugen die Nachricht mit Fassung. „Einige waren natürlich sehr enttäuscht“, sagt der CEO. Die Vorstellung, für den Arbeitgeber in die USA zu gehen, hatte so manchen Beschäftigten begeistert. „Mitarbeiter schätzen es aber auch, wenn Unternehmen offen und transparent mit einer solchen Situation umgehen.“

Auch beim Mutterunternehmen New Work hat die Coronakrise bereits ihre Spuren hinterlassen: Für das Gesamtjahr 2020 rechnet das Unternehmen mit einem leichten Umsatzwachstum auf 275 bis 285 Millionen Euro. Ende Februar 2020 war die Xing-Mutter noch von einem Jahresumsatz von 300 Millionen Euro ausgegangen.

„Ich bin davon überzeugt, dass Krisen der richtige Zeitpunkt für Kundenbindung sind“, sagte Thomas Vollmoeller, der das Unternehmen acht Jahre lang geführt und in diesem Mai die Leitung an Petra von Strombeck übergeben hat, im Frühjahr. Xing und der Mutterkonzern New Work wollten Unternehmen wie auch Nutzern „eine Zuflucht“ bieten, sagte Vollmoeller.

Mit diesem Selbstverständnis will auch Kununu weiterhin antreten. Das Thema Internationalisierung sei nicht vom Tisch, sagt Kothe, im Gegenteil: Der Manager lotet bereits neue Wachstumsländer aus und hat fünf bis sechs Märkte identifiziert, die interessant sind. Doch die konkreten Pläne hält er noch unter Verschluss.

Momentan hält die Coronakrise das Unternehmen noch in Schach. Wirtschaftlich, aber auch thematisch. Als Teil einer Kampagne soll ein „Covid Employer Transparency Ticker“ die Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in der Krisenzeit verbessern. In dem Ticker können Arbeitnehmer anonym ihre Bewertungen zum Umgang ihrer Arbeitgeber mit dem Thema Covid-19 teilen.

Das Ergebnis: Drei Viertel der bewerteten Unternehmen verhalten sich in der Wahrnehmung ihrer Angestellten gut, ein Viertel hat noch größeren Nachholbedarf. „Wir bekommen momentan viele Insights zu Corona“, sagt Kothe. Er hofft nun auf Rückenwind für sein Geschäftsmodell.