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Ein Konzern von Apples Gnaden

Manchmal reichen ein paar Stellenanzeigen, um die Zukunft eines Unternehmens in Frage zu stellen. Zum Beispiel bei Dialog Semiconductor. Der deutsch-britische Chiphersteller beliefert Apple mit Komponenten fürs Energiemanagement, im Geschäftsbericht ist der iPhone-Hersteller als wichtigster Kunde erwähnt. Doch der könnte bald verlorengehen, wie das Bankhaus Lampe in seiner jüngsten Einschätzung mit der Überschrift „vergifteter Apfel“ vermutet: Apple suche nach Spezialisten, um möglicherweise eine eigene Lösung zu entwickeln.

Diese Analyse, verbunden mit einer Verkaufsempfehlung, versetzt die Aktionäre in Panik: Der Wert der Dialog-Semiconductor-Aktie ist Dienstagvormittag um bis zu 36 Prozent abgestürzt, der Börsenwert um mehr als eine Milliarde Euro geschrumpft. Im Tagesverlauf hat sich der Kurs zwar etwas erholt. Trotzdem zeigt der Fall einmal mehr, wie kleine Zulieferer ihren großen Kunden ausgeliefert sind. Denn Dialog Semiconductor ist mit dem Problem nicht allein.

Eine Bestätigung der Analyse steht aus, die beiden Unternehmen äußerten sich am Dienstag auf Anfrage zunächst nicht. Aber: „Es gibt klare Indikationen, dass Apple selbst Ingenieure einstellt, die auf Powermanagement spezialisiert sind“, sagte Karsten Iltgen, Analyst vom Bankhaus Lampe, dem Handelsblatt. Seit 2015 stelle der Konzern Spezialisten ein, teils auch von Dialog Semiconductor. Inzwischen bestehe das Team aus 80 Mitarbeitern.

Der Analyst hört zudem aus Industriekreisen, dass der Konzern in Taiwan erste Chips produzieren lässt. Seiner Einschätzung zufolge könnten diese ab 2019 zum Einsatz kommen und die Komponenten des europäischen Herstellers teilweise ersetzen. Auch wenn eine vollständige Umstellung kurzfristig unwahrscheinlich erscheine: Die finanzielle Auswirkung für Dialog Semiconductors könnte in naher Zukunft „signifikant“ sein.

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Das große Problem: Mehr als 70 Prozent des Umsatzes – der im vergangenen Jahr 1,2 Milliarden Dollar betrug – erhält Dialog Semiconductor von Apple. Analyst Iltgen, der das Unternehmen seit dem Börsengang beobachtet, siehe eine solche gefährliche Abhängigkeit nicht zum ersten Mal. In der Vergangenheit hatte Dialog Semiconductor etwa große Mengen an Siemens und Ericsson geliefert, bis beide Auftraggeber die Verträge kündigten. Er fordert daher eine Diversifizierung der Kundenbasis.


Nicht allein in der Abhängigkeit

Nicht alle Experten sind so pessimistisch. Die Analysten von Exane erklären unter Berufung auf Kontakte mit dem Management, dass der Hersteller die Entwicklungen für 2017 und 2018 bereits vereinbart habe und nun über 2019 verhandle. Im Austausch mit Apple habe die Firmenspitze keine Veränderungen im Ton oder in der Denkweise ausgemacht. Zudem gebe es keine Hinweise, dass Apple 1000 Ingenieure einstelle, die es brauche, um das Energiemanagement komplett selbst zu entwickeln.

Immerhin: Das Bankhaus Lampe traut Dialog Semiconductor zu, sich von Apple zu emanzipieren. Derzeit seien drei Viertel der Entwicklungskapazität auf den großen Partner ausgerichtet – diese lasse sich im Zweifelsfall anders einsetzen, um neue Kunden zu gewinnen. Langfristig sei das Geschäftsmodell daher „höchst wertvoll“.

Mit seiner Abhängigkeit von Apple ist der deutsch-britische Zulieferer indes nicht allein. Laut einer Analyse der Nachrichtenagentur Bloomberg erhalten 16 Firmen mindestens die Hälfte des Umsatzes von Apple. Das ermöglicht ein gigantisches Geschäft – in diesem Jahr dürfte der Konzern allein 230 bis 240 Millionen iPhones verkaufen. Das ist aber eben auch ein enormes Risiko.

Gerade für Chiphersteller. Der Konzern bietet Hardware und Software aus einer Hand an, um diese genau aufeinander abzustimmen. Es ist ein entscheidendes Verkaufsargument für die teuren Smartphones und Tablets. Deswegen entwickelt er zunehmend selber Chips, etwa Prozessoren für Mobilgeräte, die in Vergleichstest regelmäßig sehr gut abschneiden.

Vor ein paar Tagen wurde bekannt, dass Apple in naher Zukunft auch Grafikchips selber entwickeln wird – diese sind nicht nur für die Darstellung auf dem Bildschirm wichtig, sondern auch für Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und „Augmented Reality“. Das geht zulasten des Partners Imagination Technologies, der bislang die Komponenten zugeliefert hat: Seine Aktie stürzte um bis zu 69 Prozent ab.

KONTEXT

Apples iPhone: Vom Pionier zum Kassenschlager

Das erste iPhone

Für das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk.

iPhone 3G

Ein iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler.

iPhone 3GS

Mit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein "Tick-Tock"-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein "S"-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip.

iPhone 4

Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand.

iPhone 4S

Apple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri.

iPhone 5

Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle.

iPhone 5S

Die wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter.

iPhone 6

Erstmals entschied sich Apple 2014 für zwei neue Modelle mit deutlich größeren Bildschirmen mit Diagonalen von 4,7 und 5,5 Zoll. Der Schritt löste einen Absatzsprung aus, Apple kam monatelang der Nachfrage nicht hinterher. Die Geräte wurden abermals dünner.

iPhone 6S

Gleiches Gehäuse, bessere Technik - das reichte im Weihnachtsquartal 2015 knapp für den nächsten Absatzrekord von knapp 74,8 Millionen verkauften iPhones.

iPhone 7

Zum ersten Mal geht Apple ins dritte Jahr mit einem weitgehend unveränderten äußeren Design. Doch der Großkonzern verzichtete unter anderem auf die klassische Ohrhörer-Buchse zugunsten des digitalen "Lightning"-Anschlusses.