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Konjunkturpaket XXL: Indien will Wirtschaft nach hartem Lockdown auf Wachstumskurs bringen

Indien plant nach dem Lockdown ein gigantisches Konjunkturpaket. Regierungschef Modi will zudem Fabriken aus China abwerben – und nimmt dabei auch Apple ins Visier.

In der Stadt Hyderabad warten Wanderarbeiter mit Schutzmasken auf einen Transport in ihre Heimatorte. Nun soll ein Konjunkturprogramm die Wirtschaft des Landes stützen. Foto: dpa
In der Stadt Hyderabad warten Wanderarbeiter mit Schutzmasken auf einen Transport in ihre Heimatorte. Nun soll ein Konjunkturprogramm die Wirtschaft des Landes stützen. Foto: dpa

In indischen Fabriken laufen die ersten Maschinen wieder an, von den Bahnhöfen in Metropolen wie Delhi und Mumbai fahren seit dieser Woche wieder Züge ab. In Asiens drittgrößter Volkswirtschaft geht einer der härtesten Lockdowns der Welt langsam zu Ende. Premierminister Narendra Modi sieht sich nun vor der Aufgabe, nach dem ökonomisch verheerenden Stillstand der vergangenen 50 Tage seinem Land eine neue wirtschaftliche Perspektive zu bieten. Er plant dafür einen finanziellen Kraftakt.

20 Billionen Rupien, umgerechnet rund 245 Milliarden Euro, soll das Konjunkturpaket seiner Regierung umfassen, kündigte Modi am Dienstagabend in einer Fernsehansprache an. Die Zahl, die zehn Prozent der indischen Wirtschaftsleistung entspricht, überraschte Beobachter.

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Sie hatten angesichts der leeren indischen Staatskassen mit einem deutlich geringeren Umfang gerechnet. Erste Details des ambitionierten Plans ließ Modi am Mittwoch dann seine Finanzministerin Nirmala Sitharaman vorstellen: Sie kündigte an, dass es als Teil des Pakets Kredite mit einem Volumen von insgesamt knapp 40 Milliarden Euro an kleine und mittelgroße Unternehmen geben soll.

„Es geht uns darum, das Wachstum anzuschieben und ein selbstständiges Indien aufzubauen“, sagte die Finanzministerin bei einer Pressekonferenz, zu der sie mit einer Stoffgesichtsmaske erschien. Weitere wesentliche Punkte des Programms will sie in den kommenden Tagen präsentieren. Ihre Regierung legt mit der stückweisen Veröffentlichung offenbar Wert darauf, so lange wie möglich die Schlagzeilen zu kontrollieren, die zuletzt von steigenden Coronavirus-Infektionszahlen beherrscht wurden.

Entscheidende Punkte des Konjunkturpakets blieben damit zunächst offen: So ist unklar, in welchem Zeitrahmen die neuen Milliardenhilfen fließen werden. Auch der genaue Umfang zusätzlich zugesicherter Gelder steht noch nicht fest.

In dem von Modi angekündigten 20-Billionen-Rupien-Programm sind unter anderem bereits geleistete Liquiditätshilfen der Zentralbank mit eingerechnet. Volkswirte rechneten damit, dass es am Ende wohl eher um zwölf bis 13 Billionen Rupien an neuen Hilfen gehen dürfte.

Normalbetrieb dürfte noch lange auf sich warten lassen

Kräftige Impulse hat Indien in jedem Fall dringend nötig. Modi hatte den fast 1,4 Milliarden Indern vor sieben Wochen strenge Ausgangssperren verordnet, um die Viruspandemie einzudämmen. Doch dadurch kam die wirtschaftliche Aktivität in dem Land fast vollkommen zum Erliegen. Bereits im März sackte die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent ab.

Im April kam es in den Werkshallen laut Analysten zu einem quasi kompletten Stillstand. Erst seit kurzem dürfen Fabriken in Gegenden, in denen die Infektionszahlen unter Kontrolle scheinen, wieder die Arbeit aufnehmen. Weitere Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen sind laut Regierung in der kommenden Woche möglich.

Eine schnelle Rückkehr zum Normalbetrieb erwartet aber niemand: „Selbst nach einer kompletten Öffnung der Wirtschaft wird es langanhaltende Schäden für die Haushalte, Unternehmen und Banken geben“, kommentierte Shilan Shah, Indien-Experte des Analysehauses Capital Economics. „Die lokale Industrie wird deshalb noch lange sehr schwach dastehen.“

T. V. Narendran, Chef des indischen Stahlproduzenten Tata Steel, stellte fest, dass die Produktion nicht nur von den Vorgaben der Behörden, sondern vor allem von der Nachfrage abhänge. „Mit Blick darauf werden wir wohl nur ein langsames Hochfahren sehen.“

Regierungschef Modi hofft, dass ausländische Investoren mehr Schwung in die Geschäfte bringen. Er startete während des Lockdowns den Versuch, seine bislang eher enttäuschende „Make in India"-Initiative wiederzubeleben, die das Ziel hatte, internationale Produktionsunternehmen nach Indien zu locken. Im April wandten sich nun indische Regierungsvertreter Medienberichten zufolge direkt an mehr als 1000 amerikanische Konzerne und versuchten sie davon zu überzeugen, Fertigungsstätten von China auf den Subkontinent zu verlegen.

Zu den umworbenen Unternehmen gehört auch der Elektronikhersteller Apple. Indische Regierungsvertreter verbreiteten diese Woche ihre Hoffnung, dass der Konzern seine Produktionskapazitäten in dem Land massiv ausbauen könnte. Sie stellen dafür großzügige staatliche Förderungen in Aussicht. Im Gespräch ist derzeit ein Plan, wonach Unternehmen mit besonders arbeitsintensiver Fertigung, ein Jahrzehnt lang Steuernachlässe erhalten sollen, wenn sie sich in Indien niederlassen.