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Kohleausstieg hat Nebenwirkungen: Berlin geht das Wasser aus

(Bloomberg) -- Der Ausstieg aus der Braunkohle kommt dem Klimaschutz zugute. Für Berlin hat das Ende der Tagebauförderung in der Lausitz jedoch eine Kehrseite. Der Hauptstadt droht an extrem heißen und trockenen Sommertagen das Wasser auszugehen, da der Wasserstand der Spree zu erheblichen Teilen von der Einleitung aus den Pumpen des Bergbaus abhängt.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Aufgrund der Klimakrise sind die Niederschläge bereits zurückgegangen. Das Problem wird dadurch verschärft, dass Tagebaue mit Spreewasser geflutet werden, um künstliche Seen zu schaffen. Dies mindert nicht nur das Wasservolumen, das weiter nach Berlin fließen kann. Die neuen Großgewässer, die in Südbrandenburg den Tourismus ankurbeln sollen, erhöhen zudem die Verdunstung.

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Laut einer neuen Studie des Umweltbundesamt, die in der deutschen Öffentlichkeit bislang kaum beachtet wurde, könnte der Wasserstand der Spree in den trockenen Sommermonaten um 50% bis 75% sinken — mit erheblichen Folgen für die 3,6 Millionen Einwohner Berlins.

Die Lage sei sehr ernst, sagte Behördenchef Dirk Messner im Interview mit Bloomberg. “Der Großteil des Wassers, das Berlin als Trinkwasser nutzt, stammt genau aus diesem Fluss.”

Blickt man auf die Landkarte, scheint Berlin angesichts der zahlreichen Seen in der Umgebung und des vorgelagerten Spreewalds nicht von Wasserknappheit bedroht. Das Ökosystem ist jedoch komplex. Mehr als ein Jahrhundert lang wurde die Spree durch die Einleitung von Grubenwasser gestützt. Darauf ist auch das Biosphärenreservat Spreewald angewiesen.

Doch nun will die Bundesregierung den Kohleausstieg beschleunigen und schon im Jahr 2030 die Nutzung von Stein- und Braunkohle beenden. Mit rückläufigen Grubenwassereinleitungen wird die Spreeregion daher stärker von Niederschlägen abhängig.

Die unerwünschte Folge des Kohleabbau-Endes zeigt, wie negativ sich auch gut gemeinte Maßnahmen zum Klimaschutz an anderen Ecken auswirken können.

Rund zwei Stunden südlich von Berlin entwickelt die LEAG, Deutschlands zweitgrößtes Bergbauunternehmen, im Rahmen der Rekultivierung den “Cottbuser Ostsee”. Der als Naherholungsgebiet geplante ehemalige Tagebau Cottbus-Nord wird mit 84 Millionen Kubikmetern Wasser geflutet.

Deutschlands größter künstlich angelegter See soll über fünf Strände, einen Yachthafen und die größte schwimmende Solaranlage des Landes verfügen. Das Projekt soll im Jahr 2025 fertiggestellt werden.

Im Lausitzer Braunkohlenrevier insgesamt sollen nach aktuellem Planungsstand laut Umweltbundesamt Bergbaufolgeseen mit einer Fläche von rund 250 Quadratkilometern und mit einem kumulativen Wasservolumen von rund 4 Milliarden Kubikmetern entstehen.

Durch die Tagebau-Flutung wird nicht nur der Zufluss in die Spree verringert. Laut der Studie des Umweltbundesamtes gehen auch große Mengen Wasser durch Verdunstung verloren. Die Behörde drängt darauf, den Cottbuser Ostsee als Speicher zu nutzen, der im Sommer angezapft werden kann.

Doch der wäre zugleich auch die Hochsaison für Badegäste und Bootsenthusiasten — und die LEAG wehrt sich gegen die Pläne. Die Nutzung des Sees als Trinkwasserspeicher sei nicht Gegenstand des Sanierungsantrages gewesen. “Es gilt jetzt tragfähige und nachhaltige Konzepte zu entwickeln, wie man mit den aus dem Kohleausstieg resultierenden wasserwirtschaftlichen Folgen umgeht”, so eine Sprecherin des Unternehmens.

Berlin ist zwar eine der wenigen Großstädte mit einer autarken Wasserversorgung. Die Metropole ist allerdings seit jeher relativ trocken — die gemessenen Niederschlagsmengen gehören zu den geringsten in Deutschland.

Aufgrund des Klimawandels wird sich die Situation noch verschärfen. Eine Studie der ETH Zürich schätzt, dass Städte auf der Nordhalbkugel Bedingungen entwickeln werden, die denen von Orten entsprechen, die heute 1.000 Kilometer weiter südlich liegen. Damit wäre Berlin eher mit Südfrankreich vergleichbar.

Das Wachstum Berlins verschärft die Belastung. Bis 2040 werden in der Hauptstadt mit fast 4 Millionen Einwohnern gerechnet.

Ein wunder Punkt ist auch die E-Auto-Fabrik der Tesla Inc. in der nahe gelegenen Gemeinde Grünheide, die in einem Wasserschutzgebiet liegt und dabei schätzungsweise so viel verbraucht wie 60.000 Menschen. Während des Baus im Jahr 2021 machte sich Konzernchef Elon Musk unbeliebt, als er die Bedenken von Umweltschützern weglachte. Tesla reagierte nicht auf Bitten um eine Stellungnahme.

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat bereits einen Masterplan für die Sicherung der Wasserversorgung vorgelegt. Er fordert, Wasser in Spitzenzeiten zu sparen, und mahnt eine bessere Abstimmung zwischen Berlin und nahegelegenen Bundesländern an. Nördlich von Berlin soll zudem eine Kläranlage erweitert werden, um das Abwasser auch mit Ozon zu reinigen. Die Berliner Wasserbetriebe werden bis 2031 2 Milliarden Euro investieren, um ihre sechs Kläranlagen zu modernisieren.

Berlins Gewässer und Wälder befänden sich bereits “auf der Intensivstation“, sagt Christian Schweer, Wasserexperte der BUND-Landesgruppe Berlin. “Wenn in den nächsten Jahren noch weniger Wasser kommt, wird die Situation dramatisch.”

Um sich auf eine heißere Zukunft vorzubereiten, versucht Berlin auch mehr Regen zurückzuhalten. Das Konzept “Schwammstadt” sieht mehr bepflanzte Dächer, Lagertanks und weniger versiegelte Bodenflächen vor, um Abflüsse zu verhindern. Die Stadt versuche alles, um der Knappheit entgegenzuwirken, sagt Darla Nickel, Chefin der Berliner Regenwasseragentur. Das ursächliche Problem jedoch könne keineswegs kompensiert werden.

Überschrift des Artikels im Original:Berlin Risks Water Shortages in Fallout From Germany’s Coal Exit

(Neu: Video)

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