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Indien kassiert die Schuldenbremse – die Wirtschaft soll in der Folge um elf Prozent wachsen

Die Regierung von Premierminister Narendra Modi verspricht einen massiven Anstieg der Staatsausgaben. Die Gelder für das Gesundheitssystem sollen sich mehr als verdoppeln.

Dass angesichts der schwersten Rezession seit Jahrzehnten ein großer Wurf erwartet wurde, war Indiens Finanzministerin Nirmala Sitharaman schon vor Wochen klar. Zur Beruhigung der Öffentlichkeit versprach sie, einen Haushaltsplan vorzulegen, wie ihn Indien noch nie gesehen habe.

Ihre Vorstellungen, wie Asiens drittgrößte Volkswirtschaft die Coronakrise hinter sich lassen und den Status als globaler Wachstumsstar zurückerlangen kann, trug sie nun am Montag in einer fast zweistündigen Rede im Parlament in Neu-Delhi vor.

Die Hoffnung auf ein klares Signal zur Wiederbelebung der angeschlagenen Wirtschaft konnte sie dabei erfüllen: Um genug Spielraum für neue Staatsausgaben zu bekommen, verabschiedete sie sich überraschend deutlich von dem gesetzlich vorgeschriebenen Ziel, das Haushaltsdefizit der Zentralregierung auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu beschränken: Es soll im kommenden Fiskaljahr, das im April startet, bei 6,8 Prozent liegen – und fällt damit wesentlich höher aus als von Analysten erwartet.

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„Die Regierung ist darauf vorbereitet, den Neustart der Wirtschaft zu unterstützen und zu erleichtern“, sagte Sitharaman. „Dieser Haushalt gibt der Wirtschaft jede Möglichkeit zum Aufstieg.“

Die Finanzministerin, die eine der wichtigsten Mitglieder im Kabinett von Regierungschef Narendra Modi ist, zeigt sich überzeugt, dass dem Land eine schnelle Kehrtwende gelingen kann: Nach einem Konjunktureinbruch um 7,7 Prozent im laufenden Fiskaljahr soll Indiens Wirtschaft in den darauffolgenden zwölf Monaten um elf Prozent wachsen, prognostizieren die Volkswirte in ihrem Ministerium. Damit würde Indien auch China hinter sich lassen, das in diesem Jahr laut Weltbank acht Prozent Wachstum erwarten kann.

Mehr Geld für Infrastrukturprojekte

Um die nötigen Impulse zu geben, veranschlagt Indiens Regierung nun einen Anstieg der Staatsausgaben im Vergleich zu dem vor einem Jahr vorgelegten Haushalt um 14 Prozent auf umgerechnet knapp 400 Milliarden Euro – der größte Anstieg seit fast einem Jahrzehnt.

Ein erheblicher Teil davon entfällt auf neue Infrastrukturvorhaben: Dafür will die Regierung mehr als 60 Milliarden Euro ausgeben – 35 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Geld soll unter anderem in den Ausbau der Autobahnen um 11.000 Kilometer sowie in neue Zug- und Stadtbahnprojekte fließen.

Angesichts der Coronavirus-Pandemie will Indien zudem seine Gesundheitsversorgung massiv ausbauen. Der Ausgabenblock soll auf 25 Milliarden Euro mehr als verdoppelt werden. Davon werden vier Milliarden Euro für Indiens ambitionierte Impfkampagne veranschlagt: Modis Regierung hatte zugesagt, bis zum Sommer 300 Millionen Inder gegen das Coronavirus zu immunisieren.

Das 1,4 Milliarden Einwohner große Land hat vor zwei Wochen mit landesweiten Impfungen begonnen und inzwischen fast vier Millionen Menschen geimpft – fast doppelt so viele Menschen wie Deutschland. Indien greift dabei auf eine leistungsfähige lokale Pharmaindustrie zurück.

Der lokale Hersteller Serum Institute of India gilt als der größte Impfstoffhersteller der Welt und produziert die von Astra-Zeneca entwickelte Substanz. Außerdem gibt es das Mittel Covaxin des Herstellers Bharat Biotech.

Die Modi-Regierung kann darauf hoffen, dass schnelle Impferfolge die umstrittenen Maßnahmen zu Beginn der Pandemie zumindest ein Stück weit vergessen machen: Im vergangenen Frühjahr hatte Modi dem Land einen der strengsten Lockdowns der Welt verordnet. Dieser führte zu schweren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwerfungen – und brachte die hohen Infektionszahlen lange dennoch nicht unter Kontrolle.

Statt die Bevölkerung wie in anderen großen Volkswirtschaften mit großzügigen Konjunkturpaketen zu unterstützen, setzte Modi zunächst auf Reformen, die für zusätzlichen Ärger sorgten. Seit Monaten kommt es zu Massenprotesten von Landwirten, die die geplante Deregulierung des Sektors ablehnen. Für sie gibt es im Haushaltsplan zumindest ein kleines Friedensangebot – zurückgenommen werden die Reformen zwar nicht, Sitharaman stellte den Landwirten aber höhere Darlehen in Aussicht, deren Volumen um zehn Prozent auf knapp 190 Milliarden Euro steigen soll.

Unterstützen will die Regierung auch die kriselnden Staatsbanken, deren Probleme mit notleidenden Krediten zuletzt weiter zugenommen haben. Für ausländische Investoren im Finanzsektor will sich das Land zudem weiter öffnen: Versicherungsunternehmen dürfen künftig zu 74 Prozent in ausländischem Besitz sein – bisher galt eine Obergrenze von 49 Prozent.

Analysten bewerteten die Entscheidungen positiv. „Die Maßnahmen des Finanzministeriums werden wahrscheinlich die dringend nötige Unterstützung für den Aufschwung bringen“, kommentierte Shilan Shah, Indien-Volkswirt des Analysehauses Capital Economics. Wenn nun auch noch das Impfprogramm an Geschwindigkeit zulegt, steht aus seiner Sicht einer zweistelligen Wachstumsrate nichts im Weg.

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