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Der Kampf um die lukrative Bio-Kundschaft ist entbrannt

Die neue Edeka-Tochter „Naturkind“ ist erst der Anfang des Bio-Booms. Die großen Lebensmittelketten geraten immer stärker in den Wettbewerb.

Für Edeka ist es ein Wagnis. Unter dem Namen „Naturkind“ will der Händler im Spätsommer in Hamburg seinen ersten Biofachmarkt eröffnen. Welche Investitionen genau geplant sind und wie viele weitere Läden in diesem Jahr folgen sollen, ist noch geheim. Aber klar ist: Im Erfolgsfall soll daraus eine eigene Kette werden.

Der Schritt zeigt: Das Bio-Segment, einst ein belächelter Nischenmarkt, wird für den Lebensmittelhandel zum zentralen Erfolgsfaktor. Es ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen: Fast 11 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr für Bio-Lebensmittel aus, das waren 5,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Und das Gros dieser Waren wird schon lange nicht mehr im kleinen Naturkostladen um die Ecke verkauft. Der entscheidende Kampf um den Öko-Kunden tobt zwischen Rewe und Edeka auf der einen Seite und den Discountern auf der anderen Seite. Nach Zahlen des Arbeitskreises Biomarkt wird fast 60 Prozent des Umsatzes in diesem Segment im klassischen Lebensmitteleinzelhandel gemacht.

Um 8,6 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro haben die großen Ketten ihren Umsatz mit Bio-Waren 2018 gesteigert. Die Umsätze der Naturkostfachgeschäfte dagegen stagnierten bei 2,9 Milliarden Euro. Der Vorstoß von Edeka mit Naturkind könnte diese Verschiebung weiter beschleunigen.

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Dazu kommt: Hatten die Supermärkte in der Vergangenheit eher auf preiswertere Bio-Eigenmarken gesetzt, nehmen sie jetzt auch mehr und mehr Bio-Label in die Regale, die es zuvor nur im Fachhandel gab.

Das trifft den Nerv der Kundschaft. Nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Oliver Wyman lockt ein großes Angebot an frischen Lebensmitteln die Konsumenten an und verführt sie zu höheren Ausgaben. So gab die Hälfte der Befragten an, dass sie bereit seien, für Obst und Gemüse bei hoher Qualität auch mehr zu zahlen.

Genau darauf zahlen die hochwertigen Bio-Marken ein. „Auch der starke Ausbau der Bio- und Regional-Sortimente hat das Ziel, bei der Frische den Kunden etwas Besonderes zu bieten und sich vom Standardsortiment abzusetzen“, bestätigt Rainer Münch, Handelsexperte von Oliver Wyman.

Den Trend längst erkannt

Das ist dringend nötig, rückt doch das Feld der Händler immer enger zusammen. „Alle Händler haben Programme zur Verbesserung des Frischeangebots gestartet, haben ihr Sortiment überarbeitet und ihre Lieferanten selektiert“, beobachtet Münch. Auch die Discounter hätten sehr stark aufgeholt und die Vollsortimenter unter Druck gesetzt.

Den ersten großen Knall gab es im vergangenen Herbst, als Lidl ankündigte, sein komplettes Bio-Sortiment, rund 200 verschiedene Produkte, auf den Hersteller Bioland umzustellen, der ursprünglich nur im Fachhandel zu bekommen war. Damit bietet der Discounter Bio-Artikel, die deutlich strengeren Kriterien unterliegen als das Biosiegel der EU.

Das sorgte für große Aufregung bei der Konkurrenz, die nun zunehmend mit ihren eigenen Bio-Artikeln in die Werbung geht. Denn auch die Lidl-Konzernschwester Kaufland ist in die Offensive gegangen: Der Großflächendiscounter nimmt mehr und mehr Artikel in Demeter-Qualität ins Sortiment, wie beispielsweise Produkte der Marke Campo Verde. „Unser Ziel ist es, die besondere Demeter-Qualität einer größeren Anzahl von Menschen zugänglich zu machen“, sagt Tankred Kauf, Geschäftsführer von Campo Verde.

Bio-Ware schafft Marge

Das Kalkül der Handelsketten: Mit der Aufnahme von Bio-Artikeln können sie zumeist bei einem Teil des Sortiments dem scharfen Preiswettbewerb in der Branche entkommen, der ihnen bei vielen Artikeln nur minimale Margen erlaubt. So zeigt eine Studie der Unternehmensberatung PWC, dass Konsumenten bereit sind, etwa für Bio-Milch im Schnitt 56 Prozent mehr auszugeben als für das konventionelle Produkt. Bei Bio-Schokolade liegt der ermittelte Unterschied sogar bei 60 Prozent, bei Hähnchenbrustfilet bei 52 Prozent.

Dabei orientieren sich die Kunden bei der Auswahl häufig an Bio-Gütesiegeln. So geben rund 60 Prozent der Befragten an, dass ihnen solche Gütesiegel wichtig sind. Label wie „Bioland“ oder „Demeter“ sind damit echte Verkaufsargumente.

„Ich sehe das mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, sagt Michael Radau, Vorstand der Fachhandelskette Super-Bio-Markt mit 24 Filialen, dem Handelsblatt. Er freue sich natürlich, wenn Bio-Lebensmittel in vielen Geschäften angeboten würden und so viele Kunden erreichten. Aber klar sei auch: Wenn Lidl und Aldi Biowaren in allen Filialen anbieten, verschiebe das die Marktanteile.

Er hoffe aber, dass dadurch nicht das Preisniveau nach unten verschoben werde. Bei Bioland beispielsweise seien klare Spielregeln mit Lidl vereinbart – und das werde der Fachhandel aufmerksam beobachten.m Dass sich Edeka in dieses Segment wage, habe ihn überrascht, so Radau. Offenbar müsse Edeka im Inland durch Verdrängung wachsen, weil sie kein Auslandsgeschäft haben.

Doch große Sorgen scheint er sich nicht zu machen. „Ich bin verhalten pessimistisch, ob Edeka das gelingt“, sagt er. Die Signale, die er zurzeit aus dem Fachhandel bekomme, zeigten ihm, dass es in diesem Jahr wieder relevante Umsatzzuwächse geben könne.

Dabei geht der echte Wettbewerb um die zahlungswilligen Bio-Kunden gerade erst richtig los. Denn die neue Marke „Naturkind“ bei Edeka ist weniger ein Test als eine Kampfansage. Sie soll nicht nur auf eigenen Läden prangen, geplant sind auch Bio-Abteilungen in Edeka-Märkten. „Am Start sind wir langsam“, warnt Edeka-Chef Markus Mosa, „aber wenn wir ins Rollen kommen, schwer aufzuhalten.“