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Weshalb Kühne + Nagel einen deutschen Einhand-Weltumsegler sponsert

Für den Speditionsriesen ist die Partnerschaft ungewöhnlich. Im Auftrag des Konzerns sammelt Boris Herrmann Daten für den Kampf gegen den Klimawandel.

Das Messgerät seiner „Seaexplorer“ dient dem Kampf gegen den Klimawandel. Foto: dpa
Das Messgerät seiner „Seaexplorer“ dient dem Kampf gegen den Klimawandel. Foto: dpa

Eine Lichterkette für die einsame Weihnachtsfeier hat er an Bord, ebenso eine Kerze und verpackte Festtagsgeschenke aus der Heimat. Doch Besinnlichkeit kommt an Deck der „Seaexplorer“, einer 18 Meter langen Jacht aus Kohlefaser, an den Feiertagen wohl kaum auf.

Schließlich nimmt Skipper Boris Herrmann gerade Kurs auf den „Point Nemo“ im Südpazifik, den am weitesten von Festland und Inseln entfernten Punkt. Starke Winde, raue See und Kaltfronten sind hier an der Tagesordnung. Gerade kämpft sich der 39-jährige Oldenburger jedoch bei ungewöhnlich milden Temperaturen um zehn Grad durch ein hartnäckiges Hochdruckgebiet.

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Herrmann, der schon im August 2019 Klimaaktivistin Greta Thunberg in einer zweiwöchigen Reise über den Atlantik nach New York segelte, will es noch einmal wissen. Am 8. November startete er zusammen mit 32 weiteren Teilnehmern der Globe Vendée in der Nähe von La Rochelle, um bei der härtesten Einhand-Regatta rund um die Erde anzutreten. Erst Mitte Januar ist mit der Rückkehr zu rechnen.

Was dem ersten deutschen Teilnehmer der 1968 gegründeten Regatta allerdings schon jetzt auf die Stimmung drückt: Sechs seiner Konkurrenten sind bereits ausgeschieden, durch Mastbruch, Ruderschaden oder Kollisionen mit Treibgut. „Ein Boot ging komplett verloren“, berichtet Herrmann über sein satellitengestütztes Mobiltelefon.

Trug seine Jacht bei der Thunberg-Passage noch den Namen „Malizia II“, ließ sie der Segelsportler nun eigens auf Wunsch seines Sponsors umtaufen. Dabei dürfte die Verbindung vermutlich nur wenigen Insidern geläufig sein: Der Name „Seaexplorer“ leitet sich ab von der gleichnamigen Plattform des Schweizer Speditionsriesen Kühne + Nagel (K+N), über die der Seelogistiker seine Container verschifft.

Wie viel der Konzern, dessen Mehrheitsaktionär der deutsche Milliardär Klaus-Michael Kühne ist, Herrmanns Team zukommen lässt, hält man dort geheim. Vier fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt die 2016 gegründete Sportfirma Malizia SCP – eine Partnerschaftsgesellschaft für freie Berufe nach französischem Recht.

Kleinlabor an Bord

Während der Regatta jedoch hat sich das Team auf 21 Mitarbeiter vergrößert, hinzu kommen Charterraten an Gerhard Senft, den Schiffseigner mit Sitz in Stuttgart. Das Fachmagazin „Yachting World“ schätzt, dass zehn bis 15 Millionen Euro gebraucht werden, um bei der Regatta vorne mitzusegeln. „Das Team von Boris Herrmann ist mit der Seaexplorer aber günstiger unterwegs als die meisten Wettbewerber“, sagt Otto Schacht, bei K+N als Vorstand zuständig für den Seetransport.

Allerdings nutzen die Schweizer die „Partnerschaft“, wie sie es nennen, auch anders als andere Sponsoren. Die meisten von ihnen, darunter die französische Banque Populaire, der japanische Maschinenbauer DMG Mori oder der Luxusschneider Hugo Boss, kauften werbewirksam den Bootsnamen, um die eigene Marke in Szene zu setzen. Auch Véolia, Generali oder Gamesa unterstützten die Vendée Globe in der Vergangenheit zur imageträchtigen Präsentation des eigenen Firmennamens.

K+N dagegen taucht im Bootsnamen nicht auf. Den Schriftzug „Seaexplorer“ auf dem tennisfeldgroßen Segel verstehen die Schweizer eher als Auftrag an den Einhandsegler – den er wörtlich nehmen darf: An Bord hat man ihm ein automatisiertes Kleinlabor montiert, das in regelmäßigen Abständen den Kohlendioxid-Gehalt des Meerwassers misst und über Funk an eine Datenbank sendet.

„Der Ozean ist der größte CO2-Speicher der Welt“, erklärt Boris Herrmann seine Mission. „Wir können aber die Probleme des Klimawandels nicht lösen, wenn vorher nicht gemessen wird.“

Dem Schweizer Seefracht-Weltmarktführer bietet das eine günstige Gelegenheit, einen eigens entwickelten Umweltservice ins rechte Licht zu rücken. Seit zehn Jahren schon weist K+N auf seinem Frachtportal die genauen Mengen an Kohlendioxid aus, die der Transport eines Seecontainers auf den unterschiedlichen Schiffen hinterlässt. Kunden haben dort bei der Buchung die Wahl zwischen den „schnellsten“, „zuverlässigsten“ oder „ökologischsten“ Transportmöglichkeiten.

Die Unterschiede sind in der Tat gewaltig. Wer etwa einen 40-Fuß-Container vom kalifornischen Los Angeles nach Schanghai transportieren lässt, so informiert das Portal, produziert dadurch auf einer ökologisch günstigen Schifffahrtslinie 700 Kilo CO2. „Der Ausstoß liegt bei anderen Anbietern mitunter dreifach so hoch“, berichtet Seelogistik-Vorstand Otto Schacht.

Kühne + Nagel gelobt Klimaneutralität

Auch Kühne + Nagel selbst hat sich in diesem Jahr dazu verpflichtet, den eigenen Betrieb bis Ende 2020 klimaneutral zu stellen. Bis 2030 soll dies auch für das Geschäft mit Zulieferern und Kunden gelten. Für Auftraggeber wie den schwäbischen Spielwarenhersteller Schleich organisiert die Spedition schon jetzt komplett klimaneutrale Transporte.

„Wir haben deshalb einen Partner gesucht“, begründet Schacht die Entscheidung für das Team von Boris Herrmann, „der sich den Klimaschutz auf die Fahne geschrieben hat.“ Reines Sportsponsoring betreibe der Konzern dagegen grundsätzlich nicht.

„Beim Wettlauf gegen die Zeit geht es nicht nur ums Segeln, sondern auch um den Klimawandel“, findet auch der Solosegler, der gemeinsam mit Ehefrau Birte Lorenzen-Herrmann seit zehn Jahren Schülerklassen zu diesem Thema unterrichtet.

Das Team Malizia steht hinter ihm. Gegründet wurde es, obwohl das Schiff unter deutscher Flagge segelt, vor vier Jahren von Pierre Casiraghi in Monaco. Casiraghi ist der jüngste Sohn von Prinzessin Caroline aus zweiter Ehe und damit Neffe von Fürst Albert.

Der Fürst gilt als engagierter Streiter gegen den Klimawandel. 2006 gründete er die Fondation Prince Albert II de Monaco, eine Stiftung, deren internationales Engagement sich dem Klima- und Meeresschutz verschrieben hat.

Eine wichtige Institution des kleinen Fürstentums ist zudem das einst von Jacques Cousteau geleitete Ozeanographische Museum. Das Institut stellt dem Team Malizia unter anderem Räume zur Verfügung, um Ausstellungen und Konferenzen zum Thema Klimawandel zu veranstalten.

Bis er dort über seine strapaziöse Weltumsegelung berichten kann, die ihm immer nur stundenweise Schlaf erlaubt, wie er erzählt, hat Herrmann noch den Pazifik zu durchqueren, Kap Hoorn zu umsegeln, um dann durch den Atlantik zurück zur Westküste Frankreichs zu gelangen. Seine Ehefrau und die kleine Tochter konnte er Heiligabend nur kurz am Mobiltelefon sprechen. Mehr Social Distancing geht nicht.

Dem Schweizer Seefracht-Weltmarktführer bietet das eine günstige Gelegenheit, einen eigens entwickelten Umweltservice ins rechte Licht zu rücken. Foto: dpa
Dem Schweizer Seefracht-Weltmarktführer bietet das eine günstige Gelegenheit, einen eigens entwickelten Umweltservice ins rechte Licht zu rücken. Foto: dpa