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Juncker und Tusk gewinnen neue Freunde in Fernost

Die EU und China rücken bei ihrem Gipfeltreffen enger zusammen – und antworten so auf die Feindseligkeiten von US-Präsident Donald Trump.

Der Präsident der EU-Kommission klang fast euphorisch: „Ich habe immer an das Potenzial der europäisch-chinesischen Partnerschaft geglaubt“, twitterte Jean-Claude Juncker am Montag um die Mittagszeit. „In der heutigen Welt ist sie noch wichtiger geworden“, schwärmte der Luxemburger.

Dann zählte er auf, welche „Abkommen“ die politischen Führungen der EU und Chinas bei ihrem Treffen am Montag in Peking „unterzeichnet“ hätten: „Über Emissionshandel, Ozeane, Investitionen, geistiges Eigentum, Zölle und Kreislaufwirtschaft“.

Damit hat Juncker vielleicht ein wenig übertrieben. Was er als „Abkommen“ bezeichnet, sind in Wahrheit eher Absichtsbekundungen. Das Investitionsschutzabkommen zum Beispiel, über das die EU und China schon seit Jahren verhandeln, war bei diesem Gipfel weiterhin nicht unterschriftsreif.

Komplett daneben liegt Juncker mit seiner Zuversicht trotzdem nicht. Zweifellos hat der 20. EU-China-Gipfel neuen Schwung in die Beziehungen zum Reich der Mitte gebracht. Zum ersten Mal seit 2015 konnten sich beide Seiten wieder auf eine gemeinsame Abschlusserklärung einigen. „China und die EU haben sich Mühe gegeben zu demonstrieren, dass sie die Zusammenarbeit suchen“, sagt Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer von den Grünen.

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Kooperation ist besser als Aggression. Diese Botschaft ging vom EU-China-Gipfel aus – und sie richtete sich an den US-Präsidenten. Der handelspolitische Feldzug von Donald Trump gegen den Rest der Welt stand wie ein unsichtbarer Elefant im Raum, als Chinas Ministerpräsident Li Keqiang die beiden EU-Präsidenten Juncker (Kommission) und Donald Tusk (Rat) in der Großen Halle des Volkes empfing.

Zwar behaupteten beide Seiten, dass die „Handelsunstimmigkeiten“ (Li) überhaupt nichts mit den europäisch-chinesischen Beziehungen zu tun hätten. „Bilaterale Probleme“ mit den USA löse China „auf bilateraler Ebene“, so Premier Li. Tusk wiederum betonte, dass man keine Koalition gegen die USA bilden wolle.

Fakt ist jedoch, dass sowohl China als auch Europa Opfer amerikanischer Handelssanktionen geworden sind. So drängt es sich geradezu auf, in der Abwehrbewegung den Schulterschluss zu suchen.

Tägliches Handelsvolumen von 1,5 Milliarden Euro

China wolle zusammen mit der EU den „Freihandel und das multilaterale System“ hochhalten, sagte Premier Li und erteilte Trumps handelspolitischem Alleingang damit eine Absage. Die EU ist Chinas größter Handelspartner, während die EU nur mit den Amerikanern noch mehr handelt. Täglich werden zwischen der EU und China Waren im Wert von 1,5 Milliarden Euro ausgetauscht.

Beide Seiten berichteten von „substanziellen Fortschritten“ bei den Verhandlungen über ein Investitionsabkommen. Vorschläge, wie man den heimischen Markt für ausländische Investitionen öffnen könne, hätten beide Seiten gemacht. Man wolle nun „so schnell wie möglich“ zum Abschluss kommen.

Konkrete Zeitangaben dazu wollten allerdings weder Li noch Tusk oder Juncker machen. Dieses Jahr komme das Abkommen nicht mehr zustande, sagte ein hochrangiger EU-Delegierter dem Handelsblatt. Doch man wolle den Prozess jetzt beschleunigen nach Monaten der Stagnation.

Konkreter wurde es bei einem anderen wichtigen Punkt: China und die EU wollen sich bis Oktober über die wechselseitige Anerkennung geografischer Herkunftsbezeichnungen für Agrarprodukte einigen. Dabei geht es zum Beispiel um griechischen Feta oder französischen Champagner. Dem Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen werde man damit auf die Sprünge helfen, hofft Premier Li. Landwirtschaftliche Exporte machten 2017 nur acht Prozent aller Ausfuhren der EU nach China aus – umgekehrt waren es fünf Prozent.

Als Beispiel für Chinas Marktöffnung dieses Jahr verwies der Ministerpräsident auf deutsche Projekte in China. Speziell nannte er die zehn Milliarden Euro teure Investition des Chemiekonzerns BASF in eine Anlage auf chinesischem Boden. Sie werde vollständig in ausländischer Hand sein.

Außerdem wolle ein „europäischer Autobauer“ seine Joint-Venture-Beteiligung auf 75 Prozent erhöhen. Vergangene Woche hatte das „Manager-Magazin“ berichtet, dass BMW plane, seinen Anteil in der Partnerschaft mit dem chinesischen Unternehmen Brilliance von 50 auf 75 Prozent aufzustocken.

Die EU und China verständigten sich auch darauf, das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO zu reformieren. Tusk nannte konkret die Punkte „Industriesubventionen, intellektuelles Eigentum und erzwungenen Technologietransfer, Verringerung der Handelskosten sowie […] wirksamere Mechanismen zur Streitschlichtung“. Aus Sicht der EU bieten die WTO-Regeln zu wenig Schutz gegen unfaire industriepolitische Maßnahmen Chinas. Daher sind die Europäer an Reformen sehr interessiert.

Sechs neue Rahmenverträge

Bei dem Gipfel wurden insgesamt sechs Rahmenverträge unterschrieben. Einer davon sieht vor, ein europäisch-chinesisches Investitionsvorhaben im Wert von 500 Millionen Euro zu starten. Die Mittel sind für Projekte in Europa bestimmt. Geldgeber sind die Europäische Union und der chinesische „Neue Seidenstraßen Fonds“.

Außerdem schloss die EU mit China eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit in Sachen Zoll und intellektuelles Eigentum. Ein weiterer Vertrag sieht vor, die Zusammenarbeit beim Emissionshandel zu verstärken. Außerdem gibt es neue Verträge zur Kreislaufwirtschaft und zur maritimen Kooperation.

Beide Seiten bemühten sich, strittige Themen möglichst aus dem Gipfel herauszuhalten. Verstöße gegen die Menschenrechte in China sprachen die Vertreter der EU zwar an, allerdings nur am Rande. Gleichzeitig bemerkten Beobachter chinesischer Politik, dass kontroverse Begriffe wie die industriepolitische Strategie „Made in China 2025“ in letzter Zeit von chinesischer Seite kaum erwähnt wurden.

Das gelte auch für die sogenannte 16+1-Initiative Chinas in Mittel- und Osteuropa. Vor wenigen Tagen hatte sich der chinesische Premierminister Li allerdings noch in Sofia mit 16 Regierungschefs mittel- und osteuropäischer Staaten getroffen.

Auch von Chinas Großprojekt „Neue Seidenstraße“ sei in letzter Zeit nur wenig die Rede, hieß es in Peking. Die EU sieht die 16+1-Initiative und die „Neue Seidenstraße“ kritisch. Die Europäer befürchten, dass China sich damit nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch immer mehr Einfluss in Mittel- und Osteuropa verschafft und diese Region der EU entfremdet. Premierminister Li stritt das ab. Er betonte, dass China „die weitere Integration Europas unterstützt“.

In der Tat scheint es, dass China die EU neuerdings umwirbt. Vielleicht hat die Führung in Peking entdeckt, dass die europäische Staatengemeinschaft im Kampf gegen die USA ein wichtiger Verbündeter sein kann. Bei mehreren globalen Themen ziehen Europa und China gegen Trump an einem Strang. Beide wollen das Nuklearabkommen mit dem Iran retten und lehnen von Trump verhängte Sanktionen gegen den Mullah-Staat ab.

Die EU und China halten zudem übereinstimmend am Weltklimaschutzabkommen fest. Trump hat sich daraus verabschiedet. Im Handelskonflikt mit den USA stehen China und die EU ebenfalls auf derselben Seite. Beide sind von amerikanischen Strafzöllen betroffen. US-Strafzölle von 25 Prozent traten vor zehn Tagen auf Importe aus China im Wert von 34 Milliarden US-Dollar in Kraft.

China hat Handelsstreit bislang gut überstanden

Weitere Strafzölle auf chinesische Einfuhren in die USA von 16 Milliarden sind bereits beschlossen. Trump drohte zudem, bis Ende August zusätzliche Sonderabgaben von zehn Prozent auf Waren aus China im Wert von 200 Milliarden US-Dollar zu verhängen. Peking wiederum kündigte an, diese mit „quantitativ wie auch qualitativ proportionalen Gegenmaßnahmen“ zu beantworten.

Die EU wurde Opfer von amerikanischen Strafzöllen auf Aluminium und Stahl, und Trump drohte weitere Sanktionen auf Autoimporte an.

Chinas Wirtschaft hat den Handelskonflikt mit den USA bislang gut überstanden. Mit 6,7 Prozent wuchs die chinesische Wirtschaft zuletzt zwar ein bisschen langsamer als im ersten Quartal. Doch das Wachstum lag über der Vorgabe der Regierung in Peking, die für das ganze Jahr nur rund 6,5 Prozent anstrebt.

Experten führen diese positive Entwicklung auf die gute Binnenkonjunktur zurück. Der Immobilienmarkt boome, und der Beitrag des Konsums zum Wachstum habe sich im ersten Quartal von 58 Prozent im Vorjahreszeitraum auf 77 Prozent erhöht.