Vom Jobkiller zum Jobmotor
Er ist wieder da: John Maynard Keynes. Zumindest in Gestalt des US-Ökonomen Jeffrey Sachs, der vor einer „technologischen Arbeitslosigkeit“ warnt. Sachs prophezeit eine Abwärtsspirale durch die Digitalisierung: „Je leichter die Arbeit von Menschen durch Roboter zu ersetzen ist, desto stärker wird die Nachfrage nach menschlicher Arbeit sinken“, glaubt Sachs.
Ist die Digitalisierung also ein Jobkiller gerade für den deutschen Mittelstand? Markus Beumer, im Vorstand der Commerzbank für das Mittelstandsgeschäft verantwortlich, gibt Warnern wie Sachs nur bedingt recht: „Der Mittelstand gehört ganz klar zu den Gewinnern der digitalen Transformation, weil er typsicherweise auf Geschäftsfeldern agiert, wo Expertenwissen, Innovation und Flexibilität eine große Rolle spielen.“
Ähnlich optimistisch sehen der Digitalisierung auch die rund 4000 mittelständischen Unternehmen entgegen, die TNS-Infratest im Frühjahr für die Studie „Unternehmen Zukunft: Transformation trifft Tradition“ im Auftrag der befragte. 43 Prozent der befragten Firmen rechnen mit einem steigenden, 48 Prozent mit einem gleichbleibenden Personalbestand in den kommenden fünf Jahren. „Damit hat im Mittelstand offenbar ein Umdenken stattgefunden. Statt eines Jobkillers sehen die Unternehmen in der zunehmenden Digitalisierung nun eher einen Jobmotor“, sagt Beumer.
Banken und Sparkassen sind im Zuge der Digitalisierung längst nicht mehr nur als Beschaffer von Kapital gefragt. „Der Mittelstand erwartet bemerkenswert häufig, dass seine Finanzpartner die Plattform für den Austausch zwischen Unternehmen bieten“, heißt es in der Studie. Zudem wünschen sich die Firmen von ihren Geldhäusern, dass sie in den Beratungsgesprächen von sich aus aktiver die Chancen der Digitalisierung thematisieren.
KONTEXT
Checkliste Digitales für Mittelständler
Quelle
Häufig wissen Mittelständler nicht, wie sie die Digitalisierung angehen sollten. Experte Thomas Denk vom Beratungshaus Deliberate in Böblingen empfiehlt ein strukturiertes Vorgehen.
1. Situation analysieren
Vor der Gestaltung der digitalen Transformation steht die Analyse. Was passiert gerade in meiner Branche, wie stellen sich die Konkurrenten auf, wo stehen wir und welche Ideen haben wir?
2. Erwartungen der Kunden erfüllen
Digitalisierung heißt, die veränderten Bedürfnisse der Kunden zu berücksichtigen. Hilfreich dabei: eine offene Kommunikation - direkt und über soziale Medien.
3. Kulturwandel vorantreiben
Kontinuierliche Veränderung ist notwendig. Dafür muss man bereit sein, Geschäftsprozesse ständig auf den Prüfstand zu stellen.
4. Datenqualität sichern
Nicht die Menge an Daten ist entscheidend, sondern ihre Qualität und Verknüpfung. Mittelständler sollten nur Daten erheben, die sie benötigen.
5. Ressourcen bereitstellen
Digitale Transformation wird von Menschen vorangetrieben. Dafür muss ein Chef Ressourcen bereitstellen und Know-how aufbauen.
6. Kommunikation sicherstellen
Unternehmen, die in Silos strukturiert sind, werden bei der digitalen Transformation scheitern. Benötigt wird permanenter Austausch über Motive, Ansätze und Ziele.
7. Digitalisierungsstrategie verankern
Die digitale Strategie muss Bestandteil der Unternehmensstrategie sein, klar definiert und schriftlich festgehalten werden. So kann jeder Mitarbeiter nachlesen, welche Auswirkungen sie auf das Alltagsgeschäft hat.
8. Klare Verantwortlichkeit schaffen
Digitale Transformation braucht Führung. Hilfreich ist dabei ein Chief Digital Officer, der Stratege, Projektmanager, Impulsgeber und Change Manager ist.
9. Risiken im Auge behalten
Bei jeder Veränderung darf die Arbeit an betrieblichen Abläufen und internen Strukturen nicht den Blick auf den Kunden verstellen.
10. Flexibilität schaffen, Netzwerk pflegen
Digitale Geschäftsmodelle entwickeln sich oft rasant, das erschwert Planungen. Neben der Strategiearbeit ist ein gutes Netzwerk aus Kunden, Partnern und Zulieferern wichtig.
11. Reporting aufsetzen
Digitalisierung lässt sich messen. Um Chancen auszuschöpfen, ist ein Reporting für das ganze Unternehmen notwendig.