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„Innogy wird verraten, verkauft und um die Zukunft gebracht“

Uwe Tigges ist jetzt regulärer Innogy-Chef. Doch die Aktionäre des Energiekonzerns treibt vor allem die Übernahme durch Eon um.

„Es sind turbulente Zeiten für Innogy“, hielt Uwe Tigges auf der Hauptversammlung des Konzerns in der Essener Grugahalle fest. Und das gilt auch für ihn persönlich. Ende vergangenen Jahres, kurz vor Weihnachten, wurde der Personalvorstand nach dem überraschenden Abgang von Peter Terium „interimistisch“ zum Vorstandsvorsitzenden bestimmt.

Jetzt hat ihn der Aufsichtsrat endgültig zum Chef ernannt. Tigges' Aufgaben als Personalvorstand und Arbeitsdirektor übernimmt Arno Hahn. Hahn ist bislang Geschäftsführer und Arbeitsdirektor bei der Innogy-Netztochter Westnetz GmbH. Gleichzeitig verlängerte der Aufsichtsrat die Verträge der Vorstände Hildegard Müller (Netz & Infrastruktur), Hans Bünting (erneuerbare Energien) und Martin Hermann (Vertrieb) bis Ende März 2022.

Aufsichtsratschef Erhard Schipporeit geht fest von einer Rückkehr von Finanzvorstand Bernhard Günther aus. Günther war Anfang März Opfer eines Säureattentats geworden, dessen Motive weiter unklar sind. „Bernhard Günther wünschen wir alles Gute für die weitere Genesung und baldige Rückkehr“, sagte Schipporeit. Günther sei auf „einem guten Weg“ und nehme bereits telefonisch an einer „Vielzahl von Terminen“ teil.

„Uwe Tigges genießt das uneingeschränkte Vertrauen des Aufsichtsrats“, hielt Schipporeit fest, „ich bin sicher, dass er das Unternehmen umsichtig zum Wohle der Mitarbeiter, Anteileigner und Kunden in diesen herausfordernden Zeiten führt.“ Die Höflichkeitsfloskeln sind keine Selbstverständlichkeit. Tigges ging eigentlich selbst davon aus, dass er das Amt nur wenige Monate ausüben wird. Der Aufsichtsrat hatte schon die Suche nach einem erfahrenen Vorstandschef gestartet. Aber dann wurden die Kontrolleure genauso wie der Vorstand von der überraschenden Übernahmeofferte durch Eon überrascht.

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Mitte März hatte der Konkurrent gemeinsam mit Innogy-Mutterkonzern RWE einen spektakulären Tausch von Aktivitäten bekannt gegeben. Eon übernimmt dabei die 76,8 Prozent, die RWE noch an Innogy hält, und wird den anderen Aktionären eine Offerte von 40 Euro je Aktie unterbreiten. Der Deal hat etwa ein Volumen von 20 Milliarden Euro.

„Große Verbitterung“ unter den Aktionären

Innogy wird dabei zerschlagen. Eon behält die Sparten Netze und Vertrieb. Die erneuerbaren Energien erhält die RWE AG, die damit die komplette Palette der Stromproduktion abdeckt von Windrädern und Solaranlagen über Gas- und Kohlekraftwerken bis zu Atomreaktoren.

Die Aktionäre, die am Dienstag in die Essener Grugahalle gekommen waren, trieb deshalb natürlich vor allem eine Frage um: Was wird aus Innogy, nachdem Eon Anfang März ein Übernahmeangebot angekündigt hat?

„Der Deal von Eon und RWE ist das Thema, das für uns alle ganz vorne steht“, sagte Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Innogy war auf dem besten Weg in die Unabhängigkeit. Jetzt wird das Unternehmen verraten, wird verkauft und wird um die Zukunft gebracht.“ Die Verbitterung unter den Aktionären ist nach Hechtfischers Worten „groß“ und er hat dafür Verständnis: „Viele Aktionäre haben 2016 im guten Vertrauen auf das neue Unternehmen die Aktie gekauft.“

Joachim Krekel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SDK) zeigte sich ebenfalls enttäuscht – von der bislang enttäuschenden Kursentwicklung und der kurzen Dauer des Investments: „Wir hatten auf eine stabile Wertentwicklung und eine Dividende gesetzt.“

„Es ist völlig klar, nicht nur für uns als Innogy Vorstand und für unsere Mitarbeiter ist es von grundlegender Bedeutung, wie es nun weitergeht, sondern natürlich auch und besonders für Sie als Aktionäre“, stellte Vorstandschef Uwe Tigges am Anfang seiner Rede fest, beließ es aber bei Hinweisen zum weiteren Verlauf des Übernahmeprozesses: „Der Vorstand wird zu der Übernahmesituation zu gegebenem Zeitpunkt Stellung beziehen.“ Tigges zog sich auf „rechtlich klar festgelegte Verfahrenswege“, an die man sich halten müssen. Die meisten Detailfragen seien auch noch offen.

Aktionärsschützer erwarten zweites Angebot

Konkurrent Eon hat seine Offerte zwar bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) eingereicht, noch ist sie aber nicht freigegeben. Damit wird Ende der Woche gerechnet. Nachdem das Angebot veröffentlicht ist, darf der Vorstand das Angebot bis zu zwei Wochen prüfen, dann muss er endlich Stellung beziehen: In der „begründeten Stellungnahme“ müssen Tigges und seine Vorstandskollegen die Offerte bewerten.

Dabei macht Tigges keinen Hehl daraus, dass er Innogy am liebsten als unabhängiges Unternehmen führen würde: „Fakt ist: Innogy ist Stand heute ein wirtschaftlich eigenständiges, starkes Energieunternehmen.“ Der Vorstandschef ist sich aber bewusst, dass er angesichts der Mehrheitsverhältnisse die Übernahme wohl kaum noch verhindern kann: „Wir bei Innogy konzentrieren uns auf das, was wir beeinflussen können. Wir konzentrieren uns auf unser Geschäft“, sagte er, fügte aber auch entschlossen hinzu: „Wir gehen mit Selbstbewusstsein die Herausforderungen an, vor denen wir stehen.“

„Ich kann nur jedem Aktionär raten, die Stellungnahme des Vorstands abzuwarten“, sagte DSW-Vertreter Hechtfischer. Überhaupt rät er den Anteilseignern, die Offerte erst einmal nicht anzunehmen. Der Aktionärsschützer erwartet, dass Eon nach Abschluss der ersten Offerte ein zweites Gebot unterbreiten wird – um die Minderheitsaktionäre abzufinden und einen Beherrschungsvertrag schließen zu können.

„Ich erwarte einen angemessenen Ausgleich für die Zukunft, die man den Innogy-Aktionären nimmt“, sagte Hechtfischer: „Einen Handlungsbedarf sehen wir für die Innogy-Aktionäre erstmal nicht.“ Auch SDK-Vertreter Krekel rät zur Geduld: „Wir sehen den Wert eher bei 50 Euro denn bei 40 Euro.“