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Inder rufen zum Boykott von China auf

Erstmals seit 45 Jahren sind im Grenzstreit zwischen Indien und China Soldaten gestorben. Die Gewalt wird nun auch für die Wirtschaftsbeziehungen zur Belastung.

Ein Inder verbrennt das Bild des chinesischen Präsidenten Xi Jinping aus Protest gegen die chinesische Regierung. Foto: dpa
Ein Inder verbrennt das Bild des chinesischen Präsidenten Xi Jinping aus Protest gegen die chinesische Regierung. Foto: dpa

Die heftigste militärische Auseinandersetzung zwischen Indien und China seit einem halben Jahrhundert stürzt auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den asiatischen Großmächten in eine schwere Krise.

Die Konfrontation am Himalaja, bei der diese Woche mindestens 20 indische Soldaten starben, hat in Indien Boykottaufrufe ausgelöst. Chinesische Firmen sollen offenbar von Staatsaufträgen ausgeschlossen werden. Unternehmen auf beiden Seiten der Grenze müssen um Kunden und Lieferanten im jeweils anderen Land bangen.

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Die Frage, wie Indien militärisch auf den Tod der Soldaten reagieren wird, sorgt für zusätzliche Unsicherheit. Regierungschef Narendra Modi sagte am Mittwoch in einer Fernsehansprache, sein Land wolle Frieden mit China. „Aber wenn Indien provoziert wird, dann sind wir in der Lage, eine angemessene Antwort zu geben“, warnte er.

Was die Inder als Provokation seitens China sehen, ereignete sich in der Nacht von Montag auf Dienstag im Norden der indischen Grenzregion Ladakh mitten im Gebirge. Wo genau hier das Territorium Indiens endet und das von China beginnt, ist seit Jahrzehnten umstritten. Immer wieder kommt es zu Scharmützeln zwischen den Truppen beider Länder, die in der Region – üblicherweise ohne Schusswaffen – patrouillieren. Peking beschuldigte Indien, für den jüngsten Zwischenfall verantwortlich zu sein.

Zuletzt warf Indien China vor, tiefer in das umstrittene Gebiet vorgedrungen zu sein und dort Zelte aufgestellt zu haben. An diesen Zelten entzündete sich am Montag offenbar der Streit: Soldaten der beiden Atommächte gingen mit Steinen, Stöcken und mit stacheldrahtumwickelten Keulen aufeinander los.

Die 20 Toten auf indischer Seite waren die ersten offiziell bestätigten Todesopfer in dem Konflikt seit 45 Jahren. Laut Indien sollen bei dem Zusammenstoß auch chinesische Soldaten gestorben sein. Die chinesische Regierung wollte dies nicht kommentieren.

Laut Sicherheitsexperten wäre das bei aktuellen noch laufenden Konflikten auch nicht üblich. Ein Armeesprecher ließ lediglich wissen, dass die Inder Versprechen gebrochen und den Zusammenstoß provoziert hätten.

Händler wollen chinesische Produkte aus den Regalen nehmen

Angesichts der Eskalation werden in Indien nationalistische Töne lauter – und erhöhen das Risiko einer wirtschaftlichen Abschottung. In mehreren indischen Städten kam es Medienberichten zufolge zu antichinesischen Protesten, bei denen unter anderem die Flagge der Volksrepublik in Brand gesetzt wurde.

Der Unternehmerverband CAIT, der nach eigenen Angaben 70 Millionen Händler in Indien vertritt, rief seine Mitglieder am Mittwoch dazu auf, chinesische Produkte aus den Regalen zu nehmen. „Ich kann nicht selbst zur Grenze marschieren“, sagte der Generalsekretär der Organisation, Praveen Khandelwal, „aber ich kann chinesische Produkte boykottieren und so meine Armee und mein Land unterstützen.“

Die Boykottaufrufe dürften in China nicht ungehört bleiben. Indien gehört zwar aktuell nicht zu Chinas größten Handelspartnern, im Ranking belegt Indien nur Platz 19. Die Volksrepublik versucht aber schon seit Längerem, das Nachbarland zu einer weiteren Öffnung des Marktes zu bewegen.

Chinesische Unternehmen drängen auf den indischen Markt. Nach dem chinesischen Autobauer SAIC plant nun auch Great Wall ein Milliarden-Investment in Indien. Smartphonehersteller wie Xiaomi und Oppo haben zusammen bereits 100 Millionen Nutzer in Indien, auch für die Techfirmen Alibaba und Bytedance ist Indien zu einem attraktiven Markt geworden. Chinas IT-Kronjuwel Huawei hofft auf Aufträge beim Aufbau des superschnellen Mobilfunkstandards 5G.

Doch der Grenzstreit könnte diese Hoffnungen zunichte machen: Indische Medien berichteten am Donnerstag unter Berufung auf Regierungskreise, dass es staatlichen Telekomkonzernen verboten werden soll, Technik von chinesischen Unternehmen wie Huawei oder ZTE zu nutzen.

Der deutsche Außenminister zeigt sich besorgt

Dies sei die erste bedeutende wirtschaftliche Reaktion auf die Eskalation des Konflikts. Laufende Ausschreibungen sollen gestoppt und mit neuen Regeln versehen werden, die chinesische Anbieter ausschließen.

Bereits im April hatte Indien die Regierung in Peking mit neuen Regeln für chinesische Auslandsinvestitionen verärgert. Unternehmen aus der Volksrepublik brauchen künftig bei Beteiligungen an indischen Konzernen eine ausdrückliche Genehmigung aus Neu-Delhi.

Auch Zollerhöhungen sind denkbar. Ein Handelskonflikt würde aber wohl beide Seiten treffen. Unternehmen wie Alibaba aus China sehen Indien als wichtigen Wachstumsmarkt. Aber auch indische Konzerne wie Tata Motors, zu dem die Marke Jaguar Land Rover gehört, brauchen Käufer aus China.

Indische Unternehmen sind zudem auf Lieferanten aus China angewiesen: „Unsere Abhängigkeit von China ist riesig“, kommentierte der Wirtschaftsprofessor Biswajit Dhar. Vielfach gebe es keine ernsthaften Alternativen zu chinesischen Herstellern. Wie eine Abkehr von China gelingen könne, war dennoch das beherrschende Thema indischer Wirtschaftsmedien.

China bemühte sich hingegen, die Vorkommnisse im eigenen Land keine allzu hohen Wellen schlagen zu lassen. In der Zeitung „Renmin Ribao“, dem Sprachorgan der chinesischen kommunistischen Partei, war weder am Dienstag noch am Mittwoch etwas über die Eskalation im Grenzgebiet zu lesen.

Einzig die nationalistische „Global Times“, die zur „Renmin Ribao“ gehört, schlug schrille Töne an. „China will nicht mit Indien zusammenstoßen, hat aber keine Angst vor Konflikten“, drohte Hu Xijin, der in China prominente Herausgeber der „Global Times“.

Am Mittwoch hatten der chinesische Außenminister Wang Yi und sein indischer Amtskollege Subrahmanyam Jaishankarn wegen des Vorfalls miteinander telefoniert. China wolle keine weiteren Zusammenstöße, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums.

Beide Länder versuchten, den Konflikt so rasch wie möglich zu lösen. Derzeit sei die Lage an der Grenze im Himalaja stabil und unter Kontrolle. Bundesaußenminister Heiko Maas äußerte sich dennoch besorgt. „Das sind zwei große Länder, bei denen ich mir nicht ausmalen will, was an Konflikt entsteht, wenn er in eine militärische Eskalation, eine echte militärische Eskalation mündet.“