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Händler bleiben trotz Rabattschlacht auf ihren Waren sitzen

Die wochenlangen Ladenschließungen sorgen für einen Preiskampf. Große Teile der Winterware allerdings sind fast unverkäuflich, egal, was sie kostet.

Die Läden sind zu, und im Internet bekommen die Kunden hohe Preisnachlässe. Das hilft aber nicht immer. Foto: dpa
Die Läden sind zu, und im Internet bekommen die Kunden hohe Preisnachlässe. Das hilft aber nicht immer. Foto: dpa

Noch nie waren Skier so billig: Die Sporthändler, deren Läden geschlossen sind, haben im Internet die Preise radikal zusammengestrichen. 50 Prozent Rabatt und mehr sind in diesen Tagen ganz normal. Die Kaufleute sind verzweifelt: Wenn sie die Ausrüstung jetzt nicht loswerden, liegt sie den ganzen Sommer über im Lager.

Doch wer braucht schon Skier, wenn die Lifte stillstehen? „Die Winterware stapelt sich in den Flächen, ist durch die Händler vorfinanziert – aber nicht mehr zu verkaufen. Und damit im Grunde quasi wertlos“, klagt Alexander von Preen, Chef des Sporthändlerverbunds Intersport.

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Die auf Wintersport spezialisierten Händler stehen ganz besonders unter Druck. Sie erwirtschaften zwischen November und Februar rund zwei Drittel ihres Jahresumsatzes. Aber auch viele andere Ladenbesitzer versuchen verzweifelt, das Geschäft mit hohen Nachlässen anzukurbeln.

Bereits im vergangenen Jahr ging der Umsatz im Bereich Textilien und Bekleidung laut Statistischem Bundesamt gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent zurück. Nun verschärfen die aktuellen Beschränkungen die Lage.

Die Konsumklimastudie der Marktforscher von der GfK weist für den Monat Januar 2021 eine Anschaffungsneigung von null Punkten aus. „Dies ist gegenüber dem Vormonat ein Minus von 36,6 Punkten“, erklärt GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl, der die Entwicklung als „Absturz“ beschreibt.

Handelsberater Stefan Wenzel nennt die Situation „dramatisch“. Durch die langen Vorläufe sei die Ware bereits bestellt worden, als Lockdown noch ein Fremdwort war, erklärt Wenzel, der als ehemaliger Ebay-Deutschland-Chef und Digital-Chef von Tom Tailor tiefen Einblick in die Branche hat. „Händler saisonaler Ware haben jetzt kaum Chancen, die Winterware ohne noch höhere Abschriften irgendwie zu verkaufen.“

Besonders heikel ist der Zeitpunkt der Ladenschließungen. „Gerade im Herbst und Winter generiert man normalerweise wichtige Deckungsbeiträge“, sagt Wenzel. Zeitgleich binde überschüssige Ware Kapital, das dringend für den Kauf neuer Artikel benötigt wird. „Denn trotz zum Teil ruinöser Rabatte werden die Händler dennoch auf Überhängen sitzen bleiben“, warnt er.

„Bei allen Händlern ist die Pipeline der Ware voll“, bestätigt Alexander Gedat, Chef von Gerry Weber. Die Modemarke ist als sogenannter Vertikalist nicht nur Hersteller, sondern betreibt selbst Hunderte von Geschäften, die nun geschlossen und voll unverkaufter Ware sind.

Das schafft weitere Probleme, denn es fehlt Liquidität. „Wir haben vor vier Monaten Frühjahrsware bestellt, die uns jetzt geliefert wird“, so Gedat. „Die Finanzierung dieser Ware nimmt uns keiner ab.“ Damit schmelzen die Reserven. „Nach dem ersten Lockdown lief es bei uns jeden Monat besser als geplant“, berichtet der Gerry-Weber-Chef. „Dadurch konnten wir uns zumindest ein kleines Polster erarbeiten, von dem wir jetzt zehren.“

Es sind aber nicht nur die großen Ketten, die leiden. „Wir sitzen auf Bergen von Ware, die wir im Grunde nicht mehr verkaufen können“, sagt Martin Kerner vom Outdoor-Shop Basislager in Karlsruhe. „Wir brauchen dringend Liquidität, um die geplante Ware, die in wenigen Wochen kommt, bezahlen zu können.“

Deckelung von 1,5 Millionen Euro schnell überschritten

Die Politik hat das Problem inzwischen erkannt. „Einzelhändler sollen nicht auf den Kosten für Saisonware sitzen bleiben, die aufgrund der angeordneten Geschäftsschließung nicht mehr oder nur mit erheblichen Wertverlusten verkauft werden konnte“, heißt es in einem Papier des Finanzministeriums. „Wir führen daher für verderbliche Ware und für Saisonware der Wintersaison 2020/2021 eine Sonderregelung für Einzelhändler ein. Das betrifft zum Beispiel Weihnachtsartikel, Feuerwerkskörper und Winterkleidung.“

Das Problem dabei ist für viele Händler die Deckelung der staatlichen Unterstützung gerade für größere Unternehmen. Bei denen ist der Bedarf an Abwertung von Saisonware im Moment in der Regel so hoch, dass er zusammen mit den Fixkosten schnell den Höchstwert von 1,5 Millionen Euro pro Monat deutlich überschreitet.

Wann die staatliche Unterstützung bei den Kaufleuten ankommt, ist ohnehin offen. Auf Hilfe zu warten ist für Handel und Hersteller daher keine Option. „Wir versuchen natürlich, den Händlern partnerschaftlich zu helfen“, sagt Silvia Bentzinger, Chefin des Hemdenspezialisten Seidensticker.

Trotz zunehmenden Onlinehandels und 33 eigener Shops sei der selbstständige Modehandel für Seidensticker immer noch ein ganz wichtiger Absatzkanal. Deshalb nimmt der Modefabrikant, wo es geht, Ware zurück oder zeigt sich bei Zahlungszielen kulant. „Doch auch wir haben unsere Grenzen“, sagt sie.

In normalen Zeiten haben Händler eine Reihe von Möglichkeiten, überschüssige Artikel loszuwerden, vom Outlet über Schnäppchenhändler wie TKMaxx bis zum Abverkäufer, der die Ware zum Kilopreis abnimmt und verwertet. „Doch alle diese üblichen Kanäle sind jetzt verstopft mit Ware“, erklärt Handelsexperte Wenzel.

Die Händler könnten natürlich mit ihren Lieferanten verhandeln, dass sie einen Teil zurücknehmen. Doch das dürfte nur begrenzt helfen. „Große Hoffnung darf man sich nicht machen, die Hersteller sind ja in einem ähnlichen Dilemma und ebenfalls oftmals an ihren Grenzen“, erklärt Wenzel.

Zalando, Amazon und Ebay als letzte Lösung

Vor allem die etwa 250 Wintersport-Fachgeschäfte in Deutschland sitzen in der Falle: Sie haben ihre Ware schon vergangenes Frühjahr geordert. Geliefert wurde die Ausrüstung zwischen Mitte August und Mitte September, als eine zweite Welle noch weit entfernt schien. „Die Ware liegt nun in den Geschäften, kann nicht verkauft, muss aber bezahlt werden“, klagt der Verband Deutscher Sportfachhandel (VDS). Konkrete Zahlen nennt der Verband nicht.

Die Branche fordert nun mehr Hilfe vom Staat: „Diese zweite Welle in der Pandemie, in der man sich jetzt aktuell befindet, ist in allen Aspekten wie eine Naturkatastrophe zu bewerten, auf die der Handel mit kaufmännischen Entscheidungen nicht reagieren konnte und kann“, warnen 170 Sporthändler und Sportartikelhersteller in einem offenen Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD).

Am einfachsten ist es für Kaufleute, Ware über Plattformen wie Zalando, Amazon oder Ebay loszuschlagen. Das Problem: Der gute Name als Händler hilft auf dem Onlinemarktplatz nicht, da schaut der Kunde nur auf das Produkt. Dazu kommt: Die Sichtbarkeit des Angebots hängt von der Historie ab, also guten Kundenrezensionen, kurzen Lieferzeiten, Zuverlässigkeit. Da hat ein Neuling wenig vorzuweisen.

Trotzdem sollte jeder Händler diese Möglichkeit nutzen, auch wenn Wenzel sagt: „Digitalisierung mit der Brechstange gewinnt keinen Schönheitspreis und ist keine strategische Lösung für die Zeit nach Covid, es geht dabei nur um Schadensbegrenzung und Cashflow.“ Sein Rat: „Schafft man es damit irgendwie an das andere Ufer, muss die Frage nach dem richtigen Ansatz für die Zukunft folgen.“

Die Bergbahnen stehen still hierzulande. Daher haben die Kunden keinen Grund, sich neue Wintersportausrüstung zuzulegen. Foto: dpa
Die Bergbahnen stehen still hierzulande. Daher haben die Kunden keinen Grund, sich neue Wintersportausrüstung zuzulegen. Foto: dpa