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Grüne wollen Atomkraftwerksbetreiber zur Kasse bitten

Die Grünen wollen die laufende Novellierung des Atomgesetzes nutzen, um die Brennelementesteuer wieder einzuführen.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 fiel eindeutig aus: Den Kernkraftwerksbetreibern steht ein finanzieller Ausgleich zu, weil die Bundesregierung Ende 2010 die Laufzeit der Kernkraftwerke verlängert und kurz darauf, nämlich im Frühjahr 2011, wieder verkürzt hatte. Für Investitionen, die im Vertrauen auf die Laufzeitverlängerung getätigt wurden, soll es daher eine Entschädigung geben. Zudem urteilten die Verfassungsrichter, die Energieversorger müssten einen Ersatz für 2002 zugesagte Reststrommengen bekommen, die durch den Ausstiegsbeschluss von 2011 nicht mehr voll ausgeschöpft werden konnten. Alles in allem geht es um einen Euro-Betrag im oberen dreistelligen Millionenbereich .

Die 16. Novelle des Atomgesetzes, die sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren befindet, trägt den Vorgaben der Verfassungsrichter Rechnung und regelt die Entschädigung der Betreiber. Hauptbetroffene sind RWE und Vattenfall. Am kommenden Donnerstag soll das Gesetz in zweiter und dritter Lesung vom Bundestag verabschiedet werden. Anfang Juli soll der Bundesrat entscheiden.

Doch die Grünen wollen noch eine entscheidende Ergänzung durchsetzen, brauchen dazu aber die Hilfe der Union. Die Grünen wollen zwar der Entschädigung nicht im Wege stehen. Sie sind aber der Meinung, dass der Staat sich einen Teil des Geldes auf anderem Wege wieder zurückholen sollte. Sie werben daher dafür, die Brennelementesteuer wiederzubeleben, um einen finanziellen Ausgleich zu schaffen.

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat den Wissenschaftler Wolfgang Irrek rechnen lassen, was die Steuer einbringen würde. Je nach Ausgestaltung betrage „das zur erwartende Aufkommen aus einer wiedereingeführten Kernbrennstoffsteuer zwischen 1,1 und zwei Milliarden Euro“, schreibt Irrek in seinem Gutachten für die Grünen, das dem Handelsblatt vorliegt. Er bezieht sich dabei auf einen Zeitraum von September 2018 bis Dezember 2022. Ende 2022 geht das letzte Kernkraftwerkt vom Netz. Die Steuer könnte somit die Ausgaben für die Entschädigungszahlungen mindestens kompensieren oder sogar zu einem Nettozufluss für den Staat führen, schreibt Irrek.

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Verfassungsrechtliche Probleme ließen sich nach Überzeugung der Grünen aus der Welt schaffen. Die Brennelementesteuer mit jährlichen Einnahmen von rund 2,3 Milliarden Euro war von 2011 bis 2016 erhoben worden. 2017 ordnete das Bundesverfassungsgericht allerdings die Rückzahlung der Einnahmen an, weil das Gericht die Steuer als verfassungswidrig einstufte. Um eine künftige Brennelementesteuer verfassungskonform zu gestalten, bedarf es nach Einschätzung der Grünen nur einer minimalen Verfassungsänderung.

SPD und Linke ließen sich nach Einschätzung der Grünen leicht für einen solchen Schritt gewinnen. Die Union steht einem solchen Schritt dagegen ablehnend gegenüber. Ohne die Union allerdings ließe sich die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung nicht organisieren. „Die Union verhindert zugunsten der Stromkonzerne, dass Steuerzahler und Stromkunden im Milliardenbereich entlastet werden. Wir brauchen schleunigst eine verfassungskonforme neue Brennelementesteuer“, sagte Sylvia Kotting-Uhl (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages, dem Handelsblatt.

Den Grünen gehen noch einen Schritt weiter. Sie wollen die Änderung des Atomgesetzes zugleich nutzen, um die Verteilung der Reststrommengen für die Atomkraftwerke neu zu organisieren. Ihnen ist ein Dorn im Auge, dass die Kernkraftwerke Brokdorf und Emsland ausgerechnet im sogenannten Netzausbaugebiet Strom produzieren.

In den Netzausbaugebieten im Norden Deutschlands sind die Netzkapazitäten knapp. Immer wieder müssen dort Windkraftanlagen abgeregelt werden, weil die Netze an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Nach Auffassung der Grünen sollte man die Reststrommengen der beiden Kernkraftwerke daher verkürzen. „Atomausstieg und Energiewende in Norddeutschland müssen endlich optimiert werden. Brokdorf und Emsland müssen eher vom Netz", sagt Grünen-Politikerin Kotting-Uhl.

Sie erhält dabei Unterstützung aus der Branche. Reststrommengen im Netzausbaugebiet anzusiedeln, sei „keine gute Idee“, sagte Matthias Dümpelmann vom Stadtwerkeverbund 8KU dem Handelsblatt. Das verschärfe die Engpassgefahr, erhöhe den Aufwand für die Netzstabilisierung und gehe außerdem zu Lasten von flexibler Erzeugung, kritisierte er.