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Dieser Gründer will die klassische Fahrschule überflüssig machen

Robin Stegemann will Deutschlands Fahrlehrer per App organisieren. Die Branche wehrt sich gegen die Digitalisierung und warnt vor Masseninsolvenzen.

Robin Stegmann (CEO und Co-Founder) und Lasse Schmitt (CMO und Co-Founder; Bild: drivEddy)
Robin Stegmann (CEO und Co-Founder, links) und Lasse Schmitt (CMO und Co-Founder; Bild: drivEddy)

Das Wort Fahrschule weckt bei den meisten Führerschein-Besitzern viele Erinnerungen: mürrische Fahrlehrer, ein Schulungsraum im Ladenlokal, Kleinwagen mit doppeltem Pedalsatz. Nicht unter den spontanen Einfällen: Digitalisierung.

Der Berliner Gründer Robin Stegemann will das ändern und kämpft dabei gegen die Beharrungskräfte von Fahrlehrern, Politik und Lobbygruppen: „Wir wollen den Markt nachhaltig verändern“, sagt er dem Handelsblatt. Es ist eine der Grundsatzfragen der Digitalisierung: Wie viel Wandel lässt die Gesellschaft zu? Was ist sinnvoll, was nicht? Was schützenswert? Wie unter einem Brennglas werden diese Fragen im Bereich Fahrschule deutlich.

Robin Stegmann (CEO und Co-Founder) | Credit: drivEddy
Robin Stegmann (CEO und Co-Founder) | Credit: drivEddy

Die Vision von Stegemann ist weitgehend. Er hat eine Plattform gegründet, an die sich Fahrlehrer anschließen können. Sie sollen darüber ihr Geschäft abwickeln – alles, bis auf die praktischen Fahrstunden. Stegemanns Unternehmen Driveddy will über Werbung und Suchmaschinenmarketingpotenzielle Fahrschüler anlocken. Sie sollen auf Stegemanns Plattform bundesweit ihren Fahrlehrer finden und bei ihm Stunden buchen. Driveddy bekommt dafür eine Provision und will zudem den Theorieunterricht anbieten – im Netz und in Filialen.

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Was eher unspektakulär klingt, wäre das Ende der klassischen Fahrschule. Stegemann verspricht den Fahrlehrern, dass sie keinen Schulungsraum mehr brauchen. Die Online-Plattform soll zudem die Stundenverwaltung und die Abrechnung übernehmen. Das heißt: Fahrschulinhaber könnten ihre Ladenlokale und ihren Assistenten kündigen. Es reichen ein Auto und ein Parkplatz – und Driveddy.

„Die Fahrschule verdient so mehr, obwohl der Führerschein billiger wird“, wirbt der 34-jährige Stegemann für sein Angebot. Die Kehrseite: Aus dem Fahrschulunternehmer wird – zugespitzt – das Anhängsel einer App. Zudem würde sich der Wettbewerb verschärfen: Bei Driveddy sind die Preise rasch vergleichbar, das Start-up empfiehlt den Fahrlehrern Tarife unter dem Branchenschnitt.

Der Widerstand ist entsprechend groß. Er entzündet sich vor allem an der Frage, ob Theorieunterricht online möglich sein soll. Stegemann hofft, mit vorproduzierten Lehrmodulen schulen zu dürfen. Der individuelle Fahrlehrer würde dann nur noch im Anschluss bei eventuellen Rückfragen für einen Chat zur Verfügung stehen.

Lobbyisten stemmen sich gegen die Pläne

Zulässig ist das bislang nicht – und die Branchen-Lobbyisten wollen, dass das so bleibt. Sie fordern in einem Papier, das unter anderem der Verband Moving, der die Verlage der klassischen Schulungsunterlagen vertritt, sowie die Prüfer Tüv und Dekra unterzeichnet haben, elektronische Medien lediglich ergänzend einzusetzen.

Nur solche „gemischten“ Konzepte stellten sicher, dass der Fahrlehrer Lernstände feststellen sowie Lehr- und Lernmethoden auswählen könne, die „an den individuellen Bedürfnissen innerhalb der Zielgruppe orientiert sind“. Bundesweit einheitliche Inhalte würden regionale Besonderheiten aussparen, die für Fahranfänger wichtig und motivierend seien. Außerdem sei die Netzqualität in den Regionen so unterschiedlich, „dass sich hierdurch eine spürbare Wettbewerbsverzerrung ergeben würde“.

Letztlich steht dahinter offenbar die Angst vor wirtschaftlichen Verwerfungen: „Übernehmen bei einem reinen Online-Theorieunterricht bundesweite Anbieter, verbleibt lediglich die praktische Ausbildung in den Fahrschulen. Dies würde, wie bei den ähnlich gelagerten strukturellen Veränderungen in Frankreich, auch in Deutschland zu einer Masseninsolvenz der Fahrschulbetriebe führen“, heißt es in dem Papier.

Bislang macht die Branche nach offiziellen Zahlen jährlich rund 2,5 Milliarden Euro Umsatz, die durchschnittliche Fahrschule nimmt dabei rund 230.000 Euro ein. Die Zahl der Fahrschulen sinkt seit Jahren, derzeit sind es gut 10.500.

Was moderne Navis alles können

Offenbar verfangen die Argumente der Branche in den Verkehrsministerien. Allein Nordrhein-Westfalen ließ Online-Unterricht in der Coronakrise beschränkt zu. Allerdings durften die Fahrschulen nur jeweils so viele Fahrschüler online unterrichten, wie auch in ihre Klassenräume gepasst hätten.

Stegemanns Anwalt droht dem Land mit rechtlichen Schritten: „Für unsere Mandantschaft sowie für weitere Fahrschulen liegt hierdurch ein Eingriff in die Berufsfreiheit vor. Es drohen erhebliche Gewinneinbußen“, heißt es in einem Schreiben an das Verkehrsministerium.

Ein Sprecher sagte auf Anfrage, das Ministerium teile die Auffassung nicht: „Die Begrenzung auf die Kursgröße soll lebendigen Unterricht möglich machen und den Lernerfolg sichern. Auch soll – gerade in den Zeiten der Corona-Pandemie – eine Wettbewerbsverzerrung zulasten von Fahrschulen ohne kurzfristige Möglichkeit des Online-Unterrichts verhindert werden.“

Die theoretische Ausbildung sei zudem erst vor zwei Jahren grundlegend novelliert worden und lege einen besonderen Schwerpunkt im pädagogisch qualifizierten Unterricht in Form von Präsenzunterricht. Das Bundesverkehrsministerium verwies auf Anfrage darauf, die Ausgestaltung der Regeln sei Ländersache. Berlin habe die Länder aber angehalten, in der Coronakrise Onlinelernen zu ermöglichen.

Driveddy will bundesweit eigene Schulungsräume eröffnen

Driveddy-Gründer Stegemann hat vorerst einen Umweg gefunden: In Berlin steht bereits der erste Laden seines Unternehmens. Er soll als Infopunkt für Interessenten dienen – aber auch als Lehrraum für die Theorie. Innerhalb der kommenden drei Jahre sollen solche Filialen in allen Bundesländern entstehen, in sieben Jahren dann in den 40 größten deutschen Städten.

Noch allerdings steht Driveddy mit knapp 20 Mitarbeitern und 1,7 Millionen Euro Anschubfinanzierung am Anfang des Weges. Derzeit läuft eine Finanzierungsrunde für das geplante Wachstum, die bis Ende des Jahres stehen soll. Stegemann will dabei von seiner Start-up-Erfahrung profitieren: Vor Driveddy betrieb er bereits die Veranstaltungsplattform Event0. Zudem plant der studierte Sportökonom ein Klubhaus für junge Familien in Berlin.

Ergänzend bildet er mit Driveddy Fahrlehrer aus. Stegemann hofft, so vom Generationswechsel bei den im Schnitt deutlich über 50 Jahre alten Fahrlehrern profitieren zu können: Die nächste Generation solle gleich digital denken.

Video: Finden Sie heraus, ob Sie fit für die Straße sind