Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 8 Stunden 47 Minuten
  • Nikkei 225

    38.385,73
    +29,67 (+0,08%)
     
  • Dow Jones 30

    39.908,00
    +349,89 (+0,88%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.526,14
    +3.900,79 (+6,89%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.389,52
    +121,57 (+9,59%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.742,39
    +231,21 (+1,40%)
     
  • S&P 500

    5.308,15
    +61,47 (+1,17%)
     

Wie Gründer Linus Frank Holz und Brillenmacherkunst verbindet

Linus Frank hat ein Verfahren entwickelt, das biegbare Massivholzbrillen ermöglicht. Nun muss ihnen der mühsame Weg in die Optikerläden gelingen.

Den liebevollen Umgang mit Holz hat Linus Frank von Kindesbeinen an erlebt. Sein Vater baut historische Musikinstrumente, Gamben vor allem. Als 2014 die Brille eines Kommilitonen kaputtging, beschlossen Frank und Mitstudent Sebastian Wittmann daher: „Die machen wir selber, und zwar aus Holz.“ Die Aufgabe klingt leichter, als sie ist. „Wir wollten die erste Holzbrille schaffen, die den Namen wirklich verdient“, sagt Frank.

Bislang werden die Gestelle am Markt in der Regel aus verklebtem Schichtholz hergestellt. Die Brillen sind daher eher klobig und nicht zu verformen. Vier Jahre lang tüftelten die beiden gemeinsam mit dem Designer Thomas Winter, der als Dritter dazustieß, fast rund um die Uhr. Das Ergebnis ist die laut Unternehmensangaben weltweit erste anpassbare Massivholzbrille.

Vor wenigen Wochen nun gab es für das Start-up Freisicht den Ritterschlag: Die Fassung „Avantgarde“ wurde mit dem wichtigsten Preis der Optikbranche ausgezeichnet, dem Silmo d’Or. Der 33-jährige Frank als Erfinder des „Woodflex“-Verfahrens ist überzeugt, dass nun der Durchbruch gelingt. „Technologisch sind wir der Konkurrenz sicher zwei Jahre voraus.“ Das Start-up schaffe bereits die Holzbrillen der zweiten Generation. Zudem sei das Woodflex-Verfahren grundsätzlich auch in anderen Branchen denkbar, beispielsweise im Automobil-Innenraum, wo es um eine möglichst authentische Holzoptik gehe.

WERBUNG

200 Gestelle fertigt Freisicht inzwischen im Testbetrieb in einer Gewerbehalle in Freising bei München pro Monat, bald sollen es 2.000 sein. Das Geheimnis ist das Material: Die Fassungen werden aus einem Holzblock gefräst, der bis in den Kern hinein behandelt wurde. Wie genau, das bleibt das Geheimnis von Freisicht, das Verfahren ist zum Patent angemeldet. Aus unbehandeltem Holz können Brillen nicht gefräst werden, weil das Material sonst zersplittert.

Wenn der Optiker das Holz später erwärmt, kann er wie bei herkömmlichen Brillen zum Beispiel den Bügel verbiegen, um ihn an die Kopfform des Kunden anzupassen.

Kein einfacher Markt für den Einstieg

Die Branche ist grundsätzlich interessant. Rund 12,5 Millionen Brillen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. Der Umsatz der Optiker stieg um gut zwei Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Doch macht es die Struktur des Marktes für einen Einsteiger nicht einfach, sind die Produkte auch noch so innovativ.

Die Hälfte des Umsatzes in den Filialen entfällt auf die zehn größten Ketten wie Fielmann, Apollo und Pro Optik. Die zeigen sich an den Holzbrillen von Freisicht zwar durchaus interessiert. Doch sind die Verhandlungen für die Jungunternehmer nicht einfach, zudem können sie noch keine großen Stückzahlen liefern.

Etwa die Hälfte der rund 12 000 Fachgeschäfte sind eher klein und inhabergeführt. Die Besitzer sind zum einen oft eher konservativ, zudem ist es mühsam, die vielen Geschäfte einzeln abzuklappern. Immerhin, die ersten 60 Läden hat das Start-up aus Freising schon gewonnen, die Zahl wächst kontinuierlich. Frank weiß um die Herausforderung: „Wir müssen die PS jetzt auf die Straße bringen.“

Ob das gelingt, ist offen. „Vor ein paar Jahren gab es einen massiven Hype um das Material Holz für Brillen“, heißt es in maßgeblichen Branchenkreisen. „Mittlerweile ist das Thema aber wieder extrem nischig.“ Es habe immer wieder neue Verfahren der Holzbearbeitung gegeben, trotzdem werde es wohl ein schwieriges Material für Brillen bleiben. „Holz ist spröde, schwer zu verglasen und unflexibel.“

Doch genau diese Probleme glauben sie bei Freisicht ja gelöst zu haben. Um das am Markt bekannt zu machen, ist das Start-up erst einmal solide finanziert. Anfangs steckten die Gründer ihr eigenes Geld und Kredite ins Geschäft, dann stiegen Privatinvestoren ein. Besonders stolz sind Frank und Wittmann, dass der ehemalige Präsident ihrer Hochschule Weihenstephan-Triesdorf zu den Investoren zählt. „Dass er an unsere Geschäftsidee glaubt, hat uns besonders stolz gemacht“, sagt Frank.

Ein längerfristiges Projekt

Inzwischen hat Freisicht zwölf Modelle mit fünf verschiedenen Farben im Programm. Die Verfahrensweise erlaubt filigrane Gestelle mit Rundungen, die mit den Sperrholzbrillen herkömmlicher Art nicht machbar sind. Über einen Webshop sollen künftig unter der Marke „save“ auch Sonnenbrillen über das Internet vertrieben werden.

Mitgründer Frank hatte in Weihenstephan das Management Erneuerbarer Energien studiert. Eine kurze Zeit bei einem großen Versorger zeigte ihm, dass das bürokratische Leben in großen Konzernen nichts für ihn ist. „Insofern ist das Risiko hier gar nicht so groß“, sagt Frank. „Man braucht keinen Mut, um auszusteigen, wenn der Leidensdruck groß ist.“ Freisicht will er nun aber sehr lange machen.

Es werde noch einige Jahre dauern, den Optikermarkt großräumig zu erschließen, sagt er. „Ich bin mir aber sicher, dass wir das sehr lange machen werden. Wenn man Träger mit unseren Brillen sieht, geht einem das Herz auf.“