Gericht stoppt Sparkassenverband
Normalerweise verbindet die Sparkassen viel mit ihren regionalen Verbänden. Zwölf solcher Interessenverbände gibt es, sie sind Lobbyisten, Lotsen in Regulierungsfragen und Wirtschaftsprüfer in einem. Normalerweise demonstrieren die 413 Sparkassen Einigkeit mit ihren jeweiligen Regionalvertretern. Deren Chefs werden meist mit großer Mehrheit gewählt.
Zwischen der Kreissparkasse Osterholz und dem niedersächsischen Sparkassenverband aber gibt es Streit, und das seit neun Jahren. Der Konflikt ist sogar vor Gericht gelandet. Dabei muss der Verband jetzt eine Niederlage einstecken. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg entschied, dass der Verband keine Sonderumlage für eine Beteiligung an der Landesbank Berlin (LBB) erheben darf, wie es am Donnerstag mitteilte. Auch vor dem Verwaltungsgericht Stade hatte der Verband bereits verloren.
Für das kleine Geldhaus aus der Nähe von Bremen – in der Rangliste steht es mit einer Bilanzsumme von 1,2 Milliarden Euro auf Platz 286 – geht um immerhin mehr als sechs Millionen Euro. Für die gesamte Sparkassenorganisation geht es um mehr. Um die Frage: Wo endet die Macht der Verbände?
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat da jetzt ein klare Grenze gezogen: So hat der Verband laut dem Urteil seine „gesetzliche Aufgabe überschritten“. Er soll die Belange der niedersächsischen Sparkassen fördern. Eine Beteiligung in einem anderen Bundesland komme daher nur in Frage, wenn damit konkrete Vorteile der Mitgliedssparkassen in ihrem Geschäftsgebiet verbunden seien, so das Gericht. Das sei beim LBB-Kauf nicht der Fall gewesen.
Den Richtern zufolge fehlt dem niedersächsischen Verband, der 46 Sparkassen vertritt, zudem die „notwendige Rechtsgrundlage“, um überhaupt eine Sonderumlage von einzelnen Mitgliedern zu erheben. Und der Vorstand des Verbands darf eine Umlage, die großen Sparkassen bis zu 50 Millionen Euro kostete, nicht allein beschließen, sondern darüber muss die Verbandsversammlung, der Sparkassen wie Kommunen angehören, entscheiden (Az. 10 LC 29/15).
Für die Sparkassen war es ein verlustreiches Geschäft
Ausgangspunkt der Auseinandersetzung ist der Kauf der LBB durch die Sparkassen im Jahr 2007. Die öffentlich-rechtlichen Institute wollten die Berliner Landesbank unbedingt gemeinsam übernehmen, um zu verhindern, dass ein privater Investor zum Zug kommt und unter dem Namen „Sparkasse“ Geschäfte macht. 5,5 Milliarden Euro mussten die Sparkassen schließlich hinblättern.
Der Großteil der Sparkassen beteiligte sich an der Übernahme. Dabei lief der Deal in Niedersachsen und auch anderswo über den regionalen Sparkassenverband, der Gesellschafter einer extra gegründeten Erwerbsgesellschaft wurde. Später wurde die Beteiligung an die örtlichen Sparkassen weitergereicht, die gemäß ihrer Größe zahlen mussten.
Die Kreissparkasse Osterholz wollte da aber nicht mitziehen. Sie verweigerte die Zahlung einer Sonderumlage – und kann sich nicht nur durch das Urteil bestätigt fühlen. Denn der Kaufpreis für die LBB stellte als viel zu hoch heraus. Den Großteil der 5,5 Milliarden Euro haben die Sparkassen inzwischen abgeschrieben. Die LBB wurde zurechtgestutzt und zur Sparkasse Berlin umgebaut.
Einigen Sparkassen schwante das wohl. So hat beispielsweise ein Drittel der westfälischen Institute auf eine LBB-Beteiligung verzichtet, fast so hoch war der Anteil der bayrischen Häuser, die die Beteiligung ablehnten.
Die Kreissparkasse Osterholz wollte sich zu der Gerichtsentscheidung auf Anfrage nicht äußern. Der Sparkassenverband teilte mit, er habe das Urteil so nicht erwartet. Er will die Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, wie er weiter vorgeht.
Das Oberverwaltungsgericht hat zwar keine Revision zugelassen, weil es in dem Fall um die Auslegung von Landesrecht geht. Der Verband könnte aber eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen und so versuchen, dass der Streit in der höchsten Instanz endgültig geklärt wird.
KONTEXT
Die profitabelsten und unprofitabelsten Sparkassen-Regionen 2016
Sparkassen-Verbände
Die mehr als 400 Sparkassen in Deutschland sind in 12 regionalen Verbänden organisiert. Eine viel beachtete Messgröße für die Profitabilität der Sparkassen ist das Betriebsergebnis vor Ergebnis im Verhältnis zur Bilanzsumme. Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe hat über die erwarteten Gewinne im Jahr 2016 diverser Verbände informiert.
Platz 1
Ostdeutscher Sparkassenverband
Bilanzsumme 2015:112 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:1,04 Prozent (Vorjahr: 1,15 Prozent)
Quelle: SVWL, OSV
Platz 2
Sparkassenverband Westfalen-Lippe
Bilanzsumme der Mitglieder 30.6.2016:126 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,95 Prozent (Vorjahr: 1,08 Prozent)
Quelle: SVWL
Platz 3
Sparkassenverband Schleswig-Holstein
Bilanzsumme der Mitglieder 2015:37,6 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,88 Prozent (2014: 0,89 Prozent)
Quelle: SVWL, SGVSH
Platz 4
Sparkassenverband Baden-Württemberg
Bilanzsumme der Mitglieder 2015:178,6 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,84 Prozent (2015: 0,97 Prozent)
Quelle: SVWL, SVBW
Platz 5
Bayerischer Sparkassenverband
Bilanzsumme der Mitglieder 2015:193 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,82 Prozent (2015: 0,95 Prozent)
Quelle: SVWL, SVB
Platz 11
Rheinischer Sparkassen- und Giroverband
Bilanzsumme der Mitglieder 2015:154 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,69 Prozent
Quelle: SVWL, SVB
Platz 12
Hanseatischer Sparkassen- und Giroverband
Bilanzsumme der Mitglieder 2015:54 Milliarden Euro
Erwartetes Betriebsergebnis 2016 gemessen an der durchschnittlichen Bilanzsumme:0,65 Prozent
Quelle: SVWL, DSGV
KONTEXT
Ausschüttende und ausschüttungsfähige Sparkassen
Gesamt
Insgesamt: 418 SparkassenAusschüttungsfähig: 398davon schütten tatsächlich aus: 140 Sparkassen
(Quelle: Deutsche Bundesbank - k.A. für Berlin, Bremen, Hamburg)
Baden-Württemberg
Insgesamt: 53Ausschüttungsfähige Sparkassen: 37Ausschüttende Sparkassen: 1
Bayern
Insgesamt: 72 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 71Ausschüttende Sparkassen: 16
Brandenburg
Insgesamt: 11Ausschüttungsfähige Sparkassen: 11Ausschüttende Sparkassen: 3
Hessen
Insgesamt: 34 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 34*Ausschüttende Sparkassen: 14
Mecklenburg-Vorpommern
Insgesamt: 10Ausschüttungsfähige Sparkassen: 9Ausschüttende Sparkassen: 3
Niedersachsen
Insgesamt: 44 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 44* Ausschüttende Sparkassen: 13
Nordrhein-Westfalen
Insgesamt: 106 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 106*Ausschüttende Sparkassen: 45
Rheinland-Pfalz
Insgesamt: 26 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 24Ausschüttende Sparkassen: 13
Saarland
Insgesamt: 7 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 7Ausschüttende Sparkassen: 6
Sachsen
Insgesamt: 12 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 12Ausschüttende Sparkassen: 12
Sachsen-Anhalt
Insgesamt: 13 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 13Ausschüttende Sparkassen: 3
Schleswig-Holstein
Insgesamt: 14 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 14*Ausschüttende Sparkassen: 3
Thüringen
Insgesamt: 16 Ausschüttungsfähige Sparkassen: 16*Ausschüttende Sparkassen: 8
*) Keine Ausschüttungsanforderungen 2012. Um die Anonymität der Institute sicherzustellen, wurden keine Angaben zur Ausschüttungsfähigkeit der Sparkassen in den Bundesländern Bremen und Hamburg gemacht. Dort sind nur sehr wenige Institute tätig. Keine Angaben zu Berlin, weil für die Berliner Sparkasse keine Daten auf Einzelinstitutsbasis verfügbar sind.