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Frankreichs Autoindustrie setzt zum Überholmanöver an

Renault baut um, PSA steht vor der Fusion mit Fiat Chrysler (FCA). Frankreichs Autoindustrie will mit einer neuen Strategie an Bedeutung gewinnen.

Sechs Monate nach seinem Start als CEO von Renault hat Luca de Meo am Donnerstag seinen strategischen Plan vorgelegt, den er ganz unbescheiden eine „Renaulution“ nennt. Der Konzern will sparen, indem er Kapazitäten verkleinert, gezielt in Zukunftsbereiche investiert – und so die Rendite deutlich steigert. Einen Zuwachs erwartet der neue Renault-Chef vor allem aus einer höheren Positionierung der Konzernmarken und aus innovativen Geschäftsfeldern, die in der neuen Marke Mobilize gebündelt werden.

Im Ergebnis soll Renault 2023 eine Marge über drei Prozent und 2025 über fünf Prozent des Umsatzes erreichen. Mitte 2020 stand unterm Strich noch ein Verlust. Man ziehe jene Werte vor, statt sich hochtrabende, aber unsichere Ziele zu setzen, sagte de Meo während der Präsentation. Der ewige Konkurrent Peugeot-Citroën-Opel (PSA) kam zuletzt auf eine Marge von 8,5 Prozent. Am Samstag tritt die Fusion von PSA mit Fiat Chrysler (FCA) in Kraft.

De Meos Credo folgt dem des PSA-Chefs Carlos Tavares. Es zielt auf den Übergang von einem mengen- zu einem wertgetriebenen Unternehmen. Konkret wird das an der Absicht, den Anteil der Modelle in der Mittelklasse (C- und D-Segment), in der die Marge höher ist, von aktuell 15 Prozent auf 40 Prozent zu steigern. Der Umsatzanteil der A- und B-Segmente (Kleinwagen) dagegen soll von 70 auf 50 Prozent sinken.

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Der Renault-Chef stellt allerdings schon für das laufende Jahr ein besseres Ergebnis in Aussicht, vor allem, weil er die Investitionen von 18 auf 13 Milliarden Euro gesenkt hat. Seine Produktionskapazitäten will der Hersteller von derzeit ungefähr vier Millionen Autos bis 2025 auf 3,1 Millionen verringern. Die Fixkosten sollen in diesem Zeitraum um drei Milliarden Euro, der Aufwand für Vorleistungen um 600 Millionen Euro sinken.

„Im Vergleich zum Restrukturierungsplan von 2020 sehen wir keine zusätzlichen Jobverluste vor“, versicherte de Meo. Zu einer höheren Marge soll beitragen, dass 80 Prozent der Autos – ob Verbrenner, Hybrid oder Elektro – auf nur noch drei Plattformen gebaut werden, die Renault mit seinen Allianzpartnern Nissan und Mitsubishi teilen will.

Dacia und Lada bedienen das Einstiegssegment gemeinsam

Im Zeichen der Vereinfachung steht auch, dass Renault seine Marken Dacia und Lada zu einer Geschäftseinheit mit einer gemeinsamen Plattform für alle Autos zusammenfasst. Sie sollen weiterhin preiswerte, grundsolide Autos anbieten. Dacia soll nach dem Wunsch von de Meo künftig aber auch ein größeres, 4,6 Meter langes Auto im C-Segment anbieten.

„Das schafft uns eine verlockende Marge“, stellte Finanzchefin Clotilde Delbos in Aussicht, die nun auch die Marke Mobilize leiten wird. Die bündelt Finanzierung, Mobilitätsdienste und Geschäfte mit Daten und Energie. Neben Mobilize stehen die Marken Renault, Dacia und Alpine.

Statt die Sportwagenschmiede Alpine zu schließen, was vor einigen Monaten noch erwartet wurde, will de Meo sie zum Brennpunkt eines Angebots von hochtechnologischen, teuren Autos machen, die auf die ganze Gruppe ausstrahlen sollen. Die Formel-1-Aktivitäten des Herstellers werden hier integriert.

De Meo ist bekannt dafür, dass er ein Händchen für die Markenführung hat. Statt unterkühlter Zahlenkolonnen lieferte er am Donnerstag eine Präsentation mit viel Emotionen: Urige Lada-Niva-Geländewagen rumpelten über Schlamm- und Eispisten in Russland, ein Formel-1-Bolide flitzte eine Serpentine hoch, und de Meo enthüllte die Studie eines neuen Renault 5.

Der äußerst erfolgreiche Kleinwagen der 70er- und 80er-Jahre, seit Langem eingestellt, soll als Stromer auferstehen. „Neuinterpretationen mythischer Autos können ein Feuer entfachen, das die ganze Gruppe erhellt“, freute sich der Italiener – andere Marken wie BMW mit Mini und der Fiat 500 haben es vorgemacht.

Nissan, Renault und Mitsubishi zeigen sich demonstrativ kooperativ

Einige von de Meos Visionen sind bislang aber kaum mehr als Ideen. „Vom Autohersteller wird Renault zum Anbieter von Mobilität, Daten und Energie“, sagt der neue Renault-Chef. Eher wortkarg zeigte er sich bei der Frage, worin das neue Angebot an Daten und Energie bestehen soll. Das sei ein hochkomplexes Thema und müsse gesondert erörtert werden.

Gebrauchte Autobatterien will Renault offenbar als Stromspeicher für den Haushalt zweitverwerten. Das Werk Flins, in dem bald keine Autos mehr gefertigt werden, wandele sich zu einem der größten Recyclingzentren Europas, sagte de Meo. „Dort werden wir 100.000 Autos pro Jahr neu ausstatten, ihren Lebenszyklus verlängern“, kündigte er an.

Die Weiterentwicklung der Allianz mit Nissan und Mitsubishi kam nicht ausführlich zur Sprache, doch wurden die Chefs von Nissan und Mitsubishi zugeschaltet und versicherten, alle drei Partner würden künftig noch enger kooperieren. Allen dürfte klar sein, dass der Wettbewerb künftig noch härter werden wird, weil am Samstag die Fusion von PSA und FCA zu Stellantis vollzogen wird.

PSA-Chef Tavares wird das neue Unternehmen als CEO führen, dessen Verwaltungsrat John Elkann leitet. Im Gegensatz zu de Meo, der auf umständliche Absprachen innerhalb der Allianz angewiesen ist, wird der Franko-Portugiese weitgehende Durchgriffsmöglichkeiten haben.

Sparmeister Carlos Tavares

Tavares will vorerst keinen Strategieplan vorlegen. Dennoch dürfte er sofort an die Arbeit gehen. „Er muss das Problem der mangelnden Rentabilität und hohen Emissionen bei Fiat angehen, voraussichtlich indem er wie bei Opel geschehen Fiat- und Alfa-Modelle auf eine PSA-Plattform stellt“, erwartet der Analyst Michaël Foundoukidis von Oddo BHF.

Die Fiat-Modellpalette sei überaltert, die europäischen Werke seien nur zu rund 50 Prozent ausgelastet. Tavares werde auch hier wie bei Opel geschehen drastische Kapazitätsschnitte vornehmen. Profitieren könne Stellantis von der hohen Rentabilität seiner Pick-ups in Nordamerika, wo keine strengen Emissionsnormen gelten wie in Europa.

Die kann Stellantis nur einhalten, weil FCA bis Ende 2022 CO2-Lizenzen von Tesla zukauft. Danach muss die neue Kombination aus eigener Kraft die EU-Flottenwerte einhalten, was PSA bereits schafft. Eine herbe Enttäuschung brachten allerdings die Zahlen zum Autoabsatz 2020, die PSA am Donnerstag zum letzten Mal vorlegte. Alle Marken, Peugeot, Citroën und DS, litten stärker unter der Absatzflaute als der Gesamtmarkt. Während der Weltmarkt um 15 Prozent zurückging, brachen die PSA-Verkäufe um 28 Prozent ein, bei Opel waren es gar 35 Prozent.

Die Allianz Renault-Nissan leidet immer wieder unter kulturellen Differenzen. Wird es Stellantis einfacher haben? Tavares kennt die USA, weil er dort einmal die Nissan-Organisation geführt hat. Aber werden Amerikaner und Italiener ohne Weiteres einen Franko-Portugiesen als Chef akzeptieren?

„Die kulturellen Unterschiede sind nicht so groß wie bei Renault-Nissan“, meint Analyst Foundoukidis. Eine italienische Beobachterin sieht es etwas skeptischer: „Franzosen gelten bei uns als arrogant und besserwisserisch.“ De Meos und Tavares’ Aufgaben sind unterschiedlich, aber leicht wird es keiner von beiden haben.