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Früher entwarf sie Kinderspielzeug, heute Sextoys: "Mein Arbeitsplatz ist ein vibrierendes, leuchtend buntes Paralleluniversum", sagt diese Designerin

Simone Kalz entwickelt seit 18 Jahren Sextoys für die Fun Factory. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider
Simone Kalz entwickelt seit 18 Jahren Sextoys für die Fun Factory. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider

Simone Kalz kennt jedes Sextoy aus dem Hause Fun Factory in- und auswendig. Form, Farbe, Funktion – nichts ist ihr unbekannt. Früher oder später gehe alles nochmal über ihren Tisch, sagt die Designerin. Die 49-Jährige ist Leiterin der Produktentwicklung bei Europas größtem Sextoyhersteller.

Die Fun Factory liegt mitten in Bremen. Rund 75 Mitarbeitende arbeiten dort jeden Tag an Dildos, Vibratoren, Analplugs oder auch Menstruationstassen. Seit 18 Jahren ist Simone Kalz eine von ihnen. "Tatsächlich fällt es mir sehr schwer, einen typischen Arbeitsalltag zu beschreiben", sagt sie. "Das Einzige, was kontinuierlich ist, ist, dass ich reinkomme, den Rechner anmache, zur Kaffeemaschine gehe und ab da ist jeder Tag anders."

So wie auch jedes Sextoy anders sei, dass sie entwickle. "Mein Arbeitsplatz ist ein vibrierendes, leuchtend buntes Paralleluniversum", beschreibt sie ihren Alltag. Und nur eine ihrer regelmäßigen Aufgaben sei es, Sextoykataloge oder Pornowebsiten zu durchstöbern. Kalz nennt es "Fachlektüre".

Jordis Meise leitet das Marketing der Fun Factory und ist die Tochter von einem der Gründer des Unternehmens.
Jordis Meise leitet das Marketing der Fun Factory und ist die Tochter von einem der Gründer des Unternehmens.
Die Fun Factory stellt verschiedene Modelle ihrer Toys wie in einem Museum aus. Viele hat Simone Kalz mitentwickelt. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider
Die Fun Factory stellt verschiedene Modelle ihrer Toys wie in einem Museum aus. Viele hat Simone Kalz mitentwickelt. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider

Sextoy-Hersteller kennt sie aus einem Werbespot

Dabei startete Kalz' Berufsleben ganz unschuldig. Nachdem sie 2000 ihr Diplom als Industrie-Grafikdesignern gemacht hatte, bekam sie einen Job in China – bei einem deutschen Kinderspielzeughersteller. "Ich war Produktdesignerin, aber es war auch meine Aufgabe, die Produkte umzusetzen und bis zur Serienreife zu begleiten", erzählt Kalz. Sechs Jahre lang war sie dabei. Dort habe es auch zu ihrem Alltag gehört, Produkte in Kindergärten testen zu lassen. "Ich war sehr viel mit Kindern und Kindergärtnerinnen in Kontakt", sagt Kalz.

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Die Branche gewechselt habe sie letztendlich vor allem, weil sie zurück nach Deutschland wollte, erzählt die Designerin. "Ich bin in meinem vorherigen Job viel gereist – das war toll, aber irgendwann wollte ich nicht mehr aus dem Koffer leben." Von der Fun Factory habe sie 2006 über einen Werbespot im Radio erfahren. "Es war Fußball-WM und weil man der Meinung war, die Männer seien beschäftigt, konnten Frauen ein Sextoy der Fun Factory gewinnen", so Kalz. Da habe sie zum ersten Mal von Unternehmen gehört. "Ich habe mir das dann im Netz angeschaut und mich direkt beworben."

Gemeinsamkeiten von Sextoys und Kinderspielzeug

"Paddy Penguin" war der erste Dildo aus dem Hause Fun Factory. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider
"Paddy Penguin" war der erste Dildo aus dem Hause Fun Factory. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider

Vom Kinderspielzeug zum Spielzeug für Erwachsene. Passt das zusammen? Kalz findet: "Absolut". Eigentlich habe sich nicht viel geändert. "Nur die Altersgruppe", sagt sie und lacht. Wer weiter denke als nur an Sex, der könne durchaus Gemeinsamkeiten erkennen. "Das Allerwichtigste ist, dass das Spielzeug einen Reiz auslöst – egal, ob es sich dabei um Spielzeug für Kinder oder für Erwachsene handelt", sagt sie. "Es muss im besten Fall so designt sein, dass mein Arm sofort hingreifen möchte."

Auch deshalb habe ihr die Fun Factory direkt zugesagt. Das Unternehmen ist Ende der 1990er-Jahre mit einem bunten Dildo mit Pinguin-Kopf bekannt geworden. "Damals gab es sonst ja nur hautfarbene Penisnachbildungen", sagt Kalz. Aber letztendlich ginge es auch bei Sextoys darum, einen Spieltrieb zu befriedigen. Damit kannte Kalz sich aus – und das macht sie bis heute. Ihr Job ist es dabei auch, das Toy so nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten. "Es muss intuitiv funktionieren", sagt Kalz.

Ein Sextoy zu entwickeln dauert laut Kalz übrigens über sechs Monate bis in Einzelfällen bis zu zwei Jahre. Dabei komme es vor allem auf das Feedback der Nutzer an. "Wir lassen unsere Toys von einer User-Gruppe testen", sagt sie. "Und erst, wenn wirklich alle 'Hurra!' rufen, produzieren wir es in Serie." Ganz nach dem Motto der Fun Factory: Von nichts kommt niemand.

Sextoys müssen intuitiv sein, sagt Entwicklerin Simone Kalz. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider
Sextoys müssen intuitiv sein, sagt Entwicklerin Simone Kalz. - Copyright: Lisa Kempke / Business Insider

"Ich war beschämt"

Kalz selbst ist an den Tests der Toys nicht beteiligt. "Ich wäre ohnehin nicht objektiv", sagt sie. Außerdem gehe es auch darum, Toys für verschiedene Zielgruppen und Vorlieben zu entwickeln. "Da gibt es auch einfach Menschen, die sind noch wesentlich offener und freizügiger als ich", sagt sie.

Vor allem am Anfang sei ihr das nicht immer leicht gefallen. "Ich war schon ab und zu ein bisschen beschämt", sagt sie. "Als ich meinen Eltern damals von meinem neuen Job erzählt habe, haben sie nur gesagt: 'Kind, muss das sein?'"

Jetzt seit rund 18 Jahren Sextoys zu entwickeln bereue sie aber "kein Stück". Kalz sagt, sie habe sich letztendlich immer wohlgefühlt. Schließlich sei sie immer schon neugierig gewesen und das habe ihr oft geholfen, gute Arbeit zu machen. Und das rät sie auch anderen: "Seid ohne Angst und offen." Im Berufs- wie im Privatleben.