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Warum Finanzverbrecher auf den Philippinen leichtes Spiel haben

Der Fall Wirecard hat auf den Philippinen eine Debatte darüber ausgelöst, weshalb das Land so oft in Finanzskandale verwickelt ist. Vor allem am strengen Bankgeheimnis wächst Kritik.

Gefälschte Bankunterlagen über Milliardensummen im Wirecard-Skandal, gestohlenes Geld einer Zentralbank und lange Zeit unentdeckte Transaktionen an mutmaßliche Kinderschänder: Das Finanzsystem der Philippinen stand zuletzt gleich mehrfach im Zentrum grenzüberschreitender Straftaten, die international für erhebliches Aufsehen sorgten.

In dem Land ist nun eine Debatte darüber ausgebrochen, weshalb das Bankwesen derart anfällig ist für kriminelle Machenschaften. Die Regierung von Präsident Rodrigo Duterte zeigt sich dabei selbstkritisch.

Finanzminister Carlos Dominguez III. räumt offen ein, dass die Behörden des südostasiatischen Landes bislang kaum in der Lage waren, verbrecherische Aktivitäten im Finanzsystem zu stoppen. Der Wertpapieraufsicht SEC, die ihrem gleichnamigen amerikanischen Pendant nachgebildet wurde, sei es etwa in der Vergangenheit nicht gelungen, Finanzbetrug konsequent zu verfolgen, sagte Dominguez vergangene Woche.

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Die SEC habe beispielsweise Schneeballsysteme ins Visier genommen. „ Aber es ist zu keiner Verurteilung gekommen“, fügte der Minister hinzu.

Ähnlich unbefriedigend lief bisher die juristische Aufarbeitung eines Finanzskandals, der das Land vor vier Jahren erschütterte. Damals ging es um 81 Millionen Dollar, die Unbekannte von Konten der Zentralbank Bangladeschs abgezweigt hatten und das Geld anschließend über eine philippinische Bank und lokale Casinos verschwinden ließen. Eine Bankmanagerin, die dabei geholfen haben soll, wurde zwar verurteilt. Die Hintermänner wurden aber nie gefasst. Und der Großteil des gestohlenen Geldes konnte ebenfalls nicht wieder aufgetrieben werden.

Ermittlungen gegen Wirecard-Partner

Zuständig war in dem Fall der philippinische Antigeldwäscherat AMLC, der nun auch im Fall Wirecard die Ermittlungen aufgenommen hat. Der insolvente Zahlungsdienstleister aus Aschheim hatte bei seinen Bilanzprüfern Bankbestätigungen über Guthaben von 1,9 Milliarden Euro auf philippinischen Treuhandkonten vorgelegt.

Als die Prüfer nachforschten, stellten sich die Unterlagen aber als nicht echt heraus. Mitarbeiter mehrerer Banken stehen im Verdacht, an den Fälschungen beteiligt gewesen zu sein. Wer sie beauftragt hat, ist noch unklar. Der AMLC, der nun auch gegen dubiose Partnerfirmen von Wirecard auf den Philippinen ermittelt, verspricht eine gründliche Aufklärung.

Beobachter sehen den Fall als Bewährungsprobe für die Philippinen: „Die Anschuldigungen sollten die philippinischen Banken und ihre Aufsichtsbehörden dazu anspornen, ernsthaft an der Reputation des Finanzsystems zu arbeiten“, kommentierte der Antigeldwäscheberater Stephen Cutler.

Cutler sieht in der Verflechtung der Philippinen in den Fall Wirecard ein weiteres Beispiel dafür, dass den Behörden – von der Wertpapieraufsicht über die Zentralbank bis zu den Geldwäschebekämpfern – die Kapazitäten in der Strafverfolgung fehlten. Sowohl die Zentralbank als auch der AMLC verfügten über zu wenig Personal, um bedeutsame Ermittlungen in Verdachtsfällen vorantreiben zu können.

In der Folge werden Skandale oft erst im Ausland aufgedeckt. Im vergangenen Jahr war durch eine Untersuchung in Australien bekannt geworden, dass Gelder von Kunden der australischen Bank Westpac mutmaßlich im Zusammenhang mit der sexuellen Ausbeutung von Kindern über das philippinische Finanzsystem geflossen sind.

Strenges Bankgeheimnis erschwert Ermittlungen

Die Schwachstellen bei der Finanzaufsicht in dem Land fallen auch deutschen Investoren auf. Martin Henkelmann, Geschäftsführer der deutsch-philippinischen Handelskammer, glaubt zwar, dass Wirtschaftskriminalität auf den Philippinen nicht stärker verbreitet ist als in anderen Schwellenländern der Region. „Die Philippinen haben jedoch die Besonderheit, dass die Regeln zum Bankgeheimnis recht streng sind“, sagt er dem Handelsblatt. „Dies macht Nachforschungen bei Verdachtsfällen, die Aufdeckung und die Verfolgung schwerer.“

Diese Sicht teilt auch die Regierung von Präsident Duterte. Bei ihm trifft die Kritik an dem laxen Umgang mit Finanzverbrechen in den Kern seines politischen Selbstverständnisses. Bereits im Wahlkampf hatte sich der Politiker als rabiater Kämpfer gegen Korruption und Kriminalität in seinem Land in Szene gesetzt. Dass sein Land nun im Zentrum von großen Finanzskandalen steht, kratzt an seinem Ruf als Aufräumer.

Doch bisher scheiterten die Versuche der Regierung, das Bankgeheimnis zu lockern, am philippinischen Kongress.

Den Fall Wirecard sieht die Regierung nun als Anlass, erneut Druck zu machen: Um grenzüberschreitende Finanzverbrechen bekämpfen zu können, müsse der Kongress nun endlich die antiquierten Regeln ändern, forderte Finanzminister Dominguez.

Ähnlich äußerte sich auch Zentralbankchef Benjamin Diokno: Ein derart strenges Bankgeheimnis habe außer den Philippinen sonst nur noch der Libanon. Eine Lockerung sei nötig, um gegen Betrüger vorgehen zu können. Entwürfe für eine entsprechende Gesetzesänderung liegen dem Parlament vor. Ob sich nun eine Mehrheit dafür findet, ist unklar.

Inzwischen befürwortet aber sogar die Finanzindustrie ein strengeres Vorgehen gegen Finanzkriminalität: Der Chef der lokalen Bankenvereinigung, Cezar Consing, warnte bereits im März, dass der Ruf der Philippinen als Zufluchtsort für schmutziges Geld mittelfristig zur internationalen Isolation des Finanzsystems führen könne.