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Ferdinand Piëch plant den Ausstieg

Ferdinand Piëch war über Jahre der Patriarch bei Volkswagen. Nun plant der 79-Jährige offenbar seinen Ausstieg aus dem Konzern. Damit könnte der frühere Aufsichtsratschef bis zu eine Milliarde Euro einnehmen.

Im VW-Konzern steht der Ausstieg Ferdinand Piëchs bevor. Der Großaktionär könnte seine Anteile am Autobauer Volkswagen abstoßen. Zuerst hatte der „Spiegel“ darüber berichtet. Der 79-Jährige soll über den Verkauf der Aktien an die übrigen Familienmitglieder verhandeln. Auch die Porsche-Dachgesellschaft PSE als Hauptaktionärin von Volkswagen bestätigte, dass die Familien Porsche und Piëch entsprechende Verhandlungen über eine Übertragung eines „wesentlichen Anteils“ der gehaltenen Stammaktien führen. Ob es zu einer Veränderung der Aktionärsstruktur der Porsche Automobil Holding SE komme, sei allerdings noch nicht absehbar.

Der frühere Firmenpatriarch hält 14,7 Prozent der Stammaktien an der Porsche SE, dem Mutterkonzern von Volkswagen. Die Familien Piëch und Porsche verfügen über ein Vorkaufsrecht. Ferdinand Piëchs Anteile sind demnach gut eine Milliarde Euro wert.

Bei der Holding liegen wiederum über 52 Prozent der Stimmrechte am Volkswagen-Konzern. Die Familienholding Porsche SE wird mit etwa 16 Milliarden Euro bewertet. Das Grundkapital verteilt sich je zur Hälfte auf Stamm- und Vorzugsaktien. Der Anteil der Familien ist etwa acht Milliarden Euro wert, weil sie eben auch nur die Hälfte des Grundkapitals stellen.

Die „Bild am Sonntag“ hatte kürzlich berichtet, die Familien Porsche und Piëch wollten den ehemaligen VW-Aufsichtsratschef sein letztes Aufsichtsratsmandat bei der Porsche SE entziehen. Die Clans hätten geeinigt, Piëch im Zuge einer Umstrukturierung des Gremiums zu entmachten, schrieb das Blatt.

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Die Porsche SE gilt als eigentliches Machtzentrum, weil dort die milliardenschwere VW-Beteiligung liegt. Im zwölfköpfigen Aufsichtsrat sitzen alle wichtigen Familienvertreter, an der Spitze Wolfgang Porsche, Ferdinands Cousin. Die sechs Arbeitnehmervertreter hätten allerdings kürzlich angekündigt, sich aus dem Gremium zurückzuziehen. Deshalb stehe bei der Hauptversammlung am 30. Mai in Stuttgart die komplette Neuwahl des Aufsichtsrats an.

Piëch hatte den Aufsichtsrat vor zwei Jahren im Streit verlassen, weil er den damaligen Vorstandschef Martin Winterkorn aus dem Konzern drängen wollte – und den Machtkampf mit seinen Aufseherkollegen, darunter auch Cousin Wolfgang Porsche, verlor.

Auch seine Aussagen gegenüber den internen Ermittlern im Abgas-Skandal sorgten für Unmut. Im Sommer 2016 hatte er diesen gesagt, dass er Winterkorn und führende Aufsichtsräte schon früh über Ermittlungen der US-Behörden gegen VW informiert habe. Über die Dieselaffäre wären die damit früher als selbst angegeben informiert gewesen. Im vergangenen Dezember soll Piëch diesen Vorwurf dann gegenüber der Staatsanwaltschaft Braunschweig wiederholt haben.

Die Betroffenen weisen die Anschuldigung brüsk zurück. Sie sehen sich von dem früheren VW-Aufsichtsratschef verunglimpft.

KONTEXT

Justizkrimi VW-Skandal

Darum geht es

Bald eineinhalb Jahre ist es her, dass VW unter massivem Druck aus den USA seine Abgas-Fälschungen eingestand. Immer noch wird an vielen Stellen ermittelt - in Amerika, wo ein Manager in Haft sitzt, in Braunschweig, wo die Staatsanwaltschaft 31 Verdächtige im Visier hat. Die bisherigen Erkenntnisse.

1. Die Rolle Winterkorns

Stand der Ermittlungen: Dass es Unregelmäßigkeiten bei Abgaswerten von Dieselautos in den USA gab, wurde dem damaligen Volkswagen-Chef per Vorstandspost früh mitgeteilt. Am 23. Mai 2014 erhielt Winterkorn eine entsprechende Notiz zum späteren Skandal-Motor EA 189. Darin sei es jedoch nicht um mögliche Risiken oder die Ursache auffälliger Stickoxid(NOx)-Emissionen gegangen, betonte VW vor knapp einem Jahr.

Ein wichtiger Tag war der 27. Juli 2015. Mehrere Manager kamen zum sogenannten Schadenstisch in Wolfsburg zusammen, wo sie aktuelle Qualitätsprobleme besprachen. Mit dabei: Winterkorn. Der frühere Entwicklungsvorstand der Marke VW, Heinz-Jakob Neußer, gab Auskunft zur Situation in den USA, wie das "statement of facts" zum jüngsten Milliarden-Vergleich mit den US-Behörden zeigt. Neußer ist dort mit fünf weiteren Managern inzwischen wegen Betrugsverdachts angeklagt.

Offizielle VW-Darstellung: Erst am 3. September 2015 erreichte die Information über illegale Programme ("defeat devices") die Ebene des Konzernvorstands. Auch im Fakten-"Statement" tauche kein ehemaliges oder aktives Vorstandsmitglied auf. Zum Rücktritt am 23. September 2015 sagte Winterkorn, er sei sich "keines Fehlverhaltens bewusst".

Was noch unklar ist:Wurde der Vermerk vom Mai 2014 genau gelesen? "Ob und inwieweit Herr Winterkorn von dieser Notiz damals Kenntnis genommen hat, ist nicht dokumentiert", erklärte VW. Der Blick richtet sich so vor allem auf das Treffen Ende Juli 2015. Laut "Bild am Sonntag" wog die Runde das Für und Wider eines Einräumens der Manipulationen ab. Der Konzernchef soll sich nur an eine kurze Erörterung erinnern, ein Insider habe aber gesagt: "Wir haben darüber gesprochen, dass etwas Illegales in unsere Autos installiert wurde."

Damit stellen sich einige grundlegende Fragen. Wie detailliert waren die Kenntnisse zum "defeat device" im Sommer 2015? War dieses Wissen nur passiv, oder mündete es in ein aktives Vertuschen? War man nur über auffällige NOx-Werte im Bilde - oder über ein illegales Handeln auf dem wichtigen US-Markt? Noch gibt es keine Beweise. VW betont: "Weder der konkrete Inhalt dieser informellen Besprechung noch die konkreten Zeitpunkte, zu denen die betreffenden Vorstandsmitglieder teilnahmen, lassen sich im Detail rekonstruieren." Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht der Marktmanipulation nach.

2. VW-Markenchef Diess und weitere Manager

Stand der Ermittlungen:Hier kommen noch andere Größen aus der VW-Welt ins Spiel. Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe und zahlreiche Ermittler des LKA Niedersachsen prüfen, ob die Wolfsburger Führung die Finanzwelt zu spät über die finanziellen Folgen des Skandals informierte. Nicht nur Winterkorn, auch der Mitte 2015 frischgebackene VW-Kernmarken-Chef Herbert Diess sowie der einstige Finanzchef und heutige Oberaufseher Hans Dieter Pötsch sind Gegenstand der Ermittlungen. Hinzu kommen 21 Beschuldigte wegen Verdachts auf Betrug, sechs wegen Steuerdelikten bei unregelmäßigen CO2-Werten und einer wegen Datenvernichtung.

Was noch unklar ist: Ob die Vorwürfe stimmen. Ziehe kann den Ermittlungsergebnissen nicht vorgreifen, rechnet aber mit ersten Resultaten in diesem Jahr. Dabei könnten auch Informationen aus den US-Verfahren eine Rolle spielen, wenngleich die sechs dort angeklagten Personen nicht alle identisch mit denen im deutschen Verfahren sind. Man "partizipiere im Rahmen der Rechtshilfe an unseren wechselseitigen Erkenntnissen".

3. Die Betrugs-Software

Stand der Ermittlungen:Der Ursprung des Skandals lässt sich laut VW auf eine Gruppe von Ingenieuren aus dem mittleren bis oberen Management eingrenzen. Das legt auch die Anklage gegen die sechs Männer in den USA nahe, von denen einer in Haft sitzt. Das US-Justizministerium spricht von "Verschwörern". Diese hätten 2006 die Entwicklung eines neuen, regelkonformen "clean diesel" gestartet. Der entscheidende Moment: "Als die Verschwörer begriffen, dass sie keinen Dieselmotor entwickeln konnten, der sowohl strengere NOx-Standards erfüllen als auch genügend Kundennachfrage haben würde, beschlossen sie, eine Software-Funktion zu nutzen, um die US-Emissionstests auszutricksen."

Was noch unklar ist: Andere VW-Ingenieure hätten bald Zweifel an dem Vorgehen angemeldet, so das Justizministerium. Doch Mitglieder der Sechsergruppe hätten es weiter abgesegnet und verheimlicht: "Die Verschwörer logen die (Umweltbehörde) EPA in der Frage der Existenz der Software an." Im Frühjahr 2013 habe Neußer dann ein Zusatzmodul genehmigt, das den Lenkradwinkel - und so die Testläufe mit stärkerer Abgasreinigung - besser erkannte. Das Ministerium ergänzt seine Sicht aber mit der Unschuldsvermutung - bis zum Nachweis des Gegenteils.

4. Die VW-Strategie

Stand der Ermittlungen:Schon im Frühjahr 2014 nannte der Forscherverbund ICCT verdächtige VW-Werte in den USA. Auf Fachebene soll dies sofort registriert worden sein. Im April 2014 mailte der Festgenommene laut Anklage einem Kollegen: "Zuerst sollte entschieden werden, ob wir ehrlich sind. Wenn wir nicht ehrlich sind, bleibt alles, wie es ist." Das FBI fand heraus: "Anstatt die Wahrheit zu sagen, verfolgten VW-Mitarbeiter die Strategie, so wenig wie möglich aufzudecken."

Was noch unklar ist:Unklar ist, was nach dem "Schadenstisch" - also dem Treffen in Wolfsburg - genau passierte. Etliche Kommunikations- und Entscheidungswege werden weiter untersucht. Der in den USA Inhaftierte entwarf laut Anklage am 17. August 2015 einen Plan, was man Kaliforniens Umweltbehörde Carb sagen könne. Ein anderer Manager habe seine Beteiligung abgelehnt, um nicht lügen zu müssen - er soll später ein Kronzeuge geworden sein.