Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • Nikkei 225

    38.236,07
    -38,03 (-0,10%)
     
  • Dow Jones 30

    38.852,27
    +176,59 (+0,46%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.799,41
    -351,98 (-0,60%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.362,65
    +50,02 (+3,81%)
     
  • Nasdaq Compositive

    16.349,25
    +192,92 (+1,19%)
     
  • S&P 500

    5.180,74
    +52,95 (+1,03%)
     

Für Banken ist es nach der Zinswende zuhause wieder am schönsten

(Bloomberg) -- Die Zinswende hat für die europäischen Banken den Heimatmarkt und das Brot-und-Butter-Geschäft der Kreditvergabe wieder attraktiv gemacht.

Die spanische BBVA, die den Negativzinsen durch Expansion in Schwellenländer zu entkommen versuchte, schaut sich wieder inländische Zukäufe an. Die französische BNP Paribas will den Erlös aus dem Verkauf einer US-Sparte in Europa investieren. Die Commerzbank gehört zu den Top-Aktien unter den Instituten der Eurozone.

Die Deutsche Bank hat im Bondhandel wieder Marktanteile erobert, während auch bei ihr das Kreditgeschäft an Dynamik gewinnt. Selbst US-Großbanken wie JPMorgan Chase und Citigroup entdecken den Kontinent wieder für sich und expandieren bei Privatkunden und Unternehmen.

Nach einem Jahrzehnt im Niedrigzins-Jammertal erfreuen sich die europäischen Banken einer seltenen Erfolgsphase dank vier großen Zinserhöhungen innerhalb von nur einem halben Jahr. Nachdem sie in der Dürreperiode Kosten gesenkt und Gebühren erhöht haben, profitieren sie nun von steigenden Erträgen aus dem Kreditgeschäft. Damit können sie Ausschüttungen an die Aktionäre erhöhen, in den Handel investieren und Vorsorgen treffen für Kreditverluste, die in der beginnenden Rezession unweigerlich auflaufen werden.

WERBUNG

“Die Zinssätze geben den Banken derzeit echten Rückenwind”, sagte Deutsche-Bank-Finanzchef James von Moltke auf einer Konferenz letzten Monat. “Das Negativzinsumfeld hat dem Bankensystem eine Menge Rentabilität entzogen — und mit der Rentabilität auch die Fähigkeit, in die Zukunft zu investieren.

Von Bloomberg befragte Analysten prognostizieren, dass die Krediterträge der größten europäischen Banken in diesem Jahr den höchsten Stand seit über zehn Jahren erreichen und 2023 einen neuen Rekordwert erreichen werden. Das ist eine drastische Trendwende nach acht Jahren, in denen negative Zinssätze die Erträge aus Kreditgeschäft erodieren ließen und das Bankgeschäft auf den Kopf stellten.

“Wir sind konstruktiv, was die Aussichten für die europäischen Banken im Jahr 2023 angeht, obwohl die Wirtschaft auf eine Rezession zusteuert”, schrieben die Bankexperten von Goldman Sachs in einer kürzlich veröffentlichten Analyse. “Dies mag kontraintuitiv erscheinen, doch die fundamentale Dynamik des Sektors steht in mehrfacher Hinsicht in krassem Gegensatz zu früheren Rezessionen.”

Als größte Verlierer der Branche sticht die durch großteils selbstverschuldete Skandale und Verluste zur Problembank gewordene Credit Suisse hervor. Andere Negativbeispiele des Jahres sind die Banken, die auf Russland gesetzt hatten — Societe Generale, UniCredit und Raiffeisen Bank International — und wegen des Kriegs in der Ukraine Abschreibungen und Verluste hinnehmen mussten.

Banken mit großteils traditionellem Firmen- und Retail-Geschäft wie die spanische Banco de Sabadell oder die Commerzbank avancierten hingegen zu Börsenlieblingen. Die Commerzbank hat zuletzt wegen der steigenden Zinsen ihren Ertragsausblick für 2024 um fast eine Milliarde Euro angehoben.

Den Erträgen hilft, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen im kommenden Jahr weiter erhöhen will, während die Banken immer noch so gut wie nichts für Einlagen zahlen. In den USA ziehen hingegen die Einlagenzinsen an, was laut den Analysten der Citigroup ein Abwärtsrisiko für die Nettozinserträge darstellt. Diese Divergenz hat europäischen Instituten erstmals seit dem Ende der Finanzkrise zu einer besseren Börsenperformance als ihren US-Konkurrenten verholfen.

Das spiegelt auch die Erwartung wider, dass die europäischen Banken im nächsten Jahr mehr Geld über Aktienrückkäufe ausschütten können. JPMorgan Chase schätzt die Rückkäufe auf 30,6 Milliarden Dollar (28,8 Milliarden Euro), 30% mehr als zwei Jahre zuvor. Die US-Banken werden dagegen deutlich unter dem Niveau von 2021 bleiben.

Da könnten allerdings Aufsicht und Politik den Banken noch einen Strich durch die Rechnung machen. Hochrangige Aufseher sehen nur für die am besten kapitalisierten Institute Spielraum für großzügige Ausschüttungen. Spanien und Polen haben Sondersteuern eingeführt, um Bankgewinne abzuschöpfen und sie für Krisenmaßnahmen zu verwenden.

Und obwohl die Bankaktien sich in diesem Jahr etwas erholt haben, werden sie immer noch mit einem Abschlag auf die US-Konkurrenz gehandelt. Die neun größten börsennotierten Banken auf dem Kontinent sind zusammen an der Börse weniger wert als JPMorgan allein. Das unterstreicht, wie sich seit der Finanzkrise die Macht im Bankensektor auf die Wall Street verschoben hat.

Die rasant vollzogene Zinswende und der Krieg in der Ukraine hilft den Banken auch durch die andauernde Volatilität im Handelsbereich, die bereits in den letzten drei Jahren die Erträge angeheizt hat. Die Deutsche Bank, lange Zeit ein Symbol für den Niedergang des Bankgeschäfts in Europa, hat im Handel Marktanteile zurückgewonnen und steigt wieder in Bereiche ein, die sie schon aufgegeben hatte: US-Hypotheken, hochverzinsliche Credit Default Swaps und Basismetalle.

Manche Banken können überschüssiges Kapital nun für Übernahmen nutzen, da die steigende Rentabilität und erste Schritte zur Schaffung eines europäischen Bank-Binnenmarktes Übernahmen attraktiver machen. So wurden zuletzt etwa Kapitalaufschläge für grenzüberschreitende Aktivitäten innerhalb Europas gesenkt.

Unter den europäischen Übernahmezielen rangiert die Commerzbank mit dem prominenten Großaktionär Bundesregierung weiterhin recht weit oben. BNP, UniCredit und ING wurden in den vergangenen Jahren allesamt Kaufinteresse nachgesagt. Auch die ABN Amro hat in der Vergangenheit das Interesse von Großbanken wie der BNP auf sich gezogen. Die französische Bank hat inzwischen allerdings erklärt, dass sie eher Ergänzungsgeschäfte sucht als ganze Institute.

Auch andere Banken könnten sich weiter auf kleinere Übernahmen konzentrieren und ansonsten eher Kapital an die Aktionäre ausschütten, solange die Bankenunion in Europa nicht vollendet ist, so Flora Bocahut, Analystin bei Jefferies.

“Angesichts der Bewertungen der europäischen Banken ist der Rückkauf ihrer eigenen Aktien nach wie vor viel rentabler als jede andere M&A-Transaktion, und es besteht kein Ausführungsrisiko”, so Bocahut.

Überschrift des Artikels im Original:No Place Like Home for European Banks Riding Higher Rates

--Mit Hilfe von Steven Arons und Rodrigo Orihuela.

More stories like this are available on bloomberg.com

©2022 Bloomberg L.P.