Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 6 Stunden 59 Minuten
  • Nikkei 225

    39.341,54
    -325,53 (-0,82%)
     
  • Dow Jones 30

    39.164,06
    +36,26 (+0,09%)
     
  • Bitcoin EUR

    57.532,42
    +741,07 (+1,30%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.283,06
    +16,91 (+1,34%)
     
  • Nasdaq Compositive

    17.858,68
    +53,53 (+0,30%)
     
  • S&P 500

    5.482,87
    +4,97 (+0,09%)
     

EZB-Zeitfenster für große Zinsschritte schließt sich allmählich

(Bloomberg) -- Mit einer näher rückenden Rezession im Euroraum schließt sich bei der Europäischen Zentralbank das Zeitfenster für übermäßige Zinserhöhungen - zumal sich die Kreditkosten bereits einem Niveau nähern, das der Wirtschaft keine Unterstützung mehr bietet.

Die Rekordinflation und die Gefahr von Energieengpässen im Winter lassen in der Wirtschaft der Eurozone die Zuversicht schwinden. Da sich die harten Daten allmählich verschlechtern, dürften die Falken, die derzeit die EZB-Politik bestimmen, nur eine begrenzte Chance haben, weitere große Erhöhungen durchzusetzen.

Eine Chance dazu sollte sich wohl nur bei den nächsten beiden Sitzungen im Oktober und Dezember bieten. Die Märkte wetten darauf, dass die erste Sitzung eine Wiederholung des historischen 75-Basispunkte-Schritts vom September bringen wird. Im neuen Jahr dürfte das Argument, dass die Inflationseindämmung schwerer wiegt als die Sorge um die Konjunktur, schwieriger zu verteidigen sein. Die derzeitige Position vieler Zentralbanken der Welt dürfte damit auf den Prüfstand geraten.

Bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds in Washington sollten viele Notenbanker ein Gefühl dafür bekommen, wie schlecht die Lage ist. Am heutigen Dienstag legt die Institution ihren Weltwirtschaftsausblick vor, und der dürfte düster ausfallen.

WERBUNG

Eine nachlassende Konjunktur birgt Konfliktpotenzial mit den Tauben bei der EZB, die sich inmitten der Beendigung der quantitativen Lockerung, des Umbaus des geldpolitischen Instrumentariums und der Zinserhöhung um bislang 125 Basispunkte bislang größtenteils ruhig verhalten haben.

“Die EZB muss jetzt schnell handeln, um die Inflationserwartungen zu dämpfen, bevor die Lohnverhandlungen zu Zweitrundeneffekten führen”, sagt Karsten Junius, Chefvolkswirt der Bank J Safra Sarasin. “Sobald die Rezessionsrisiken Realität werden und sich die Belastungen für die Wirtschaft bemerkbar machen, wird es schwierig werden, größere Erhöhungen durchzusetzen.”

Bislang gehen die Prognosen der EZB nicht von einer Rezession in der Eurozone aus. Die jüngsten Drosselungen der russischen Gaslieferungen machen die Projektionen aber wahrscheinlich obsolet. Umfragen unter Einkaufsmanagern signalisieren seit Juli eine schrumpfende Produktion. Ökonomen sehen einen Konjunkturabschwung zunehmend als unvermeidlich an.

Christine Lagarde hat angemerkt, eine Rezession werde nicht von der Aufgabe ablenken, die Inflation von 10% im letzten Monat wieder auf das 2%-Ziel zu bringen. Die EZB-Präsidentin glaubt nicht, dass ein Konjunktureinbruch die Preise von allein dämpfen wird.

“Unser oberstes Ziel ist Preisstabilität, und das müssen wir erreichen. Würden wir das nicht tun, würde das der Wirtschaft weit mehr schaden.”

-- Lagarde am 28. September

Die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt der Eurozone für das dritte Quartal werden erst am 31. Oktober vorgelegt - vier Tage nach der EZB-Zinsentscheidung in diesem Monat. Einen ersten Datenbeleg für eine Rezession könnte es erst geben, wenn im Januar die Zahlen für das Schlussquartal 2022 veröffentlicht werden.

Bis dahin wollen die meisten geldpolitischen Entscheidungsträger den Einlagensatz, der derzeit 0,75% beträgt, auf einem so genannten neutralen Niveau sehen, das die Konjunktur weder anregt noch bremst - und das vermutlich irgendwo bei 2% liegt.

Um dieses Ziel schnell zu erreichen, tendieren unter anderem Martins Kazaks aus Lettland und Gediminas Simkus aus Litauen dazu, den Zins noch in diesem Monat auf 1,5% zu verdoppeln. Auch der Finne Olli Rehn und Bundesbankchef Joachim Nagel befürworten einen energischen Zinsschritt.

Der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot sagte am Montag, dass mindestens zwei weitere “signifikante” Zinserhöhungen erforderlich seien.

Die EZB-Entscheider zögern mit Äußerungen zu der Frage, wo die Zinsen ihren Höhepunkt im Zyklus erreichen werden, wobei für die Falken Geschwindigkeit Priorität hat. Die bisherigen Zinsschritte sind zwar nicht die Ursache der sich eintrübenden Konjunktur im Euroraum. Wenn die Haushalte in Mitleidenschaft geraten, dürften sie jedoch schwerer durchsetzbar werden. Die Tauben finden gerade ihre Stimme wieder.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane gehört zu denen, die zur Zurückhaltung mahnen und die Zeit noch nicht gekommen sehen, um den nächsten Schritt der EZB festzulegen. Der Chef der portugiesischen Zentralbank warnte davor, zu weit zu gehen und damit Gefahr zu laufen, später ein Rückzieher machen zu müssen.

Italiens Notenbankchef Ignazio Visco hat es vielleicht am deutlichsten ausgedrückt, als er in einem seiner seltenen öffentlichen Kommentare von einer “plötzlichen Verschlechterung der Aussichten für das Wirtschaftswachstum” sprach. “Übermäßig schnelle und ausgeprägte Zinserhöhungen würden das Risiko einer Rezession erhöhen”, sagte er Ende September.

Überschrift des Artikels im Original:ECB Window for Big Rate Hikes Narrows With Recession Nearing

More stories like this are available on bloomberg.com

©2022 Bloomberg L.P.