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Eyb & Wallwitz-Chefvolkswirt: 'Deutschland muss mehr Schumpeter wagen'

FRANKFURT (dpa-AFX) -Die deutsche Wirtschaftspolitik braucht laut einem Experten mehr Mut und müsse innovatives Unternehmertum stärker fördern. "Deutschland muss mehr Joseph Schumpeter wagen", sagte Chefvolkswirt Johannes Mayr vom Vermögensverwalter Eyb & Wallwitz am Dienstag im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Schumpeter war ein bekannter Nationalökonom, laut dem insbesondere Pionierunternehmen das Wirtschaftswachstum anstoßen. Besonders bekannt ist sein Konzept der "schöpferischen Zerstörung", bei dem Fortschritt stets auch mit scheiternden Unternehmen einhergeht.

Subventionen schüfen zwar einen wirtschaftlichen Boden nach unten und verhinderten unternehmerischen Misserfolg, sagte Mayr. Sie deckelten aber auch das Wirtschaftswachstum. Mayr kritisiert daher eine "Vollkasko-Mentalität" in Europa. Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland sinke kontinuierlich, was aus wettbewerblicher Sicht ein schlechtes Zeichen sei. Denn auch wenig produktive Unternehmen würden staatlich gestützt, das dort eingesetzte Kapital fehle dann den innovativen Jungunternehmen. Deutschland sei generell deutlich risikoaverser beim Investieren als etwa die USA.

Strukturell müsse die staatliche Schuldenbremse reformiert werden, denn sie bremse auch Investitionen. Mayr argumentiert auch für weniger Transferleistungen des Staates. "Mit dem Heizungsgesetz haben zum Beispiel auch wohlhabende Haushalte von Subventionen profitiert, die sie gar nicht gebraucht hätten. Der Staat sollte Transfers streng an der Bedürftigkeit ausrichten."

Deutschland stehe derzeit am Beginn einer konjunkturellen Erholung, auch wenn diese eher mau sei. Als eine Ursache für die lediglich leichte Entspannung sieht Mayr die weiterhin restriktive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die hatte jüngst zwar ihre Zinsen erstmals nach der großen Inflationswelle gesenkt. Über weitere Zinssenkungen will Chefvolkswirt Mayr aber nicht spekulieren, die Inflations- und Konjunkturdynamik sei schwierig vorherzusehen.

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Allerdings beziffert der Experte das deutsche Wachstumspotenzial auch generell niedrig mit etwa 0,5 Prozent. "So landet man bei konjunkturellen Problemen schnell im Minusbereich." Für ein stärkeres Wachstum wie zuletzt in den USA von rund zwei Prozent werde in Deutschland sowohl von öffentlicher als auch von privater Hand zu wenig investiert.

Auch auf dem Arbeitsmarkt sei Deutschland derzeit schlecht aufgestellt: Der demografische Gegenwind belaste das Wachstum besonders stark, die Zuwanderung reiche angesichts der Knappheit an Arbeitskräften nicht aus. "Wir brauchen eine gesteuerte und vereinfachte Migration von Fachkräften - und die, die schon hier sind, müssen schneller auf den Arbeitsmarkt." Deutschland sei aktuell nicht attraktiv für ausländische Fachkräfte, obwohl der europäische Binnenmarkt als Wirtschaftsraum hochinteressant sei.

Die wirtschaftlichen Folgen geopolitischer Konflikte wie im Gazastreifen oder in der Ukraine bereiten dem Ökonomen hingegen weniger Kopfzerbrechen. Zwar seien offene Volkswirtschaften und besonders Deutschland als Exportnation davon betroffen, doch die Anfälligkeit der Weltwirtschaft bei regionalen Schocks werde oft überschätzt. "Die Finanzmärkte sind gut darin, den Ausgang von Krisen zu quantifizieren. Zudem ist die Weltwirtschaft sehr anpassungsfähig."

Die in wenigen Tagen startende Fußball-Europameisterschaft (EM) im eigenen Land wird sich laut Mayr maximal temporär positiv auf die deutsche Wirtschaft auswirken. "Der stärkste Effekt könnte bei einer erfolgreichen EM ein Mentalitätseffekt bei Konsumenten und Unternehmen sein. Das allein wird uns aber nicht von allen wirtschaftlichen Problemen befreien."