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Ex-Mercedes-Marketingchef Jens Thiemer soll bei BMW den Absatz ankurbeln

Der Autoabsatz von BMW stockt. Damit sich das ändert, setzen die Münchener ihre Hoffnung auf den ehemaligen Daimler-Marketingmann Jens Thiemer.

Sein Abgang löste ein mittelschweres Beben in Stuttgart aus. Fünf Jahre führte Jens Thiemer die Marke Mercedes mit Erfolg, doch Ende Juni warf er die Brocken hin. Zu unterschiedlich waren die Vorstellungen zwischen ihm und der von Dieter Zetsche geholten Vertriebsvorständin Britta Seeger, so lautet eine interne Lesart des Abgangs.

Eine andere: Thiemer ahnte, dass bei Mercedes nach dem Modellfeuerwerk der vergangenen Jahre die Luft raus ist. Tatsächlich brechen seit dem Sommer die Zahlen ein, die Jahresprognose von Daimler wurde gleich zweimal kassiert.

Nun ist Thiemer wieder im Geschäft – beim Mercedes-Erzrivalen BMW. Ab dem 1. Januar verantwortet er nach Informationen des Handelsblatts das Marketing der Kernmarke BMW, der Konzern wollte den Wechsel nicht kommentieren. Erweitert wird die Position um die Querschnittsfunktionen „Digital Business“ und „Customer Journey“, also die Frage, wie man aus Autokäufern in Zukunft treue Kunden macht.

Das ist seit Anfang dieses Jahres der Job von Vertriebsvorstand Pieter Nota, den die Münchener vom niederländischen Elektronikkonzern Philips abgeworben hatten. Dem Branchenfremden stellte man mit Sven Schuwirth einen erfahrenen Marketingspezialisten zur Seite, den BMW eigens von Audi weglockte.

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Doch diese Kombination funktionierte nicht: Schuwirth verließ BMW nach wenigen Monaten wieder und soll nun Branchenkreisen zu Folge seine alte Rolle bei Audi wieder einnehmen. Für Krüger höchste Zeit, mit Thiemer einen starken Ersatz zu verpflichten.

Denn im vierten Amtsjahr von Krüger hat sich die Disziplin Marketing und Vertrieb als die größte Baustelle im Konzern entpuppt. Hatte Krüger noch Mitte 2017 die „größte Modelloffensive der Firmengeschichte“ ausgerufen, so sind die Ergebnisse bislang verpufft. Trotz eines halben Dutzends neuer Modelle wird am Ende dieses Jahres nur ein ganz magerer Zuwachs übrig bleiben.

Vieles läuft zurzeit gegen den Erfolg: Trumps Zollpolitik, der drohende Brexit oder die Tatsache, dass der Markt in Europa wegen der Umstellung auf den neuen Verbrauchsstandard WLTP aus dem Ruder gelaufen ist. Was die Aufsichtsräte noch mehr stört: Der Abstand auf den ebenfalls strauchelnden Rivalen Mercedes wird nicht kleiner, die Stuttgarter sind immer noch mit rund 200.000 Autos pro Jahr vorn.

Die BMW-Modelloffensive ist bislang verpufft

Den Erfolgsmann der Konkurrenz nach München geholt zu haben ist daher auch für den BMW-Chef wichtig. Im Mai 2020 läuft Krügers Vertrag aus, auf der Hauptversammlung 2019 könnten die Kontrolleure ihm eine zweite Amtszeit gewähren.

Dafür müssen die Zahlen stimmen – und das Marketing. Dabei ist BMW traditionell ein Konzern der Ingenieure, der Verkauf gilt im „Vierzylinder“ immer noch als abgeleitete Funktion, der Entwicklung neuer Einspritzmotoren galt meist höhere Aufmerksamkeit. Das ging fast zwei Jahrzehnte lang gut – mit Ausnahme der Finanzkrisen-Phase kennt man in München eigentlich nur Wachstum.

Doch das Geschäft dreht sich, vor allem in Europa ist der Markt mehr als satt. Die Markentreue der Kunden nimmt ab, folglich werden die Preiskämpfe immer härter. Seit Beginn des Jahres liegen die Zahlen im BMW-Vertrieb unter den Planungen, seitdem sei „Feuer unter dem Dach“, wie es im Konzern heißt.

Im Vorstand wurde eine „Task Force Vertrieb“ gebildet. Regelmäßig sitzen die beiden Vertriebsvorstände Pieter Nota (zuständig für BMW) und Peter Schwarzenbauer (Mini und Motorrad) unter der Leitung des mächtigen Finanzvorstands Nicolas Peter zusammen.

Auf den Tisch kommen auch Deals, die man früher nicht nötig hatte. So schloss der Großkundenvertrieb im Frühjahr mit der Lidl-Mutter Schwarz einen Vertrag über die Lieferung von bis zu 15.000 Autos pro Jahr. Die Rabatte sollen bei mehr als 40 Prozent liegen. Nicht nur die Konkurrenz, auch die BMW-Händler schäumten, denn schon nach 18 Monaten können die Schnäppchen zu Dumpingpreisen auf dem Gebrauchtmarkt landen.

Grundstein

Ende September drohten deutsche Händler mit einem Verkaufsboykott, als der Konzern neue Konditionen durchdrücken wollte. Am Ende setzte sich BMW durch – und hat künftig erstmals vollen Zugang zu den Kundendaten. Die werden in Zukunft noch wichtiger, um personalisierte Angebote machen zu können. Thiemer hat mit „Mercedes Me“ bei Mercedes den Grundstein gelegt und dürfte nun bei BMW ein ähnliches System aufziehen, dass den Kunden vom Auto über das Smartphone rund um die Uhr begleitet.

Aber auch im klassischen Marketing könnte sich in München einiges ändern. Thiemer hatte bei seinem alten Arbeitgeber Mercedes 2014 für Aufsehen gesorgt, als er nach einem monatelangen Ausschreibungsverfahren keiner der teilnehmenden Werbeagenturen ein Mandat erteilte, sondern stattdessen eine eigene Mercedes-Agentur aufbauen ließ. Die Agentur Antoni beschäftigt heute unter der Leitung von Tonio Kröger und André Kemper rund 170 Mitarbeiter. Was sich heute nach einer Erfolgsgeschichte anhört, war damals ein wagemutiger Schritt.

Das Nachsehen hatte damals die Hamburger Agentur Jung von Matt, für die der Verlust des prestigeträchtigen Mercedes-Etats eine starke finanzielle Belastung darstellte. „Es ist immer schade, wenn eine Mercedes-Fahrt endet“, textete Agenturmitgründer Jean-Remy von Matt.

Aber es kam noch schlimmer: Umsatz brach weg, Agentureinheiten mussten schließen. Ein Stück weit konnte die Firma die Lücke auffüllen – mit neuen Projekten, unter anderem für den Autobauer BMW. Jung-von-Matt-Chef Peter Figge wird aber erneut auf den resoluten Marketingentscheider Thiemer angewiesen sein.