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Die ewigen Baugerüste in New York

Hundert Gäste, ein Grußschreiben von Henry Kissinger und eine Rede von dem damaligen Alcoa-Chef Klaus Kleinfeld: Handelsblatt und Wirtschaftswoche eröffneten ihr New Yorker Büro 2013 auf der Wall Street. Seitdem sind vier Korrespondenten plus einer Schar von Freien Mitarbeiten mitten im Wirtschaftsgeschehen untergebracht. Es ist die reinste Freude dort zu arbeiten, mit einer riesigen Lobby und der U-Bahn-Station direkt vor der Tür.

Allerdings hatten wir alle bislang nicht viel von dem 1931 gebauten Gebäude gesehen. Ein vielleicht zehn Meter hohes Baugerüst versperrte den Blick von außen. Seit fünf Jahren gehörte es zum Alltag. Vor wenigen Tagen allerdings rieben wir uns alle die Augen. Zum ersten Mal sahen wir das Art-Deco-Gebäude ganz unverstellt. Tatsächlich war das Gerüst abgebaut worden. Der Eingang strahlte ganz ungewohnt im Sonnenlicht.

Ein kleines Wunder. Baugerüste gehören zum New Yorker Straßenbild wie die gelben Taxen. Sie sind allerdings weniger schön anzusehen. Laut der New Yorker Baubehörde gibt es von ihnen derzeit 8.119 in der Stadt. Aneinander gereiht reichen sie von Köln bis nach Hamburg. 2003 waren es noch weniger als die Hälfte.

Auch stehen sie immer länger, beispielsweise wurde das Gerüst auf der 123 Street und Lenox Avenue 2004 aufgebaut. Die Kinder der dort lebenden Familien kennen es gar nicht anders als dunkel und sperrig auf dem Bürgersteig.

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Baugerüste boomen in New York seit dem Tod von Grace Gold. Die 17-Jährige feierte 1979 ihren High School-Abschluss, wollte sich etwas Geld bei der Bank holen. Da fiel auf der 115 Street und Broadway ein Stück Mauerwerk auf ihren Kopf. Ihren Freunde, die sie begleiteten, waren schockiert.

New York City erließ daraufhin das sogenannte Local Law 10. Das verpflichtet jeden Gebäudebesitzer von einem Haus mit mehr als sechs Stockwerken dazu, ihre Fassade alle fünf Jahre überprüfen zu lassen. Altersschwaches Mauerwerk muss ausgetauscht werden, zur Sicherheit ein Baugerüst aufgestellt werden.

Seitdem können sich die Vermieter von Baugerüsten kaum mehr vor Aufträgen retten. Die Liste der zu untersuchenden Gebäudeteile wuchs mit den Jahren stetig. So müssen seit 1998 auch die Fassaden an der Seite und Rückseite eines Gebäudes untersucht werden, seit 2013 Balkongeländer.

Die Vorsicht der Stadt ist lobenswert. Allerdings gibt es ein Problem. Das Gesetz verpflichtet die Gebäudebesitzer dazu, die Baugerüste aufzubauen. Aber keine Regelung sieht vor, wie lange sie bleiben dürfen. Für viele ist es preiswerter, ein Gerüst stehen als die Fassade sanieren zu lassen. Ein knapp 70 Meter langes Baugerüst aufbauen zu lassen kostet rund 13.000 Dollar.

Dazu kommen monatlich rund 700 Dollar Miete. Nicht wenig Geld. Aber die Fassadensanierung eines beispielsweise 15stöckigen Hochhauses kann leicht in die Hunderttausende Dollar gehen. Das Geld hat nicht jeder Hausbesitzer immer zur Hand.

Das Problem der vielen und hässlichen Gerüste rückt langsam ins Bewusstsein der New Yorker. Die Lokalzeitungen „Crain`s“ und „New York Times“ berichteten kritisch über die ewigen Schandmäler. Seit vergangenem Jahr erstellt die städtische Baubehörde eine interaktive Karte über die „Sidewalk Sheds“. Dort kann jeder nachschauen, wie viele Gerüste es gibt und wie lange sie schon stehen. Im Stadtparlament schlagen Abgeordnete wie Ben Kallos ein Gesetz vor, dass Immobilienbesitzer dazu zwingt, nach spätestens einem halben Jahr die notwendigen Reparaturen durchzuführen und Gerüste abzubauen.

Es wird Zeit. Viele New Yorker klagen darüber, wie die Gerüste die Bürgersteige verdunkeln und Drogendealer und Obdachlose anziehen. Verständlich, denn einer der wenigen Vorteile der Gerüste zeigt sich bei Regen: Man bleibt auch ohne Regenschirm trocken.