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Chinesische Firmen werden innovativer – und setzen damit deutsche Unternehmen unter Druck

Marques Brownlee ist ein 24-jähriger Youtuber, der mit seinen Rezensionen über die neuesten Smartphones mehr als sechs Millionen Abonnenten gewonnen hat. Vor allem Videos über Apple-Produkte werden gerne geschaut. Allein sein fünfeinhalbminütiges Stück über das Auspacken eines iPhone X kam auf mehr als elf Millionen Klicks. Umso erstaunter war er, als er Ende 2017 feststellen musste, dass das zweitbeliebteste Videos des Jahres gar nichts mit Apple zu tun hatte.

Stattdessen schauten sich Nutzer 6,6 Millionen Mal seine Produktvorstellung des Xiaomi Mi Mix an. Dabei handelt es sich um das erste einfassungslose Smartphone der Welt – das heißt, der Bildschirm erstreckte sich über das ganze Handy. Es war eine Design-Revolution, denen nun fast alle Smartphone-Hersteller gefolgt sind. Unter ihnen ist auch Apple mit dem iPhone X.

Inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, dass chinesische Firmen Vorreiter in ihren Branchen sind. Und zum ersten Mal, seit die Europäische Handelskammer ihre jährliche Erhebung zum Geschäftsklima in China durchführt, sehen auch seine Mitgliedsfirmen es so. 61 Prozent der 532 befragten Firmen antworteten, dass chinesische Unternehmen genauso oder noch innovativer als europäische sind.

43 Prozent rechnen damit, dass sie in den kommenden zwei Jahren mit mehr Wettbewerb durch chinesische Hersteller kämpfen müssen. Und 30 Prozent gaben an, dass das Umfeld für Entwicklung und Forschung im weltweiten Vergleich in China vorteilhaft abschneidet.

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Die Gründe dafür sind laut Mats Herborn, Präsident der Europäischen Handelskammer, vielfältig. Zum einen fordere eine wachsende Mittelklasse immer neue Produkte und Dienstleistungen. Zum anderen geben chinesische Unternehmen immer mehr für Forschung und Entwicklung aus. Insgesamt investierten heimische Privatfirmen 183 Milliarden Euro in diesem Bereich, was eine Steigerung um mehr als 13 Prozent zum Vorjahr darstellt.

Hinzu kommt die staatliche Unterstützung, die bei etwa 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt. Zum Vergleich: Deutschland investierte 2,9 Prozent.

Fortschritte bei geistigem Eigentum und Umweltschutz

Eine positive Folge der Innovation sind die Fortschritte beim Schutz des geistigen Eigentums. Mehr als ein Drittel der befragten europäischen Firmen geben an, dass die Gesetze in dem Bereich besser umgesetzt werden. Schließlich richtete China allein im vergangenen Jahr 15 neue Gerichtshöfe für dieses Gebiet ein. Dennoch beklagen 29 Prozent der teilnehmenden Unternehmen, dass ihnen wirtschaftlicher Schaden durch die Verletzung ihres geistigen Eigentums entstanden ist.

Eine weitere positive Entwicklung ist, dass der Umweltschutz in China höheren Stellenwert genießt. 72 Prozent der Firmen gaben an, dass die Gesetze und Regularien adäquat oder sogar sehr gut seien. Das ist ein Plus von mehr als 25 Prozent zum Vorjahr.

Ansonsten plagen die europäischen Firmen noch immer die gleichen Probleme wie in den Vorjahren. 62 Prozent der Befragten beschwerten sich, dass sie in ihrem Bereich einen schlechteren Marktzugang erhalten als ihre chinesischen Wettbewerber in Europa. Mehr als die Hälfte beklagten, dass sie schlechter als chinesische Firmen behandelt werden.

Wenn es um staatliche Unterstützung geht, sieht das Bild in allen Industrien – mit Ausnahme des Umweltsektors – düster aus. Insbesondere in den zehn Sektoren, die durch den Industrieplan „Made in China 2025“ gefördert werden sollen, fühlen sich europäische Firmen diskriminiert. Doch in Branchen wie Auto oder Maschinenbau wird ihre Teilnahme dennoch toleriert, während der Finanzsektor oder im Rechtswesen den Ausländern der Zutritt so gut wie verwehrt bleibt.

Wer Marktzugang erlangen möchte, muss einen Technologietransfer leisten: 19 Prozent berichten, dass sie diesen Kompromiss eingegangen sind. Dabei sind vor allem die Branchen betroffen, in denen China hinterherhinkt und ausländische Expertise braucht: Luftfahrt, Autobranche und die Bautechnik.

Im Transport, zu dem auch Hochgeschwindigkeitszüge gehören, vermeldete schon niemand einen erzwungenen Technologietransfer mehr. Inzwischen schnappt sich China mit Zügen, die denen von Siemens stark ähneln, den deutschen Wettbewerbern längst Aufträge weg.

Kleine und mittlere Unternehmen leiden unter Cyber-Gesetzen

Zwar war 2017 ein geschäftstechnisch gutes Jahr, in dem zwei Drittel der Firmen mehr als fünf Prozent Wachstum verzeichnen konnten. Aber knapp die Hälfte der Unternehmen sagten auch, dass sie durch Geschäftsbeschränkungen Umsätze verloren hätten. Kleine und mittelständige Firmen (KMU) gaben an, dass solche Gängelungen ihnen bis zu zehn Prozent ihres Umsatzes gekostet hätten.

Sie sind es auch, die besonders unter dem neuen Cybersicherheitsgesetz leiden. „Die von der Regierung autorisierten VPN-Verbindungen, die einen gesicherten und verschlüsselten Datentransfer gewährleisten, sind sehr teuer“, erklärt Harborn. „KMUs haben oft nicht die Ressourcen, um sich so etwas zu leisten und sich mit allen Regularien und Beschränkungen dezidiert auseinanderzusetzen.“ Dabei machen letztere fast der Hälfte aller Befragten Probleme im alltäglichen Geschäft, gefolgt von Verwaltungsproblemen mit 35 Prozent und der willkürlichen Umsetzung der Regeln mit 30 Prozent.

Beim Cybersicherheitsgesetz wünscht sich Harborn zudem mehr Informationen, was genau kritische Informationsinfrastruktur sei und wie China diese Regularien umsetzen will. Europäische Diplomaten wie auch Lobbyisten klagen seit Monaten unter der Hand seit langem, dass sie keine konkreten Informationen von den zuständigen Behörden erhalten. Während des Besuches von Bundeskanzlerin Angela Merkel bestritt Ministerpräsident Li Keqiang vor der Presse, dass Peking jemals IP-Adressen verlangt habe.

Schon lange argumentiert China, dass es seinen Markt schützen müsse, weil es noch ein Entwicklungsland sei und ihre heimische Produzenten nicht mit anderen mithalten können. „Inzwischen sind chinesische Unternehmen aber stärker und konkurrenzfähiger geworden. Deswegen ist es an der Zeit, dass China seine Stützräder entfernt, um endlich eine nachhaltige Wirtschaft auf lange Sicht zu schaffen“, fordert Harborn.

Dann fügt er mit Blick auf eigenen Mitglieder hinzu: „Wir sollten uns aber grundsätzlich über mehr Wettbewerb und Fortschritt freuen. Daher müssen wir uns selbst auf Trab halten und neuerungsbereit und erfinderisch sein.“